Rangun
Schließlich beendete Parke-Allis die Angelegenheit. »Einspruch abgelehnt!«
Harry sah Lysistrata ernst an, die seinen Blick mit Traurigkeit gemischt mit Bestürzung erwiderte. »Ich bin es und war es damals, denke ich, obwohl es mir nicht klar war.«
»Keine weiteren Fragen.« Triton lächelte die Geschworenen und die Zuschauer verschwörerisch an. »Wir alle wissen, wie zuverlässig das Urteil eines verliebten Mannes ist.«
Leacock ließ das Gelächter völlig verebben, bevor er den Zeugen ansprach. »Leutnant, können Sie der Einschätzung meines werten Kollegen hinsichtlich Ihrer Aussage Fakten entgegensetzen?«
»Ja, Sir. Liebe macht einen Mann nicht unbedingt blind. Darf ich Sir Oliver und das Gericht darauf hinweisen, daß ich einen Piratenspeer aus Richard Harleys Brust zog.«
Als das Gericht für diesen Tag schloß, wußte Triton trotz seiner amüsierten und siegesgewissen Miene, daß der Fall schlecht lief, was Harley anbelangte. Leacocks ungerührter, wohlwollender Ausdruck bestätigte seine Befürchtungen.
Wenn er Richter Parke-Allis nicht um eine Unterredung bat und auf einen gesonderten Prozeß gegen Harley wegen der Entführung und der Morde in Rangun drängte, würde Harley automatisch davon und von allem anderen freigesprochen, falls er für >nicht schuldig< befunden wurde. Und die Jury hatte ihn freizusprechen, da Triton Lysistratas Aussage nicht zerpflücken konnte, ohne die restliche Anklage zu gefährden. Er konnte Leacocks Plädoyer schon hören. Aufgrund ihrer Aussage konnte Harley einfach nicht schuldig gesprochen werden. Wenn Sir Anthony Harley wollte, mußte er einen neuen Prozeß anstrengen.
An diesem Abend konferierte Triton mit Sir Anthony, der widerwillig einräumte, daß die Morde von Rangun zu sehr publik waren, um einfach fallengelassen zu werden. Die Probleme mußten einfach ans Tageslicht.
Am nächsten Morgen kämpfte Leacock in den Räumen des Lordrichters um die Fortsetzung des Prozesses, da er hoffte, Sir Anthony würde einen Rückzieher machen. Schließlich traf Richter Parke-Allis seine Entscheidung. Der Prozeß wurde fortgesetzt. Triton hatte Zeit, die Beschuldigungen, die er ignoriert hatte, zu untersuchen, aber er warnte ihn davor, die Geduld des Gerichtes überzustrapazieren.
So sah sich Triton mit dem heiklen Problem Lysistrata konfrontiert. Der einzige Weg, Harley zu fassen, war, ihre Aussage in Frage zu stellen. Nachdem schließlich genügend Zeugenaussagen gemacht worden waren, um Myins Piraten an den Galgen zu bringen, beschloß er, alles zu riskieren.
Lysistrata, die Tag für Tag Rams skelettenes Gesicht gesehen hatte, war noch entschlossener als Triton. Als sie an diesem Prozeßtag nach Hause kam, lag ein grelles, fuchsienrotes, mit Kristall besetztes Seidenkleid auf ihrem Bett. Darauf lagen taubenblaue Seidenslipper, Opale und ein filigraner Fächer. Unter dem Kissen lag eine Nachricht: »Heute abend.« Herriott und Ma Saw, die durch den Prozeß und die lästigen Journalisten gereizt waren, hatten Verständnis, als sie über Kopfschmerzen klagte und sich früh zurückzog. Sie bekam fast wirklich Kopfschmerzen, als sie das Kleid anzuziehen versuchte: Seine schlanke frühere Besitzerin war fast so groß wie sie, hatte aber die Figur eines Bleistifts. Lysistratas Busen wirkte, als wolle er herauspringen. Ihre Hüften ließen die Nähte platzen. Nur die Taille saß. Da Bettenheim sie sicher nicht zum Abendessen einladen würde, würde diese am Ende des Abends wahrscheinlich ihr einziger nicht gedrückter Körperteil sein.
Sie überlegte, ob sie ein Einheimischenkleid anziehen sollte, entschied sich aber dagegen. Ram hatte einmal erwähnt, daß Claus mit Bibee -Geliebten reichlich versehen war. In dieser Hinsicht hatte Masjid einen Fehler gemacht. Er hatte die Unterwäsche einer Bibee beschafft. Mit anderen Worten keine. Da die Bostoner Unterwäsche nicht für ein solches Kleid geschnitten war, würde die enganliegende Seide der Vorstellungskraft eines zweijährigen Jungen, geschweige denn Bettenheims, nichts überlassen. Seufzend setzte sie sich, um die Slipper anzuziehen. Sie hielt den Atem an, bis sie rot anlief, aber die kleinen Schuhe paßten ihr nicht. Sie zog ihre eigenen, abgetragenen Schuhe an.
Der Schmuck war prächtig. Die Ohrringe bestanden aus großen Opalen, um die Diamanten gesetzt waren. Das Halsband war so groß und verführerisch wie die Perlen der Chilton. Ein Armband aus Opalen und Diamanten fügte sich um ihr Handgelenk. Schließlich
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