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Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Titel: Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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wundergleichen Nachkommenschaft in den Stein, und Schreiber überlieferten sie mit Freuden.

    Im Schatten seines Zitronenbaums rieb sich der greise Homer den weißen Bart mit einem Duftöl ein. Hektor, die schwarzweiße Katze, war dicker geworden, schnurrte aber immer noch, sobald Ramses sie streichelte.
    «Vergib mir meine unverhohlene Neugierde, Majestät, aber ich habe den Eindruck, daß dich etwas verdrießt.»
    «Sagen wir: mit Sorge erfüllt.»
    «Schlechte Neuigkeiten?»
    «Nein, aber mir steht eine lange Reise bevor, die mancherlei Gefahren birgt.»
    Der griechische Poet stopfte Salbeiblätter in ein dickes Schneckenhaus, das ihm als Pfeifenkopf diente.
    «Ramses der Große, so nennt dich ja das Volk jetzt, höre, was ich vor kurzem geschrieben habe: Herrliche Gaben der Götter sind nicht zu erzwingen. Niemand erkämpft sie sich selbst, sie werden allein verliehen.»
    «Solltest du dich etwa der Allmacht des Schicksals fügen?»
    «Das ist das Vorrecht des Alters, Majestät. Meine Ilias und meine Odyssee sind fertig, beendet auch das Gedicht, das deinen Sieg bei Kadesch preist. Jetzt kann ich nur noch Salbei rauchen, Wein mit Anis trinken und mich mit Olivenöl massieren lassen.»
    «Gelüstet es dich nicht, deine Werke noch einmal zu lesen?»
    «Nur schlechte Dichter bewundern sich im Spiegel ihren Sätze. Weshalb unternimmst du diese Reise, Majestät?»
    «Weil mein Vater mich gemahnt hat: ‹Kehre oft nach Abydos zurück und wache über diesen Tempel!› Ich habe seinen Auftrag nicht hinreichend beachtet und muß nun für das Heiligtum Sorge tragen.»
    «Da steckt doch mehr dahinter.»
    «Auf die Frage: ‹Was tut ein Pharao?› pflegte Sethos zu antworten: ‹Er macht sein Volk glücklich›. Und wie erreicht er das? Indem er der Maat und den Göttern Wohltaten erweist, damit sie auf die Menschen zurückfallen.»
    «Hat dir nicht die Königin geraten, so zu handeln?»
    «Mit ihr und für sie möchte ich ein Bauwerk schaffen, das die leuchtende Wirkkraft hervorbringt, deren wir bedürfen und die Ägypten wie Nubien vor Unheil bewahren wird.»
    «Ist die Stätte schon ausgewählt?»
    «Im Herzen Nubiens gibt es einen Ort, an dem die Gegenwart der Hathor spürbar ist. Er heißt Abu Simbel. Dort hat sich die Herrin der Sterne im Stein verkörpert und das Geheimnis ihrer Liebe offenbart. Ihn möchte ich Nefertari zum Geschenk machen, auf daß sie für alle Zeit die Herrin von Abu Simbel werde.»

    Mit angezogenen Knien und zerzaustem Haar hockte ein bärtiger Koch vor dem Kohlenbecken und fächelte mit einem Palmblatt die Glut, über der er eine Gans briet. In Schnabel und Hals des Vogels hatte er einen Spieß gesteckt, der sie waagerecht über dem Feuer hielt. Sobald die Gans fertig war, würde er eine Ente rupfen, sie ausnehmen, ihr den Kopf, die Spitzen der Flügel und die Füße abschneiden und sie aufspießen, um sie ebenfalls zu braten.
    Da sprach ihn eine vornehme Frau an.
    «Hast du all dein Geflügel schon Kunden zugesagt?»
    «Fast alles.»
    «Wenn ich eine Ente bei dir bestelle, kannst du sie dann gleich zubereiten?»
    «Das ist schwierig… Ich bin sehr beschäftigt.»
    Dolente, Ramses’ Schwester, schob den linken Träger ihres Kleides zurecht, der ihr über die Schulter zu rutschen drohte.
    Dann stellte die hochgewachsene dunkelhaarige Frau einen Topf Honig zu Füßen des Kochs.

    «Deine Verkleidung ist vortrefflich, Chenar. Hättest du mich nicht genau hierher bestellt, hätte ich dich nicht erkannt.»
    «Hast du Wichtiges erfahren?»
    «Ich glaube schon… Ich war bei der großen Audienz des königlichen Paares zugegen.»
    «Komm in zwei Stunden wieder! Dann gebe ich dir deine Ente, mache hier Schluß, und du folgst mir. Ich bringe dich zu Ofir.»

    In das am Rande der Speicher gelegene Viertel der Schlachter und Köche kehrte erst nach Einbruch der Dunkelheit Ruhe ein.
    Schwer beladene Lehrjungen strebten den Herrenhäusern der Reichen zu, um ihnen die erlesenen Fleischstücke zu bringen, die bei ihren Festmählern gereicht wurden.
    Chenar bog in eine menschenleere Gasse ein, blieb vor einer kleinen, blau gestrichenen Tür stehen und klopfte mit vier scharf voneinander abgesetzten Schlägen. Es kostete die hochgewachsene Frau einige Überwindung, den Raum mit der niedrigen Decke zu betreten, in dem sich Körbe stapelten.
    Chenar klappte eine Falltür auf, dann stiegen er und seine Schwester über eine hölzerne Treppe in den Keller hinunter.
    Als Dolente den Magier erblickte, verneigte sie

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