RAND DER ANGST (T-FLAC/PSI) (German Edition)
Hochzeitsreise.« Wie konnte sich etwas so Richtiges in etwas so Falsches verwandeln? Wie hatte Caleb ihren Vater gefunden? Weshalb hatte er ihren Vater gefunden? Und welche Rolle hatte sie unabsichtlich bei diesem Treffen gespielt? In ihrem Kopf purzelten Fragen und Zweifel durcheinander wie Steine in einem Wäschetrockner.
Ihr Vater zog spöttisch eine Braue hoch. »Zufällig in
Matera
? «
Ausgezeichneter Punkt. »Ich -« Darauf hatte sie keine Antwort. Sie warf ihm einen kühlen Blick zu. »Du könntest uns gratulieren. «
Sie wollte einfach glauben, dass Caleb ihren Vater um ihretwillen aufgespürt hatte. Dass er ihr geglaubt hatte, als sie ihm gesagt hatte, sie und ihr Vater hätten sich entfremdet, und dass er ihr hatte helfen wollen.
Aber das erklärte nicht, wie es einem Verkäufer für Traktorenersatzteile aus Portland gelungen war, das zu tun, was kein anderer geschafft hatte, und erst recht nicht, weshalb er dies getan hatte.
Caleb hob seine Hände auf Schulterhöhe, während ihn einer der Männer ihres Vaters nicht gerade behutsam durchsuchte.
»Papa, mach das nicht! «, sagte Heather und klammerte sich noch für ein paar Sekunden an Calebs Unschuld.
Caleb sah nicht sonderlich besorgt aus. Wenn überhaupt, wirkte er eher leicht amüsiert und ein wenig gelangweilt.
Sie kannte ihn in der Tat nicht. Sie hatte ihre Sicherheit und die ihres ungeborenen Kindes in die Hände eines Mannes gelegt, der ebenso gut den Tod für ihren Vater und sie selbst bedeuten konnte. Selbst wenn sie sich verdammte Mühe gab, konnte Heather unmöglich glauben, dass er bei dieser Sache völlig unschuldig war. Was dachte er gerade? Hatte er Angst? Versuchte er zu bluffen? Oder hatte er erwartet, durchsucht zu werden?
Er fing ihren Blick auf und zwinkerte. »Begrüßt man sich so in Matera? Etwas merkwürdig, aber ich werde mich dem fügen. « Er ignorierte den Mann, der ihn durchsuchte. »Rede mit deinem Vater, Liebling«, erklärte Caleb ohne Umstände. »Wir können nicht lange bleiben. «
Wir können nicht lange bleiben?
wiederholte Heather in Gedanken.
Wir können nicht lange bleiben?
Was
machen
wir überhaupt hier?
Caleb wirkte jetzt genauso entspannt und ungezwungen, als wäre er auf einer Cocktailparty. Weder die Tatsache, dass ihm gerade die Jeansbeine abgeklopft wurden, noch der Umstand, dass ein Dutzend Waffen auf seine Brust gerichtet waren, schienen ihn auch nur im Geringsten zu beunruhigen.
Sie dagegen war zu Tode erschrocken. Ihr Verstand raste, während sie sich bemühte, das
Tableau vivant
vor ihren Augen zu verarbeiten, sodass es wenigstens ein
Minimum
an Sinn ergab.
Sie konnte die Reaktion ihres Vaters auf ihren Anblick durchaus nachvollziehen. Er hatte darauf bestanden, jedweden Kontakt zu vermeiden, bis er herausgefunden hatte, wer ihre Mutter umgebracht hatte und was diese Person mit den Geldern gemacht hatte, die von dem Bankkonto eines seiner Kunden entwendet worden waren. Er hatte sie aus Angst um ihre Sicherheit weggeschickt und war sich sicher, dass der Tod ihrer Mutter im Zusammenhang mit seinem Job stand. Er hatte befürchtet, der Killer würde als Nächstes seine Tochter oder ihn selbst aufs Korn nehmen.
Was sie
nicht
verstand, war Calebs Motivation, sie hierherzubringen, um ihren Vater zu treffen. Und das war absichtlich geschehen, daran hatte sie keinen Zweifel. Sie glaubte nicht an Zufälle. Sie warf ihrem gut aussehenden Ehemann einen weiteren Blick zu. Er lächelte, zupfte seine Kleider zurecht und deutete mit dem Kopf in Richtung ihres Vaters. Sie legte die Hand auf ihren Bauch und konnte nicht mal ein Lächeln auf ihren angespannten Mund zwingen.
War er in San Francisco über sie gestolpert und hatte sie sofort als die Tochter des reichen Brian Shaw erkannt und beschlossen ... was? Ihrem Vater Geld abzunötigen? Ihn zu bedrohen? Ihn zu erpressen oder etwa sie?
Oder noch Schlimmeres. Das Blut stockte ihr in den Adern. Sie fröstelte. Hatte er sie irgendwie benutzt um ihren Vater ausfindig zu machen, damit er ihn umbringen konnte? Sie rieb die Gänsehaut auf ihren nackten Armen.
Wem konnte sie noch trauen?
Sie stand auf halbem Weg zwischen den beiden Männern, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. »Kennt ihr euch? «
»Nein.« Die Antwort kam gleichzeitig von ihrem Vater und von Caleb.
Damit war eine von den Dutzenden Fragen beantwortet, die im Augenblick durch ihren Kopf schössen. Wenn sie sich nicht kannten, wie
hatte
Caleb ihn dann aufspüren können? O Gott, noch viel
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