RAND DER ANGST (T-FLAC/PSI) (German Edition)
gestorben waren? Wahrscheinlich nicht, da ja ihre einzige Kommunikation erst dann erfolgen sollte, wenn er herausgefunden hatte, wer das Geld seiner Kunden gestohlen hatte.
Er nickte leicht. »Hervorragend.«
Sie lächelte trotz der Anspannung in der Luft. Sie hatte Jahre gebraucht, um herauszufinden, dass er in der Öffentlichkeit weitaus überzeugender wirkte. Offensichtlich betrachtete er Caleb und seine Mitarbeiter nicht als »Öffentlichkeit«. Sie hätte eine Umarmung gut gebrauchen können, aber da es die anscheinend nicht geben würde, sagte sie bloß: »Du siehst wie immer großartig aus, Daddy. «
Und das tat er. Heather hatte keinerlei Illusionen über ihren Vater. Unglaublich eitel, wie er war, genoss er es, mit Sean Connery in seinen späten Bond-Filmen verglichen zu werden, und zog sich dementsprechend an. Er sah ganz genauso aus, wie das, was er war, nämlich ein obszön reicher Mann, der sehr genau auf sein Äußeres achtete. Er war besessen von seiner makrobiotischen Ernährungsweise und unerbittlich diszipliniert bezüglich seines strengen Fitnessprogramms und des Krafttrainings. Seine Haut blieb dank der zweimal wöchentlichen Gesichtsbehandlungen straff, und seine persönliche Sonnenbank verschaffte ihm das ganze Jahr über eine leichte Bräune.
Mit dreiundsechzig Jahren war er fit, attraktiv, anspruchsvoll und gut in Form. Und
immer
die Nummer eins.
Die Erinnerungen an einen zärtlichen und fürsorglichen Vater als sie noch ein kleines Kind war, hielten die Liebe, die sie für ihn empfand, weiter lebendig. Manchmal aber fragte sie sich, ob er noch der gleiche Mann war, der ihr damals auf der Schaukel Anschwung gegeben und sie auf seinen Schultern getragen hatte. Es war lange her, seit sie eine solche Verbindung zueinander gehabt hatten.
Sie war sich vage bewusst, dass dieses kühle, raue Steinfoyer, das anscheinend zu einer riesigen Katakombe gehörte, mit etlichen seiner Kompetenzträger und einer Phalanx Leibwächter proppenvoll war. Ein Schwärm Arbeitsbienen, ausdruckslose Maschinen, bewaffnet mit den besten High-Tech- Waffen, die man nur mit zu viel Geld kaufen konnte.
Seine Leibwächter beobachteten Caleb, als erwarteten sie, dass er ein Maschinengewehr zücken und sie niedermähen würde, und im Augenblick war sie sich gar nicht sicher, ob sie nicht dasselbe erwartete. Sie war verwirrt, wie es überhaupt zu diesem Treffen gekommen war, und als sie sich umdrehte, warf sie ihrem neuen Ehemann einen verwunderten Blick zu. Irgendwann innerhalb der letzten Sekunden war es ihm gelungen, sich von ihr zu lösen, sodass sie nunmehr allein dastand. Ein kalter Verdacht lief ihr den Rücken runter
Woher hatte Caleb gewusst, wo er ihren Vater finden konnte? Selbst sie hatte keine Ahnung gehabt, wo er war. »Weshalb hast du mich hergebracht? «
Dieses Treffen ergab überhaupt keinen Sinn. Plötzlich ergab auch
Caleb
keinen Sinn mehr Ihr wurde klar, vielleicht verdammt spät, dass sie nur sehr wenig über den Mann wusste, den sie geheiratet hatte. Sie liebte ihn, aber sie kannte ihn überhaupt nicht richtig.
Sie schien in Liebesdingen eine Nullnummer gezogen zu haben.
»Um dich mit deinem Vater auszusöhnen, Liebling. «
»Das erklärt aber nicht, woher du wusstest, wo du ihn finden konntest. « Ihre Lippen fühlten sich taub an. O Gott, ihr ganzer Körper fühlte sich taub an. War Caleb der »Kunde«, dessen Geld verschwunden war? Nein, das konnte nicht sein, oder doch?
Er zuckte die Schultern. »Genieß einfach den Augenblick. «
Heather zog die Augenbrauen zusammen. Genießen war nicht eben das Wort, welches sie benutzen würde, dachte sie bitter. Sie wandte sich von ihm ab. Die Luft im Raum schien vor Feindseligkeit zu knistern. Ihr Vater war offensichtlich nicht froh, sie zu sehen, und
ihn
wiederzusehen, machte ihr klar, dass sie heute immer noch ebenso wütend, traurig und verwirrt war wie vor einem Jahr. »Wir werden gehen«, erklärte sie ihrem Vater tonlos.
»Ihr bleibt, bis sich die Sache aufgeklärt hat«, teilte Brian Shaw ihr ebenso tonlos mit. »Wer ist dieser Mann? «, wollte er in seiner selbstherrlichsten Stimme wissen. »Und was in Gottes Namen hast du dir dabei gedacht, ihn hierherzubringen?«
Heather atmete zur Beruhigung erst mal tief ein, bevor sie sanft antwortete: »Dieser Mann« - sie hob ihr Kinn ein Stückchen, nicht sicher, ob sie ebenso wütend war wie er oder total verwirrt oder einen Albtraum durchlebte - »ist mein Ehemann, Caleb Edge, und wir sind auf der
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