Rangun
hinabblickte. »Unglücklicherweise ist eine
Wahnsinnige eine unzuverlässige Waffe, also muß ich noch mit Ram fertig werden. Aber auch das wird mir gelingen. Ich werde Khandahoor beherrschen, so wie ich es die vergangenen Jahre getan habe. Ich hätte Ladakh haben sollen, aber dies ist besser, da ich es nicht teilen muß.«
»Bist du nicht ein bißchen voreilig?« erwiderte Lysistrata kühl. »Und hast du nicht die Briten vergessen? Ram weiß, daß du Anira freigelassen hast, und er ist sicher, daß du mir geholfen hast. Er ist kaum stolz auf dich und wird dich günstigstenfalls nach Indien zurückschicken.«
»Ram und seine britischen Brüder werden wenig über das zu sagen haben, was ich in Zukunft tue«, kam die herablassende Antwort.
Lysistratas Augen verengten sich. »Was hast du vor?«
»Du wirst es noch rechtzeitig erfahren.« Die Frau wandte sich zum Gehen. »Geduld. Du kannst nur warten. Und fragen.«
»Ich frage mich in der Tat, ob jemand, der so geschickt wie du im Verrat ist, sich nicht am Ende übernimmt.«
Kalisha lachte über ihre Schulter. »Tröste dich mit dieser kleinen Hoffnung. Auch William Harley war immer Optimist.«
KAPITEL 13
Die Feuersbrunst
... tödlich grinsende Mäuler der Festung, flammt die blutrote Blüte
ALFRED, LORD TENNYSON
Lysistrata, die zu schwach war, das Bett zu verlassen, blieb brütend zurück. Sie konnte niemandem einen Vorwurf machen, nur sich selbst, ihrem Mißtrauen, weil sie Ram verlassen hatte. Er hatte es gesagt. Selbstmitleid war ihre Rüstung gewesen, diese papierne Verteidigung, die er immer so leicht hatte beiseite streifen können. In diesen Monaten in Khandahoor hatte er versucht, sie stärker zu machen als eine Schöpfung aus Papier und Klebstoff. Sie hatte ihre Wunden über die Jahre provisorisch verbunden, sie aber nie heilen lassen -was Geduld erforderte und mehr Schmerz, als sie ertragen wollte. Er hatte sie dazu gebracht, sich dem Leben und der Zukunft zu stellen, sich ihm zu stellen... und einer Zukunft ohne ihn. Er hatte in ihr nicht nur das trockene, spröde Knistern von Papier gehört, sondern auch die Musik, die darauf geschrieben war. Hatte sie dazu gebracht, sie ebenfalls zu hören: eine Lieblichkeit, die sie sich nicht vorzustellen wagte und von der sie wußte, daß sie außerhalb seiner Arme nie existieren würde. Einen großen Teil dieser Musik schien er improvisiert zu haben, hatte sie so leicht durch die Variationen geführt, daß sie nicht gemerkt hatte, wie sie sich in die Symphonie verwandelte, die er versprach und die sie jetzt hörte... allein. Wenn Kalisha ihren Willen durchsetzte, vielleicht endgültig und für immer allein.
Was Kalisha plante, würde geschehen, bevor Ram nach Khandahoor zurückkehrte, denn sie hätte nie soviel enthüllt, wäre sie nicht sicher, daß ihre kranke Gegenspielerin keine Chance hatte, ihn zu warnen, Lysistrata dachte über die Chinesen und die Kachin nach, die die Mauern bewachten. Hatte Kalisha sie bestochen? Sie hätte dazu Gelegenheit, aber ihr Risiko war groß. Zudem mußte Ram sich der Zuverlässigkeit seiner Söldner sicher gewesen sein, wenn er ihnen die Kontrolle über die Festung so lange überließ. Wahrscheinlich hatte Kalisha ihm einen Hinterhalt gestellt. Wie Kalisha spöttisch bemerkt hatte, konnte Lysistrata nur in qualvoller Ungewißheit warten.
Quang Ho unterdrückte ein Gähnen. Würde er seine Langeweile über die Bewachung sichtbar ausdrücken, würde der Kapitän der Wache, Chou Shih, ihm Bambussplitter unter die Zehennägel treiben, damit er wachsam wurde. Die Aufgabe war nicht schlecht. Drei Vierstundenwachen pro Tag, abwechselnd mit Ausbildung, gute Bezahlung und ständiger Wechsel stimmten ihn ganz zufrieden, doch zuweilen sehnte er sich nach den Tagen mit seinem früheren Kriegsherrn zurück, nach dem befriedigenden Geräusch seines Schwertes, das in einen Gegner drang. Er spitzte fast eifrig die Ohren, als eine Stimme aus der Dunkelheit über den Graben rief: »He, mach auf! Wir bringen zwei Karren mit Lebensmitteln, die ihr in Bhamo bestellt habt.«
»Selber he! Ich bin für die Zugbrücke verantwortlich, nicht für die Küche! Und ihr kommt zur falschen Zeit. Ihr müßt warten, bis es hell ist.« Er grinste. »Andernfalls fallt ihr in unseren Graben. Er ist voller Krokodile.«
»Laß sie ein, Quang«, sagte eine schroffe, vertraute Stimme hinter ihm, »wenn du nicht nur Reis zum Frühstück willst. Wir haben nichts anderes mehr.« Kalisha rief über die Brüstung:
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