Rangun
erfahrene Schöne bereit waren, all seine sexuellen Wünsche zu erfüllen. »Danke«, murmelte sie, »aber ich würde gern heute abend dorthingehen und es morgen selbst reinigen. Dann ist es vielleicht mehr mein Heim.«
»Vergiß nicht, George Sand mitzunehmen«, sagte er weich.
Obwohl die erste Nacht im Phoenix-Bungalow lang war, wußte Lysistrata, daß sie im Zenana länger gewesen wäre. Jetzt hätte sie nach jedem Knarren und Seufzen dort gelauscht. Natürlich mußte Ram das Zenana entweder besucht haben, nachdem sie nachts eingeschlafen war, oder die Frauen waren zu ihm gegangen. Vielleicht alle drei gleichzeitig. Sie mußte stets daran denken und drehte sich unruhig auf dem großen Bett. Schließlich schlief sie ein und träumte, was viel schlimmer war, denn Rama erschien ihr als vielarmiger Gott, der verführerisch vor ihr in einer Dschungelpagode tanzte. Nackte Göttinnen umarmten ihn, küßten und streichelten einen steinernen Phallus. Dann lag sie in seinen Armen, die sie zu Boden zogen. Sie spürte, wie Blut aus ihren Lenden schoß, und schreckte entsetzt auf. Aufrecht sitzend bedeckte sie ihr Gesicht. Die Leinenlaken unter ihren Schenkeln waren feucht - aber nicht von Blut-, und sie kauerte sich vor Scham zusammen. Minuten später erstarrte sie, als sie hörte, wie eine Tür leise geöffnet wurde.
Eine große, schlanke Gestalt war im Mondlicht zu sehen. »Ram?« krächzte sie.
»Ich hörte dich schreien«, sagte er ruhig. »Keine Angst, du bist sicher. Hier kommt nie jemand her.«
»Außer dir«, brachte sie kläglich heraus.
»Mein Quartier ist auf der anderen Seite des Sees.«
Ihre Kehle wurde noch trockener. »Ich dachte, du...«
»Ich habe nie im Pfauenpalast gewohnt. Wie du bevorzuge ich Einsamkeit.« Er lehnte sich an den Türrahmen. »Oder hast du das Zenana aus Furcht verlassen?«
Sie riß sich zusammen. »Wenn du mich vergewaltigen wolltest, hättest du das schon längst versucht.«
»Vielleicht habe ich mich noch nicht entschlossen.« Sein Kopf ruhte am Türrahmen. »Oder vielleicht bin ich zu träge. Gewöhnlich muß ich niemanden vergewaltigen.«
»Na, wenn du glaubst, ich würde mich je für deine Trägheit auf den Rücken legen«, entgegnete sie, »kannst du warten, bis du einen grauen Bart hast.«
»Sollten die Briten nach Khandahoor kommen, werde ich kaum so alt werden. Wenn du also nicht zu mir kommen willst, muß ich zu dir kommen.« Sie erstarrte, als er sich auf ihr Bett zubewegte. Blaues Mondlicht fiel auf seinen feuchten, nackten Körper. Mit einem kurzen Ruck zog er die weiße Wolldecke vom Bett und ließ sie zu Boden fallen. Er starrte ihren Körper lange an. »Du wurdest nicht erschaffen, um allein zu liegen. Wenn du bereit bist, werde ich dich das lehren.«
»Männer sind so unerträglich eitel«, zischte sie. »Sie glauben, eine Frau könne ohne sie nicht existieren, und daß sie weder Verstand, geschweige denn eigenen Willen hat. Ich brauche keinen Mann, und vor allem brauche ich dich nicht!« Sie zog das Messer, das er ihr gegeben hatte, unter dem Kissen vor. »Und jetzt verschwinde!«
»Ich gehe jetzt«, sagte er ruhig, »aber du wirst bald verstehen, daß manche Dinge durch Gedanken nicht erfüllt werden können und manche stärker als der Wille sein können. Der Verstand kann zu Fallen und Versuchungen führen. Oft an etwas zu denken, was man am meisten fürchtet, bedeutet, sich ihm zu ergeben.« Er warf die Decke aufs Bett. »Du kannst dich noch ein wenig langer verstecken, aber verlaß dich nicht zu sehr auf meine Geduld. Wenn ich eine Weile der >Zivilisation< fern bin, neige ich dazu, wieder die Wege meiner Vorfahren zu gehen.«
Momente später war nur Mondlicht da, wo er gestanden hatte, und Lysistrata hätte alles für einen Traum gehalten, wäre nicht der kalte glitzernde Stahl in ihrer Hand gewesen.
In den nächsten Tagen machte Lysistrata es sich im Phoenix-Bungalow bequem. Die Möbel, um die sie bat, wurden gebracht, darunter auch eine hellgelbe Hängematte für die Veranda, die bis zum Steingarten am Rande des Sees reichte. Moskitonetze schwebten wie ein Zelt über dem Bett, weiße Baumwollvorhänge hingen lose über den Bogenfenstern. Weiße Polster und violette und braune Seidenkissen bildeten einen Diwan. Nachts beleuchteten Messinglampen weich die weißen Wände, und am Tag wurden die Gärten und der See in einem Spiegel neben dem Bett reflektiert. Sie bedauerte fast, daß sie Rams Angebot abgelehnt hatte, die liebliche, lebensgroß geschnitzte
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