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RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

Titel: RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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sollten lieber
ein Friedensgebet sprechen.«
    »Woher nimmst du deine Gelassenheit?«
    »Weil wir am Ziel sind.«
    Ramses trat ein paar Schritte seitwärts. Ein
Felsplateau, das unzugänglich schien, zeichnete sich in der Sonne ab.
    Vor ihnen lag Serabit el-Khadim, Herrschaftsgebiet der
Göttin Hathor, Herrin des Türkislandes.
     
    FÜNFUNDZWANZIG
     
     
    CHENAR WAR ZORNIG. Zum zehntenmal hatte die Königin es
abgelehnt, ihn an der Führung der Staatsgeschäfte zu beteiligen, und das unter
dem Vorwand, sein Vater habe dafür keinerlei Weisung erteilt. Seine Stellung
als Nachfolger des Pharaos verlieh ihm noch lange nicht das Recht, sich
einzumischen in Dinge, die für ihn noch zu schwierig waren.
    Der ältere Sohn des Königs beugte sich dem Willen
seiner Mutter und verbarg seinen Unwillen, aber er begriff, daß sein Netz von
Freunden und Zuträgern noch zu schwach war, um Tuja wirksam entgegenzuarbeiten.
Daher beschloß Chenar, anstatt sich zu grämen, lieber auf seinen eigenen
Vorteil hinzuwirken.
    Ohne große Worte bat er etliche einflußreiche
Persönlichkeiten, denen Traditionen etwas bedeuteten, zum Abendessen und
spielte den bescheidenen, ratsuchenden Gastgeber. Da er auf jegliche
Überheblichkeit verzichtete, glaubte man ihm die Rolle des mustergültigen
Sohnes, dessen einziger Ehrgeiz dann bestand, in die Fußstapfen seines Vaters
zu treten. Seine Worte fanden Gefallen, und so gewann Chenar, dessen Zukunft ja
vorgezeichnet war, zahlreiche Anhänger.
    Allerdings mußte Chenar feststellen, daß die
Außenpolitik ihm entglitt, doch sein Hauptanliegen galt ja ohnehin den
Handelsbeziehungen mit anderen, selbst mit feindlich gesinnten Ländern. Aber
wie sollte man den tatsächlichen Stand der diplomatischer Beziehungen kennen,
ohne einen sachkundigen und williger Mann in seinen Reihen zu haben? Es genügte
nicht, bei den Händlern Gehör zu finden. Ihnen fehlte ja der Weitblick und vor
allem der Einblick in die Pläne ihrer Herrscher.
    Man müßte einen Gesandten, der Sethos nahestand, für
sich gewinnen. Das war die ideale Lösung, doch sie schien unerreichbar. Chenar
benötigte Auskünfte aus erster Hand, um seine eigene Strategie zu entwickeln
und im geeigneten Moment die ägyptische Politik von Grund auf zu ändern.
    Das Wort »Verrat« kam ihm in den Sinn, aber es entrang
ihm nur ein müdes Lächeln. Wen würde er denn schon verraten? Höchstens das
Vergangene und Überkommene.
    Von der Höhe der Felsterrasse Serabit el-Khadims aus
überblickte man eine Kette von Bergen und Tälern, deren ungeordnetes Gefüge die
Seele verwirrte. In diesem Chaos, wo Feindseligkeit spürbar war, bot nur der
Türkisberg beschaulichen Frieden.
    Ramses betrachtete die Berglandschaft zu seinen Füßen:
das kostbare blaue Gestein schien greifbar nahe in all den Adern der Felsnase!
Doch so leicht war es nicht immer zu packen. Generationen von Bergleuten hatten
unterirdische Gänge und Stollen gegraben und ihr Werkzeug zurückgelassen. Hier
war kein Dauerquartier errichtet worden, denn Türkis konnte nur in der warmen
Jahreszeit abgebaut werden, weil er sonst seine Farbe und seine Reinheit
eingebüßt hätte.
    Die erfahrenen Steinhauer nahmen die Neulinge in die
Mitte, und dann machte man sich schnell ans Werk, um so kurz wie möglich an
diesem abgelegenen Ort zu verweilen. Man bezog steinerne Hütten, die mehr oder
minder vor Nachtfrost schützten, und besserte sie sorgfältig aus. Bevor er den
Befehl gab, mit der Arbeit zu beginnen, zelebrierte der Pharao ein Ritual im
kleinen Hathor-Tempel, um die Himmelsgöttin um Hilfe und Schutz zu ersuchen.
Die Ägypter seien nicht gekommen, um dem Berg Wunden zu schlagen, sondern um
die Frucht ihres Leibes zu ernten, die in den Tempeln geopfert werden sollte
und, verarbeitet zu Schmuckstücken, der Nachwelt von der ewigen und erneuernden
Schönheit der Herrin der Sterne künden werde.
    Bald schon hallte der Klang von Meißel, Hammer und
Steinschere durch die Berge, nur übertönt vom Gesang der Bergleute, die in
Grüppchen eingeteilt waren. Sethos selbst feuerte sie an. Ramses stattete den
hier errichteten Stelen einen Besuch ab, um den geheimen Mächten des Himmels
und der Erde zu huldigen und an die Leistungen derer zu erinnern, die
Jahrhunderte früher riesige Edelsteine entdeckt hatten.
    Moses nahm seine Aufgabe sehr ernst und vergewisserte
sich des Wohlergehens jedes einzelnen. Kein Arbeiter litt Hunger oder Durst,
und kein Altar entbehrte des Weihrauchs. Weil die Männer den Göttern

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