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Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel

Titel: Ramses 4 - Die Herrin von Abu Simbel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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verübt worden», befand Ramses. «Rufe so schnell wie möglich die Steinhauer der am nächsten gelegenen Städte zusammen!»
    Die einen kamen aus Hermopolis, der Stadt des Thot, die anderen aus Assiut, der des Anubis. Einige Dutzend Steinhauer schlugen ein Zeltlager auf. Schon wenige Stunden nach ihrer Ankunft begannen sie unter den Anweisungen zweier Baumeister mit der Arbeit, nachdem sie zuvor einer kurzen und entschiedenen Ansprache des Herrschers gelauscht hatten.

    Vor dem Palast des verfemten Königs hatte der Pharao seine Forderungen kundgetan: Die dem Gott Aton geweihte Sonnenstadt sollte verschwinden. Einer der Vorgänger von Ramses, Horemheb, hatte einige Tempel einreißen und mit ihren Steinen die Pylonen von Karnak auffüllen lassen. Sobald von den Palästen, Wohnhäusern, Werkstätten, Kais und den anderen Bauwerken nichts mehr übrig sein würde, hatte Ramses sein Werk vollendet. Steine und Ziegel würden in anderen Ansiedlungen aufs neue verwendet werden. Die Grabstätten, die nicht eine einzige Mumie bargen, sollten jedoch unversehrt bleiben.
    Das königliche Schiff würde erst auslaufen, wenn die Gebäude bis auf die Grundmauern abgetragen waren. Schon bald würden Sandstürme über sie hinwegfegen und alle Spuren der verlassenen Hauptstadt, die ein Hort unheilbringender Mächte geworden war, für immer auslöschen.
    Tagelöhner sollten Steine und Ziegel auf Lastkähne verladen, die sie dorthin bringen würden, wo sie gebraucht wurden. Man verteilte zusätzlich Fleisch, Öl, Bier und Schurze an die Arbeiter, um sie zu besonderem Eifer anzuspornen.
    Ramses und Nefertari statteten dem Königspalast der Sonnenstadt einen letzten Besuch ab, ehe er zerstört wurde.
    «Echnaton war einem Irrtum erlegen», erklärte Ramses. «Die Religion, der er anhing, führte zu einer starren Glaubenslehre und zu Unduldsamkeit. Er hatte den wahren Geist Ägyptens verraten. Wie bedauerlich, daß Moses den gleichen Weg eingeschlagen hat.»
    «Echnaton und Nofretete waren dennoch ein Königspaar», rief Nefertari ihm in Erinnerung. «Sie achteten unsere Gesetze und waren so weise, ihren Versuch in Zeit und Raum zu begrenzen. Sie hatten den Kult Atons auf seine Stadt beschränkt.»

    «Aber das Gift breitete sich aus… und ich bin mir nicht sicher, ob die Zerstörung dieser Stadt, in der die Finsternis das Licht verdrängt hat, auch ihre Auswirkungen zunichte machen wird. Sobald diese Stätte den Bergen und der Wüste zurückgegeben ist, wird von ihr wenigstens kein Aufruhr mehr ausgehen können.»
    Als der letzte Steinhauer die dem Erdboden gleichgemachte und fortan dem Schweigen und der Vergessenheit anheimgegebene Stadt verließ, erteilte Ramses den Befehl, nach Abydos aufzubrechen.

    EINUNDDREISSIG

    JE NÄHER SIE ABYDOS kamen, desto schwerer wurde Ramses das Herz. Er wußte, wieviel Bedeutung sein Vater dem Ausbau des großen Osiris-Tempels beigemessen hatte. Deshalb machte er sich nun Vorwürfe, weil er so lange nicht mehr hiergewesen war. Gewiß, der Krieg gegen die Hethiter und der Schutz Ägyptens hatten seinen Kopf wie seinen Arm vollauf in Anspruch genommen, dennoch würde vor dem Herrscher über das Totenreich keine Entschuldigung Gnade finden, wenn das Herz des Königs dereinst auf der Waage der Maat gewogen wurde.
    Setaou hatte erwartet, daß unzählige nach Salbölen duftende Priester mit kahlgeschorenen Köpfen und in makellos weißen Gewändern sowie mit Opfergaben beladene Bauern und lautespielende Priesterinnen herbeigeeilt wären, um den König zu empfangen. Doch die Anlegestelle war verwaist.
    «Das ist ungewöhnlich», erklärte er. «Wir bleiben besser auf dem Schiff.»
    «Was befürchtest du?» fragte Ramses.
    «Es könnten sich weitere Söldner des Tempels bemächtigt haben und dich in einen Hinterhalt locken wollen.»
    «Hier, auf dem heiligen Boden von Abydos?»
    «Es ist nicht ratsam, ein solches Wagnis einzugehen. Fahren wir weiter gen Süden und schicken wir die Armee hierher.»
    «Wie könnte ich hinnehmen, daß es auch nur einen Fußbreit Landes gibt, den ich nicht betreten sollte? Noch dazu in Abydos!»

    Ramses’ Zorn kam in seiner Heftigkeit einem Gewitter des Gottes Seth gleich. Selbst Nefertari versuchte nicht, ihn zu besänftigen.
    Die königliche Flotte machte an der Anlegestelle fest, und der Pharao führte selbst einen Troß von Wagen an, die, in ihre Einzelteile zerlegt, auf dem Schiff befördert und eilends zusammengebaut worden waren.
    Auch der Weg vom Fluß bis zum Vorhof des

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