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RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

Titel: RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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stolz, seinem Land so viele Jahre gedient und mit
seinem Rat drei Pharaonen geholfen zu haben, zwischen Ägypten und den
Fremdländern zu vermitteln. Er schätzte Sethos’ Umsicht, weil der Erhalt des
Friedens ihm wichtiger war als kriegerische Heldentaten, die zu nichts führten.
    Bald würde er sich in Theben zur Ruhe setzen, unweit
des Tempels von Karnak, und sich seiner Familie widmen, die er wegen seiner
ständigen Reisen ohnehin zu sehr vernachlässigt hatte. Eine Freude war ihm noch
beschert worden in diesen letzten Tagen: Er durfte den jungen, hochbegabten
Acha ausbilden. Dieser junge Mann lernte schnell und merkte sich, was wichtig
war. Aus Oberägypten zurückgekehrt, wo er eine heikle Kundschaftertätigkeit mit
erstaunlichem Fingerspitzengefühl gemeistert hatte, war er aus eigenem Antrieb
gekommen, um bei dem erfahrenen Gesandten Unterricht zu nehmen. Dieser hatte
ihn sofort wie einen Sohn aufgenommen, ihn nicht nur theoretisch unterwiesen,
sondern ihm auch die geheimen Kanäle genannt und gewisse Kniffe verraten, die
man nur durch Erfahrung erwirbt. Manchmal war Acha ihm sogar schon einen
Gedanken voraus. Bei seiner Einschätzung der Beziehungen zwischen den Ländern
bewies er einen ausgeprägten Sinn für die Gegebenheiten und die
Zukunftsaussichten.
    Der Sekretär des Gesandten meldete den Besuch Chenars,
der ehrerbietig um ein Gespräch bat. Den älteren Sohn des Pharaos und
designierten Nachfolger wies man nicht ab. Daher empfing der hohe Beamte,
obwohl er sich müde fühlte, den rundgesichtigen, dünkelhaften Besucher. Die
kleinen braunen Augen zeugten allerdings von einem wachen Geist; ihn für einen
ungefährlichen Gegner zu halten wäre ein schwerer Fehler gewesen.
    »Dein Kommen ehrt mich.«
    »Ich empfinde tiefe Bewunderung für dich«, erklärte
Chenar herzlich. »Wie jeder weiß, berätst du meinen Vater in allen
diplomatischen Angelegenheiten.«
    »Das ist zuviel gesagt, der Pharao entscheidet
selbst.«
    »Dank deiner nützlichen Auskünfte.«
    »Die Diplomatie ist eine Kunst, die
Fingerspitzengefühl erfordert; ich versuche, sie so gut wie möglich zu
beherrschen.«
    »Mit großem Erfolg.«
    »Sofern die Götter mir gewogen sind. Möchtest du ein
Süßbier?«
    »Mit Vergnügen.«
    Die beiden Männer setzten sich in eine Laube, in die
der Nordwind Kühlung brachte. Eine graue Katze sprang dem alten Gesandten auf
den Schoß, rollte sich zusammen und schlief ein.
    Der Diener füllte zwei Schalen mit bekömmlichem Bier
und entfernte sich dann.
    »Überrascht dich mein Besuch nicht?«
    »Ein wenig, das gebe ich zu.«
    »Ich wünsche, daß unser Gespräch vertraulich bleibt.«
    »Das versteht sich von selbst.«
    Chenar sammelte sich, der alte Diplomat dagegen war
eher belustigt. Wie oft schon hatte er es mit Bittstellern zu tun gehabt, die
um seine Dienste ersuchten. Je nachdem half oder riet er ab. Daß ein Königssohn
sich so weit herabließ, schmeichelte ihm.
    »Es heißt, du beabsichtigst, dich zurückzuziehen.«
    »Das ist kein Geheimnis. In ein oder zwei Jahren werde
ich mich mit dem Einverständnis des Königs aus den Amtsgeschäften
zurückziehen.«
    »Bedauerst du es?«
    »Ich fühle mich allmählich matt, das Alter wird
hinderlich.«
    »Der Schatz der Erfahrung ist unbezahlbar.«
    »Deshalb verschenke ich ihn auch an junge Leute wie
Acha; morgen werden sie in die Diplomatie eingeführt.«
    »Kannst du Sethos’ Entscheidungen uneingeschränkt
gutheißen?«
    Der alte Diplomat fühlte sich unbehaglich.
    »Ich verstehe deine Frage nicht recht.«
    »Ist unsere feindliche Haltung den Hethitern gegenüber
noch gerechtfertigt?«
    »Du kennst sie nicht.«
    »Sind sie nicht darauf bedacht, mit uns Handel zu
treiben?«
    »Die Hethiter wollen Ägypten an sich reißen, und
diesen Plan werden sie niemals aufgeben. Es gibt keine andere Möglichkeit als
die vom König verfolgte Politik der aktiven Verteidigung.«
    »Und wenn ich eine andere vorschlüge?«
    »Darüber sprich mit deinem Vater, nicht mit mir.«
    »Aber genau mit dir und niemand anderem möchte ich
darüber sprechen.«
    »Du erstaunst mich.«
    »Teil mir alles mit, was du über die Fürstentümer der
fremden Länder weißt, ich werde es dir danken.«
    »Dazu bin ich nicht befugt. Was im Rat gesprochen
wird, muß streng geheim bleiben.«
    »Genau das möchte ich aber erfahren.«
    »Beharr nicht darauf.«
    »Morgen werde ich König sein, bedenk das.«
    Dem alten Diplomaten stieg die Röte ins Gesicht.
    »Soll das eine Drohung sein?«
    »Du

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