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Rangun

Rangun

Titel: Rangun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Monson
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kleinstes Problem. Wir brauchen Informationen.« Er neigte Harley seinen Kopf zu. »Die werden Sie beschaffen, hoffe ich, Richard.«
    »So gut ich kann, Sir.« Harley erhob sich von dem Sessel und begab sich zum Tisch. »Ich denke, Sie brauchen sich wegen Gopal Prasad keine Sorgen zu machen, General. Er ist nicht mangels Gier so fett geworden.« Er visierte seinen Stoß an, stieß und visierte wieder an. Er machte hintereinander mehrere Punkte, bis er sein Ziel um einen Bruchteil verfehlte.
    »Ah, da haben Sie sich verrechnet!« Chilton bezog Position und spannte die Ellenbogen.
    »Warum habe ich immer das Gefühl, daß Ihre Fehler Absicht sind, Richard?« murmelte Sir Anthony.
    »Ich mache Fehler, Sir, wie jeder andere.«
    »Tatsächlich? Ich frage mich...«
    »Um Himmels willen«, protestierte Chilton, »würden Sie bitte schweigen? Ich versuche mich zu konzentrieren.«
    Seinem heftigen Spiel nach zu urteilen, fand Lysistrata, daß dem General zusammenhängendes Denken, von Konzentration ganz zu schweigen, schwerfallen dürfte. Als das Spiel in die nächste Runde ging und Chiltons Verärgerung zunahm, schlug Sir Anthony vor, sich wieder zu den Damen zu gesellen.
    »Wenn Sie nichts dagegen haben, Sir, würde ich gerne meinen Brandy austrinken«, sagte Harley. »Ich komme gleich nach.« Nach wenigen Augenblicken war er mit Wa Sing allein.
    Der Fächer des Chinesen bewegte sich langsam. »Glauben Sie, die werden das wirklich versuchen?«
    »Sie sind nicht anders als Prasad. Es sind einfache Leute, diese Briten.« Harley hob den Brandy an seine Lippen. »Niemand von Ihnen ist auf die Idee gekommen, daß Chang nicht durch Dummheit Kriegsherr von Yünnan geworden ist.«
    Lysistrata fand Harleys Bemerkung seltsam hinsichtlich seiner Rolle bei den kommenden Verhandlungen. Während sie darüber noch nachdachte, unterhielten sich die beiden auf Chinesisch. Sie lauschte ein paar Minuten und wurde dann unruhig, weil sie nichts verstand. Sie erhob sich, um nach ihrem Vater zu schauen. Sie bewegte sich vorsichtig, doch ihr Kleid raschelte. Erschreckt sah sie, daß Harley zu ihrem Fenster schaute. Sie eilte rasch zu den Verandastufen.
    Er erreichte sie kurz davor. Ihr Mut sank, da sie dem Fenster des Billardzimmers immer noch zu nah war, als daß er daran zweifeln könnte, daß sie gelauscht hatte.
    »Guten Abend.« Die samtweiche Stimme beunruhigte sie wie eine Fingerspitze, die über ihr Rückgrat wanderte.
    »Guten Abend«, erwiderte sie und fügte dann lahm hinzu: »Wir sind einander nicht vorgestellt worden.«
    »Dann ist es ja gut, daß wir uns begegnen.« Seine Lippen wölbten sich leicht. »Ich überlegte gerade, wer Sie seien.«
    Sie richtete sich etwas trotzig auf. »Mein Name ist Lysistrata Herriott. Mein Vater ist Chefchirurg im Queens Anne's Hospital.«
    »Lighters neuer Assistent«, sinnierte er, »frisch aus Amerika. Ich kenne die Bräuche in Boston nicht, Miß Herriott, aber in Rangun hält man es nicht nur für unhöflich, sondern für sehr unklug, unaufgefordert einer Privatunterhaltung zu lauschen.«
    »Die Konversation war nicht sehr faszinierend«, heuchelte sie wütend werdend, »da ich kein Chinesisch spreche.« Schließlich konnte er ja nicht wissen, wie lang sie am Fenster gewesen war. »Und was Torheit anbelangt«, fuhr sie fort, »halten Sie es nicht für unklug, mir unter der Nase des Kommissars zu drohen? Sie sehen, von Ihnen habe ich gehört!« Sie wollte an ihm vorbei eilen, blieb aber stehen, als er ihr den Weg versperrte.
    »Dann haben Sie auch gehört, daß ich nicht die Angewohnheit habe, jungen Damen die Kehle durchzuschneiden, selbst wenn der Kommissar nicht in der Nähe ist.« Er lächelte. »Ich versichere Ihnen, Sie sind völlig sicher.«
    In seine schwarzen, durchdringenden Augen schauend, war Lysistrata sich dessen nicht sicher. Mit seinen hohen Wangenknochen wirkte er mehr wie ein Raubtier, denn wie ein Schoßtier der Engländer. Ein leises Geräusch ließ sie vermuten, daß der Chinese hinter ihr stand. Sie wirbelte herum. Niemand war zu sehen.
    »Miß Herriott«, wiederholte Harley ruhig, »Sie haben nichts zu befürchten. Darf ich Sie zu Ihrem Vater begleiten?« Als sie sich unsicher zu ihm umdrehte, fügte er hinzu: »Man wird Sie mit einem so berüchtigten Mann nicht sehen. Ich werde Sie bei den Akazien hinter dem Orchester allein lassen.«
    Sie entspannte sich ein wenig, fühlte sich dann töricht. »Es tut mir leid, Mr. Harley. Ich hatte wirklich nicht die Absicht, zu horchen. Ich

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