Raniels Engelwelt
»Ich wette dagegen.«
Jason verzog den Mund, als würde er sich ekeln. »Deine verdammte Arroganz wird dir noch vergehen, das schwöre ich dir. Es gibt keine Chance mehr für dich. Bereite dich schon jetzt auf das Jenseits vor – ein Jenseits, in dem kein Engel bereit steht, um dich zu beschützen.«
»Ihr wollt auch dorthin?«
»Es ist nicht das Jenseits, das uns erwartet. Es ist die Welt der Engel, nach der wir uns sehnen und die uns auch versprochen wurde. Pamela wird uns nicht im Stich lassen – und Elion erst recht nicht.«
Bill Conolly, der so viele Erfahrungen hatte, glaubte nicht daran. So glatt würde es nicht laufen. Das aber ansprechen zu wollen, hatte keinen Sinn. Außerdem kehrte Mona zurück. Sie drückte behutsam die Tür auf.
»Alles okay, Jason?«
»Sicher.«
»Wie geht es denn unserem Freund?«
»Es ging ihm schon mal besser.«
Mona lachte. »Das kann ich mir denken. Aber es ist ja bald vorbei.«
Beim Eintreten hatte Bill sie nicht so genau sehen können. Jetzt bewegte sie sich auf das Bett zu, und er konnte erkennen, dass sie eine dunkle Flasche in der Hand hielt. Vom Umfang her war sie halb so groß wie eine Bierflasche. Sie hatte einen Kippverschluss. Da das Glas dunkel war, konnte er den Inhalt nicht erkennen.
»Alles klar, Mona?«
»Ja.«
Jason deutete auf die Flasche. »Wie viel ist noch drin?«
»Gut die Hälfte.«
»Und das Gift?«
Mona grinste wie ein Raubtier. »Es reicht aus, um die zehnfache Anzahl von Menschen zu töten.«
»Das ist gut!«
Bill hatte nichts gesagt. Er hatte sich auch nicht bewegt, sondern einfach nur zugehört. Was er da erfahren hatte, das sorgte bei ihm schon für einen Schweißausbruch. Zudem wechselten sich Kälte und Hitze in seinem Körper ab. Auf diese Idee wäre nie gekommen. Diese Mona hatte einen Gifttrank gemixt, und er sollte ihn trinken.
Jason nickte und machte ihr Platz. »Ich will keine Zeit mehr verlieren. Er soll das Zeug trinken.«
»Moment noch. Ich hole einen Becher.« Mona ging zu einem Schrank. Sie öffnete die obere Tür. Ein Regal war zu sehen, in dem kleinere Becher aus durchsichtigem Plastik standen. Auf einer Innenbank des Fensters stellte sie die Flasche und den Becher ab. Sie öffnete den Verschluss und ließ Flüssigkeit in den Becher laufen.
Da es sehr still war, hörte Bill das Plätschern.
Mona selbst sah er nicht.
Dafür hörte er ihr Kichern. »Es riecht nicht einmal schlecht. Wenn ich nicht selbst wüsste, was sich alles darin befindet, würde ich einen Schluck nehmen.«
Das wäre wirklich besser!, dachte Bill. Er hütete sich allerdings davor, etwas verlauten zu lassen.
»Fertig!«
Bill versteifte sich. Kälte breitete sich in ihm aus. Er versuchte, seinen Chancen einzuschätzen. Seine Situation war alles andere als gut...
Ich schaute Elion erstaunt nach. Trotz seiner Flügel hob er nicht ab. Er rannte einfach nur und tauchte zwischen den Felsen unter.
Ich wusste nicht, ob ich lachen oder den Kopf schütteln sollte, drehte mich um und sah Pamela Parker auf dem Fleck stehen, als hätte, man sie dort angeleimt.
Ihre Arme hingen zu beiden Seiten des Körpers herab. In ihrem Gesicht bewegte sich nichts. Wie Lots Frau schien sie zu einer Salzsäule erstarrt zu sein.
Sie tat auch nichts, als ich ihr eine Hand auf die Schulter legte. Sie sah aus wie eine Frau, die die Enttäuschung ihres Lebens hinter sich hatte.
»Pamela...«
Sie schüttelte nur den Kopf.
»Ich denke, dass du alles gesehen hast.«
Sie schwieg.
»Hast du?«
Meine Stimme hatte bei der Frage schärfer geklungen, und das riss sie aus ihrer Lethargie.
»Ja, ich habe es gesehen. Elion ist geflohen.«
»Und hast du auch gesehen, wovor er geflohen ist?«
»Ja, ich...«
»Sag es!«, fuhr ich sie an. »Sag es laut und deutlich, damit wir beide es verstehen!«
»Vor einem Kreuz!«
»Genau«, flüsterte ich ihr zu. »Elion ist vor einem Kreuz geflohen. Und ich frage dich, welcher Engel sich vor einem Kreuz fürchtet? Ich kenne keinen. Es sei denn, sie täuschen die Menschen, geben sich als Engel aus und sind in Wirklichkeit Dämonen. Hast du verstanden, Pamela?«
»Habe ich.«
»Sehr schön. Dann wirst du dir jetzt eingestehen müssen, dass du auf die falsche Karte gesetzt hast. Elion ist kein Engel, der dir Glück bringt und dich beschützt. Er ist etwas anderes. Er kann ein Mittelding aus Engel, Mensch und Dämon sein. Er wird den normalen Menschen nie gut gesonnen sein.«
Ich hatte ihr genug gesagt. Sie musste mit sich selbst
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