Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

Titel: RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
Vom Netzwerk:
Vornehmheit war trügerisch, hinter dem Erscheinungsbild
eines Mannes von Welt verbarg sich ein entschlossener und selbstsicherer
Charakter.
    »Weißt du, daß wir hier über Staatsgeheimnisse reden?«
    »Das ist doch dein Aufgabenbereich«, sagte Ramses
spöttisch.
    »Diesmal bist du ganz direkt betroffen, und weil wir
Freunde sind, meine ich, du solltest eine Nacht Vorsprung bekommen vor Chenar.
Morgen früh wird er nämlich Mitglied des Rates sein, den der Pharao einberufen
wird.«
    »Solltest du mir zuliebe dein Wort brechen?«
    »Ich begehe keinen Verrat an meinem Land, denn ich bin
überzeugt, daß du in dieser Angelegenheit eine Rolle spielen wirst.«
    »Könntest du dich etwas klarer ausdrücken?«
    »Im Gegensatz zu den Fachleuten bin ich der Meinung,
daß sich in einer unserer nubischen Provinzen ein Aufstand vorbereitet. Nicht
einfach eine schlichte Unmutsbewegung, sondern ein richtiger Aufstand, der
zahlreiche Opfer kosten dürfte, wenn die ägyptische Armee nicht schnell
eingreift.«
    Ramses war verblüfft.
    »Hast du es gewagt, eine solch unglaubliche Ansicht
vorzutragen?«
    »Ich habe sie schriftlich ausgeführt und meine Gründe
erläutert. Ich bin zwar kein Seher, aber hellsichtig.«
    »Der Vizekönig von Nubien und die Generäle werden dich
als Spinner hinstellen!«
    »Das ist zu erwarten, aber der Pharao und seine
Ratgeber werden meinen Bericht lesen.«
    »Und warum sollten sie deine Ansicht teilen?«
    »Weil sie der Wahrheit entspricht, und ist die
Wahrheit nicht Leitstern unseres Herrschers?«
    »Schon, aber…«
    »Sei nicht ungläubig, bereite dich lieber vor.«
    »Mich vorbereiten, worauf denn?«
    »Sobald der Pharao beschlossen haben wird, den Aufruhr
niederzuschlagen, wird er ganz sicher einen seiner Söhne mitnehmen wollen. Das
mußt du sein, und nicht Chenar. Das ist die Gelegenheit für dich, deine
Fähigkeiten als Soldat unter Beweis zu stellen.«
    »Und wenn du dich geirrt hast…«
    »Das ist ausgeschlossen. Finde dich frühzeitig ein im
königlichen Palast.«
    Ungewöhnliche Erregung herrschte im Seitenflügel des
Palastes, wo der Pharao die »neun einzigen Freunde« sowie die anderen
Ratsmitglieder, Generäle und einige Minister, versammelt hatte. Im allgemeinen
beschränkte der König sich auf ein Gespräch mit seinem Wesir, wobei er sich
Fälle, die er für entscheidend hielt, genauer vornahm. Aber an diesem Morgen
war, ohne daß es Anzeichen dafür gegeben hätte, der erweiterte Rat zu einer
Dringlichkeitssitzung geladen worden.
    Ramses meldete sich bei dem Stellvertreter des Wesirs
und ersuchte um eine Audienz beim Pharao. Man beschied ihn, sich zu gedulden.
Da Sethos jedes Gerede zuwider war, würden die Verhandlungen sich nicht lange
hinziehen. Das glaubte der Prinz jedenfalls, doch so war es nicht. Sie dauerten
ungewöhnlich lange, über die Zeit des Mittagessens hinaus, bis in den frühen
Nachmittag. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Teilnehmern mußten
beträchtlich sein, und die Entscheidung des Königs würde erst fallen, wenn er
sicher war, den richtigen Weg, den es einzuschlagen galt, zu erkennen.
    Erst als die Sonne sich neigte, traten die einzigen
Freunde mit ernster Miene aus dem Ratssaal, gefolgt von den Generälen. Kurz
darauf holte der Stellvertreter des Wesirs Ramses herein.
    Doch nicht Sethos, sondern Chenar empfing ihn.
    »Ich wünsche den Pharao zu sehen.«
    »Er ist beschäftigt, worum geht es?«
    »Dann werde ich wiederkommen.«
    »Ich bin befugt, dir zu antworten, Ramses. Wenn du
dich weigerst, mit mir zu sprechen, werde ich das melden. Unser Vater wird dein
Verhalten nicht billigen. Du vergißt nur allzu häufig, daß du mir Achtung
schuldest.«
    Die Drohung beeindruckte Ramses nicht. Er war
entschlossen, alles auf eine Karte zu setzen.
    »Wir sind Brüder, Chenar, solltest du das vergessen
haben?«
    »Unsere jeweilige Stellung…«
    »Untersagt sie uns Freundschaft und Vertrauen?«
    Dieser Einwurf verwirrte Chenar, und sein Ton wurde
weniger schneidend.
    »Nein, natürlich nicht, aber du kennst kein Maß, bist
immer so aufgebracht…«
    »Ich verfolge meinen Weg, du den deinen. Die Zeit der
Illusionen ist vorbei.«
    »Und wohin führt dein Weg?«
    »In die Armee.«
    Chenar faßte sich ans Kinn.
    »Das wirst du sicherlich glänzend machen, doch aus
welchem Grund wolltest du den Pharao sehen?«
    »Um an seiner Seite in Nubien zu kämpfen.«
    Chenar sprang auf.
    »Wer hat dir denn etwas von einem Krieg in Nubien
erzählt?«
    Ramses ließ sich nicht

Weitere Kostenlose Bücher