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RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

Titel: RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Stallknecht Ramses, der sich nicht von
der Stelle rührte. Der Hund wollte seinen Herrn verteidigen.
    »Platz, Wächter!«
    »Du liebst also dieses abscheuliche Tier. Es ist so
häßlich, daß es nicht verdient zu leben.«
    »Nimm dir zuerst den vor, der stärker ist als du.«
    »Du bist ganz schön eingenommen von dir selbst!«
    Die Klinge streifte Ramses’ Wange. Mit einem Fußtritt
gegen das Handgelenk versuchte er, den Stallknecht zu entwaffnen, aber er traf
ihn nur flüchtig.
    »Du bist hartnäckig, aber allein!«
    Die anderen zogen ihre Messer.
    Ramses empfand keine Furcht. In seinem Innersten
entwickelte sich eine Kraft, von der er bisher nichts wußte, eine rasende Wut
gegen Ungerechtigkeit und Feigheit.
    Bevor seine Gegner sich abstimmen konnten, rannte er
zwei von ihnen um, wobei er ganz knapp den rachsüchtigen Klingen entging.
    »Hört auf, Kameraden!« rief ein Stallbursche.
    Eine Sänfte wurde soeben durch das Tor der Stallungen
getragen. Die Pracht des Tragsessels bezeugte den Rang dessen, der darauf saß.
Den Rücken gegen eine hohe Lehne gestützt, die Füße auf einem Schemelchen, den
Kopf von einem Sonnenschirm geschützt, betupfte sich die hohe Persönlichkeit
mit einem duftenden Tuch die Stirn. Mit seinen fast zwanzig Jahren, dem runden,
fast schon mondförmigen Gesicht, den prallen Wangen, den kleinen braunen Augen,
den dicken und lüsternen Lippen lastete der wohlgenährte und jeder körperlichen
Ertüchtigung abholde Adlige schwer auf den Schultern seiner Träger, die
aufgrund ihrer Geschwindigkeit sich reichen Lohn verdienten.
    Die Stallburschen nahmen Reißaus. Ramses bot dem
Ankömmling die Stirn, während sein Hund aufmunternd Amenis Bein leckte.
    »Ramses! Schon wieder in den Stallungen… Man könnte
meinen, die Gesellschaft der Tiere sei dir die liebste.«
    »Was führt meinen Bruder Chenar an diesen verrufenen
Ort?«
    »Ich sehe hier im Auftrag des Pharaos nach dem Rechten.
Einem zukünftigen König darf nichts unbekannt sein im Reich.«
    »Der Himmel hat dich geschickt.«
    »Glaubst du?«
    »Würdest du zögern, ein Unrecht zu bereinigen?«
    »Worum geht es?«
    »Um diesen jungen Schreiber, Ameni. Er wurde von sechs
Stallburschen gewaltsam hierhergeschleift und gequält.«
    Chenar lächelte.
    »Mein armer Ramses, du bist wirklich nicht auf dem
laufenden!
    Sollte dein junger Freund dir die Strafe, die ihn
traf, verheimlicht haben?«
    Sprachlos wandte Ramses sich zu Ameni um.
    »Dieser Schreiberlehrling hat sich erkühnt, den Fehler
eines seiner Vorgesetzten zu berichtigen, der sich unverzüglich beklagt hat ob
solch ungebührlichen Hochmuts. Ich befand daraufhin, daß ein Aufenthalt in den
Stallungen diesem kleinen Protzer nur guttun könne. Pferdeäpfel und Futter
schleppen wird ihm das Rückgrat schon krümmen.«
    »Dafür fehlt Ameni die Kraft.«
    Chenar befahl den Trägern, den Sessel abzusetzen.
Sofort war sein Sandalenträger mit einem Schemel zur Stelle, beschuhte seinem
Herrn die Füße und half ihm auf.
    »Gehen wir ein Stück«, befahl Chenar, »ich muß mit dir
reden, unter vier Augen.«
    Ramses überließ Ameni Wächters Obhut.
    Die Brüder taten ein paar Schritte unter einen
gefliesten Vorbau, der Schutz vor der Sonne bot, die der sehr hellhäutige
Chenar verabscheute.
    Zwei unterschiedlichere Männer konnte man sich kaum
vorstellen. Chenar war klein, untersetzt, dicklich und glich schon jetzt einem
vom guten Essen allzu fett gewordenen Würdenträger. Ramses war groß, gelenkig
und muskulös, im strahlenden Glanz seiner Jugend. Die Stimme des ersteren war
salbungsvoll und unsicher, die des zweiten klangvoll und klar. Sie hatten
nichts gemeinsam, außer daß sie die Söhne des Pharaos waren.
    »Mach deinen Beschluß rückgängig«, forderte Ramses.
    »Vergiß diese Mißgeburt, und reden wir über ernsthafte
Dinge. Solltest du nicht so schnell wie möglich die Hauptstadt verlassen?«
    »Das hat niemand von mir verlangt.«
    »Nun, dann ist’s jetzt soweit.«
    »Wieso sollte ich dir gehorchen?«
    »Solltest du vergessen haben, welche Stellung ich
bekleide und welche du?«
    »Soll ich mich dazu beglückwünschen, daß wir Brüder
sind?«
    »Spiel mir gegenüber nicht den Spitzfindigen, und
begnüge dich damit, zu laufen, zu schwimmen und deine Kräfte zu erproben. Eines
Tages, wenn es meinem Vater und mir behagt, wirst du vielleicht einen Posten in
der Armee erhalten. Unser Land zu verteidigen ist eine ehrenvolle Aufgabe. Für
einen Jungen wie dich ist die Luft von Memphis

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