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RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

Titel: RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Ich liebe diese Gegend mit ihren
unbestechlichen Bergen, diese Landschaft, die etwas Geheimnisvolles ausstrahlt.
Hier fühle ich mich daheim.«
    »Und das Feuer, das in dir lodert, wird es schwächer?«
    »Ja, es ist nicht mehr ganz so verzehrend. In diesen
verbrannten Felsen und diesen geheimen Schluchten verbirgt sich das, was mich
hellen wird.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Vernimmst du denn den Ruf nicht, der aus diesem
vergessenen Boden aufsteigt?«
    »Ich verspüre eher eine Bedrohung.«
    Moses ereiferte sich.
    »Eine Bedrohung! Spricht aus dir der Soldat?«
    »Als Versorgungsmann vernachlässigst du die Nachhut,
meine Männer haben keinen Wein bekommen.«
    Der Hebräer lachte schallend.
    »In der Tat bin ich dafür verantwortlich. Nichts darf
ihre Wachsamkeit beeinträchtigen.«
    »Eine geringe Menge würde den Kampfgeist der Truppe
beleben.«
    »Da haben wir also unseren ersten Streit«, stellte
Moses fest; »wer soll recht bekommen?«
    »Keiner von uns beiden, es geht nur um das Wohl der
Truppe.«
    »Fliehst du damit nicht vor dir selbst, indem du dich
hinter einer Pflicht versteckst, die man dir von außen aufgezwungen hat?«
    »Hältst du mich für so feige?«
    Moses blickte Ramses in die Augen.
    »Du sollst etwas Wein bekommen, aber bemühe dich, die
Berge des Sinai zu lieben.«
    »Dies ist nicht Ägypten.«
    »Ich bin kein Ägypter.«
    »Doch, das bist du.«
    »Du irrst.«
    »Du bist in Ägypten geboren, wurdest dort erzogen und
wirst dir dort deine Zukunft aufbauen.«
    »So spricht ein Ägypter, kein Hebräer. Meine Ahnen
sind nicht die deinen. Vielleicht haben sie hier gelebt, hier bin ich auf ihrer
Spur, hier kann ich ihre Hoffnungen nachempfinden, auch ihre Niederlagen.«
    »Sollte dir der Sinai den Kopf verdrehen?«
    »Das kannst du nicht verstehen.«
    »Solltest du das Vertrauen verloren haben?«
    »Natürlich nicht.«
    »Ich liebe Ägypten mehr als mich selbst, Moses. Nichts
ist mir kostbarer als mein Vaterland. Wenn du deines entdeckt zu haben glaubst,
kann ich deine Rührung durchaus verstehen.«
    Der Hebräer setzte sich auf einen Felsbrocken.
    »Ein Vaterland? Nein, diese Wüste ist kein Vaterland.
Ich liebe Ägypten ebenso wie du. Ich schätze die Freuden, die es mir bietet,
aber ich verspüre einen Ruf von anderswo.«
    »Und kaum bist du anderswo, wirst du schwankend!«
    »Da hast du nicht unrecht.«
    »Gemeinsam werden wir noch andere Wüsten durchqueren,
und du wirst zurückkehren nach Ägypten, weil dort ein einzigartiges Licht
leuchtet.«
    »Wie kannst du deiner so gewiß sein?«
    »Weil ich in der Nachhut keine Zeit mehr habe, mich um
die Zukunft zu sorgen.«
    In der dunklen Nacht des Sinai stieg zweistimmiges
Lachen zu den Sternen empor.
    Die Esel gaben den Takt an, die Männer folgten. Jeder
trug eine seinen Kräften gemäße Last, keinem fehlte es an Wasser oder Nahrung.
Mehrmals gebot der König dem Zug Einhalt, damit Moses eine genaue Karte des Sinai
erstellen konnte. Unterstützt von Landvermessern, stieg der Hebräer bis zur
Quelle der ausgetrockneten Wadis hinauf, erklomm Abhänge, bestimmte neue
Orientierungspunkte und erleichterte den Fachleuten somit die Arbeit.
    Ramses verspürte immer noch diese dumpfe Unruhe. Daher
stand er mit drei erfahrenen Soldaten unausgesetzt Wache, damit sein Freund
nicht von plündernden Beduinen angegriffen wurde. Moses wäre wohl in der Lage
gewesen, sich selbst zu verteidigen, aber er konnte ihnen auch in eine Falle gehen.
Doch nichts Aufregendes geschah, und Moses leistete fabelhafte Arbeit, die für
spätere Bergbauarbeiter oder Karawanen alles leichter machen würde.
    Nach dem Abendessen saßen die beiden Freunde noch
lange um die Feuerstelle und plauderten. An das Kichern der Hyänen und das
Knurren der Leoparden waren sie gewöhnt. Ihnen behagte dieses rauhe Leben
fernab der Bequemlichkeit des Palastes von Memphis und des Harim von Mer-Our.
Mit derselben Begeisterung erwarteten sie den Morgen, der ihnen, davon waren
sie überzeugt, neue Einblicke gewähren würde in das Geheimnis, das sie
beharrlich zu ergründen suchten. Manchmal sprachen sie kein Wort und lauschten
nur in die Nacht. Raunte sie ihnen nicht zu, ihre Jugend würde alle Hindernisse
bezwingen?
    Der lange Zug kam zum Stillstand.
    Noch am Vormittag? Das war ungewöhnlich. Ramses befahl
seinen Männern, ihr Gepäck abzulegen und sich auf den Kampf vorzubereiten.
    »Ruhig Blut«, empfahl ein Soldat, über dessen Brust
eine lange Narbe verlief. »Bei allem Respekt, Kommandant, wir

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