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Rangun

Rangun

Titel: Rangun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Monson
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standen. »Später bettelte er darum, die Feringhi-Schule verlassen zu dürfen, und blieb nur, weil sie es wollte. Dann«, ihre Augen glitzerten angewidert, während ihre Krallen über Ramas Gesicht streiften, »als sein Vater diese dreckigen Sepoy hinrichtete, die ihm die Kehle durchgeschnitten hätten, wurde ihm befohlen, dabei zuzuschauen. Ich sah Tränen in seinen Augen!« Sie setzte die Figuren wieder auf den Tisch, »Er brach am nächsten Tag nach Rangun auf und kehrte danach nur zweimal nach Khandahoor zurück. Es war gut so, denn seine Mutter konnte seinen Anblick nicht länger ertragen.« Sie schnitt eine Grimasse. »William Harley mag ein Feringhi gewesen sein, aber er war zumindest stark. Ram, pah!« Sie spuckte aus. »Er hat Wasser statt Blut!«
    Oh, Ram. Vergib mir, dachte Lysistrata mit wachsender Qual bei Kalishas Worten und der schrecklichen Erkenntnis. Selbst ich habe mich von dir abgewendet. Komm heim. Komm nur wieder heim zu mir, und ich werde dich nie wieder abweisen. Ich werde dir Sonnenlicht bringen, das die Sterne verbrennt. Ich werde dich so lieben, wie du es dir nicht vorstellen kannst. Ich werde dich befreien.
    Laut sagte sie zärtlich: »Ram ist weit mehr ein Kämpfer, als du ahnst, Kalisha, denn wäre er das nicht, wäre sein Mut schon längst gebrochen, oder er wäre ein Monster. Anira wurde von Haß auf sich selbst und alle ringsum verzehrt. Nur weil sie Kali, dem Zerstörer, folgte, statt Kali, dem Lebensspender. Ich glaube, du hast viel Schuld daran. Ich frage mich, wie oft in diesen Jahren dein Haß den ihren geprägt hat, durch den du dazu beitrugst, daß sie verrückt wurde. Welch ein Triumphgefühl muß es für dich gewesen sein, sie dafür zu bestrafen, daß sie vom Wege ihrer Vorfahren abwich, von deinem Weg. Du hast alles geopfert, um ihr nahe zu sein, aber deine Klage um sie ist Heuchelei. Du trägst die Maske eines Geiers, Kalisha, Geliebte des Kali, und du schwebst noch immer über ihrem Sohn. War es Anira, die Harley tötete, frage ich mich, oder warst du es? Mußtest du ihren Hund erschießen, Kalisha, weil sie es trotz all deiner Bemühungen nicht tun wollte?«
    Kalishas Zähne glitzerten wie die einer Wölfin, als sie sich mit wegwerfender Geste erhob. »Ich war viel klüger als Anira, trotz ihrer Intelligenz. Ich brachte sie dazu, niemandem außer mir zu trauen. Ich hätte sie dazu überredet, ihren anverlobten Mann in Ladakh zu töten, und wir hätten an Stelle des senilen Alten geherrscht, aber sie lief wie eine dumme, brünstige Hündin hinter William Harley her.« Kalishas pechschwarze Augen funkelten. »Anira brachte mich um das, wofür ich Jahre gearbeitet hatte. Ihretwegen heiratete ich nicht und hatte keine Kinder. Aber sie dachte überhaupt nicht an mich. Nur an William Harley. Als ich sah, daß er schwach wurde und sie heiraten wollte, erzählte ich ihm, daß sie andere Liebhaber hätte, und so machte er statt dessen der käsegesichtigen reichen Sahiba einen Antrag. Warum sollte Anira haben, was ich nicht hatte, und die Hure eines Hundes sein?«
    Kalisha starrte auf den fernen Pfauenpalast. »Sie eilte zurück nach Indien und krümmte sich unter dem Daumen ihres Bruders. Als die Rebellion ausbrach, hatte sie Angst, daß Ram und sie ermordet werden würden. Mit seinem Feringhi- Gesicht war er nichts als eine Erinnerung an ihre Schande und Harley, aber sie hatte mehr Angst um ihn als um sich selbst. So schickte sie ihn nach Norden.« Sie zuckte die Schultern. »Sanga hätte nach der Rebellion nicht gewagt, sie zu töten, aber sie fürchtete einen neuen Aufstand der Sepoy. Als er krank wurde, wurde mir klar, daß wir entweder verschwinden müßten oder nach seinem Tode Zenana-Kulis werden würden. So ließ ich ihr Briefe von Harley, der mit seiner Frau unglücklich war, zukommen. Sie wäre umsonst zurückgekommen, aber ich überredete sie, Khandahoor zu verlangen. Ihr vorzuschlagen, daß sie die Sepoy-Arbeiter loswerden müsse, war noch einfacher, da sie ihnen mißtraute.«
    Mit einem Lächeln eisiger Zuversicht schlenderte sie auf das Bett zu. »Dann ließ ich Harleys Frau töten, so daß er glaubte, Anira sei dafür verantwortlich. Nicht einmal er konnte es ertragen, mit einer Mörderin im Bett zu liegen. Er ging, und um dafür zu sorgen, daß er seine Meinung nie ändern und Khandahoor zurückverlangen würde, sorgte ich dafür, daß die Naga ihm in Arakan einen Hinterhalt legten.«
    Ihr Lächeln wurde so drohend wie das einer Kobra, als sie auf Lysistrata

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