Rangun
einliefen.«
»Da war sie unterwegs nach Tennasserim und ins südchinesische Meer.«
Herriott runzelte die Stirn. »Ich erinnere mich vage an sie. Sie sah wie ein Vergnügungsschiff aus, sicherlich nicht für eine Reise in Piratengewässer geeignet.«
Lighter lachte. »Harley ist selbst so eine Art Pirat, und hinter den hübschen Stückpforten der Rani sind genug Kanonen und Revolvergeschütze.« Er nahm ein Zigarrenetui heraus und schaute dann Lysistrata halb spöttisch an. »Darf ich?«
»Natürlich, Doktor«, erwiderte sie kühl.
»Möchten Sie auch eine?«
Herriott gab ein ersticktes Grunzen von sich, als sie zurückgab: »Nicht vor dem Essen, Doktor. Ich finde, es verdirbt den Geschmack.«
Als er das Etui ihrem Vater anbot, fragte Herriott: »Wer ist dieser Harley? Ein Yankee-Händler?«
»Nein, er ist ein Hiesiger«, antwortete Lighter, während er seine Zigarre entzündete. »Ist dem Gesetz immer einen Schritt voraus.« Er hielt seine entzündete Zigarre an Herriotts. »Sein Vater war ein englischer Offizier im Punjab und seine Mutter eine Rajput-Prinzessin. Mischlinge sind in diesen Breiten häufig, aber Harley ist einer der wenigen, die clever genug sind, daraus ihren Vorteil zu ziehen. Hat einen Fuß in beiden Welten. Die Briten tolerieren Mischlinge normalerweise gesellschaftlich nicht, aber Harley ist sehr wertvoll für sie. Er hat Verbindungen im Chinahandel, die sie nicht einmal im nächsten Jahrzehnt herstellen könnten. Die Inder wollen nichts mit ihm zu tun haben, aber die Birmanen sind gewöhnlich tolerant.« Er klopfte seine Zigarrenasche auf die Straße. »Wahrscheinlich werden Sie ihn heute abend beim Box-Wallah sehen.«
Lysistrata, die nur halb zuhörte, hoffte, daß der Box-Wallah Hilsa -Fisch mit Curryreis servieren würde. Der von Ma Saw war superb.
Gaslicht aus den Fenstern des Regierungshauses ergoß sich über einen Rasen, der bereits durch einen tropischen Mond und juwelenfarbige Lampions, die reglos in der Nachtluft hingen, geweißt war. Der große, weiße Bungalow, dessen Pfefferkuchenholz mit indischen Affen- und Elefantenmotiven geschnitzt war, stand am Ende einer mit zerstampften Muschelschalen bestreuten Auffahrt, die von Palankeens, Kutschen und Rikschas gesäumt war, um die Fahrer verschiedener Nationalität in Gruppen standen. Östlich der Auffahrt zeigten und verdeckten dekorative Muster von Magnolien und Bougainvillea auf dem Rasen ungefähr sechzig Gäste. Fast alle waren Europäer, die Männer in schwarzen Cutaways und Uniformen, die Damen in üppige asiatische Seide gekleidet, nach dem Pariser Stil des letzten Jahres geschnitten. Viele Frauen trugen üppigen Schmuck, was man in Boston für vulgär gehalten hätte, wie Lysistrata dachte. Die wenigen einheimischen Gäste waren Chinesen in Seide und Brokat, Birmanen in gemusterten Longyi-Röcken und mehrere Inder, darunter ein dicker Inder mit einem juwelenbesetzten Turban und einem purpurnen, pfauenfederverzierten Umhang, dazu verschiedene Asiaten, durchweg Männer. Indische Diener in weißen Jacketts schlängelten sich mit Champagnerkelchen und Hors d'oeuvres durch die Menge. Die Herriotts probierten alles, was in Reichweite kam, als Lighter sie durch die Menge dirigierte.
Der Kommissar, Sir Anthony Bartly, und seine Frau, Lady Mary, hielten unter einem von Löwen verzierten, grüngoldenen Pavillon Hof, der gegenüber einem spiegelnden Teich an der Rückseite des Hauses lag. Wasserlilien und Ketten von Jasmin trieben auf dem Wasser, durchsetzt mit winzigen kerzentragenden Papierschiffchen. Sir Anthony war ein vornehmer, silberhaariger, ehemaliger Kalkutta-Nabob in den Fünfzigern. Er war den Herriotts gegenüber sehr korrekt, sein Verhalten unpersönlich höflich. Seine Frau war in den Vierzigern. Ihre Art, ihr gutes Aussehen und die eisigen blauen Augen ähnelten denen ihres Gatten sehr, daß sie seine Schwester hätte sein können. Ihr Blick wanderte rasch zu Herriott in seinem abgetragenen schwarzen Anzug, dann zu Lysistrata in ihrem plumpen Kleid. Lysistrata bemerkte, daß sich die elegante Art der Engländerin dabei nicht im mindesten änderte. »Ich bin so froh, daß Sie und Ihre Tochter sich heute abend zu uns gesellen konnten, Doktor. Wir sind eine kleine Gemeinde und freuen uns immer über Neuankömmlinge.« Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Lysistrata zu. »Spielen Sie Bridge, meine Liebe? Vielleicht können Sie am nächsten Donnerstag nachmittag die Vierte machen.«
»Ich habe dieses Spiel nie
Weitere Kostenlose Bücher