Raniels Engelwelt
für mich selbst, dass ich erfolgreich bin mit dem, was ich tue.«
»Trophäen also«, sagte ich spöttisch. »Und das in einer Welt der Engel.«
»Es ist meine Welt, verstehst du? Oder ein Teil meiner Welt. Raniel’s Engelwelt, wenn du so willst.
»Nicht die von Elion?«
»Nein.«
»Aber er ist hier«, sagte ich. »Er hielt sich in dieser Welt auf. Er schaffte auch uns hierher. Da gab es plötzlich die Brücke zwischen meiner Welt und dieser hier. Hast du das alles bedacht?«
»Nein, John Sinclair, das habe ich nicht. Ich will auch nicht behaupten, dass ich der Herrscher dieser Welt bin. Sie ist für mich ein Stützpunkt, denn hier kümmert sich keiner um die Toten, die ich hier ablege.«
»Aber wer ist Elion? Ich denke, dass du ihn kennst, oder?«
»Das trifft zu.«
»Und?«
Der Gerechte runzelte die Stirn. »Ich würde ihn als einen Heimatlosen bezeichnen. Er ist jemand, der ein Zuhause sucht und es hier gefunden hat.«
»Ein Heimatloser.«
»So kann man es sagen. Auch ein Verstoßener, der den Kontakt mit Menschen sucht und gefunden hat. Man kann ihn als eine seltsame Existenz beschreiben. Ich würde ihn auch nicht direkt als Engel ansehen. Einer wie er will an die Menschen heran. Er will sie abhängig machen und braucht sie zugleich, um selbst weiterhin existent zu bleiben, indem die Menschen für ihn in den Tod gehen. Das gibt ihm die Kraft weiter zu existieren, denn derjenige, der für ihn in den Tod geht, dessen Seele gehört ihm. Nichts anderes will er. Aber er hat es perfekt verpackt. Er verstellt sich, wenn er mit den Menschen Kontakt aufnimmt. Er baut Vertrauen auf, um dann seine Pläne durchführen zu können. Ich weiß nicht, wie viele Menschen er in den Selbstmord getrieben hat, aber er hat es getan, und so ist seine Macht gewachsen.«
Ich drehte mich zu Pamela Parker hin um. Sie hatte alles gehört, und auch Raniel hatte Eindruck auf sie gemacht; es war ihr nicht möglich, ihren Blick von ihm zu lösen.
Er faszinierte sie, und ich sah auch, dass sie heftiger atmete und ihre Hände bewegte.
»Weißt du jetzt Bescheid, Pam?«
Die Frau zuckte zusammen. »Ja, ja, ich habe alles gehört, und mir ist einiges klar geworden.«
»Das freut mich. Man hat dich benutzt, und ich denke, dass du deine Pläne in eine andere Richtung lenken solltest. Je mehr Selbstmorde von Menschen es gibt, umso stärker wird dieser Elion werden. Es ist bestimmt kein Mittler zwischen dem Diesseits und dem Jenseits. Wenn er das gesagt hat, dann hat er dir etwas vorgelogen.«
Sie senkte den Kopf. »Ich wusste es nicht.«
»Aber du hast seine Reaktion auf mein Kreuz gesehen. Der ist wirklich nicht grundlos davor geflohen.«
»Das weiß ich jetzt auch«, flüsterte sie. Ihr Gesicht hatte eine fahle Blässe angenommen, die Lippen zuckten, und sie schloss auch für eine Weile die Augen.
Raniel nickte mir zu. »Elion ist euer Problem, nicht das meine.«
Ich lächelte. »Im Prinzip hast du Recht, aber mich wundert, dass du ihn in dieser Welt akzeptierst.«
»Warum nicht? Habe ich sie erschaffen? Nein, John. Ich bin ein Sucher, ein Rastloser. Dieses Reich gehört mir nicht. Ich habe es nur gefunden. Aber als mein Eigentum oder meine Welt bezeichne ich es nicht.«
»Allerdings kannst du diese Welt verlassen, wann immer du willst.«
»Das auf jeden Fall.«
Ich rückte mit meinem nächsten Vorschlag heraus. »Dann wäre es gut, wenn du uns den Weg zurück zeigen könntest. Ich wollte Elion von seinem mörderischen Treiben abbringen. Er hat sich durch Flucht entzogen, und ich weiß beim besten Willen nicht, wo ich nach ihm suchen soll in dieser fremden Welt. Und deine Gräber interessieren mich nicht.«
»Das kann ich verstehen.«
»Dann tust du uns den Gefallen?«
Ich war mir seiner Antwort nicht sicher, obwohl wir beide keine Feinde waren. Nach einer Weile regte es sich in seinem Gesicht, und sein Lächeln sah ich als Zustimmung an.
»Ich denke, dass jeder an seinem richtigen Platz sein sollte. Du gehst deinen Weg, John, und ich gehe meinen. Ich weiß auch, dass sich unsere Wege irgendwann wieder kreuzen werden, aber diese Welt ist wirklich kein Platz für dich.«
Das hörte sich gut an, obwohl Pamela Parker noch eine Bemerkung hinzufügte.
»Was ist denn mit Elion?«
»Vergiss ihn.«
»Nein, ich...«
»Er hat dir den falschen Weg gezeigt. Engel sind nicht gleich Engel. Das solltest du begreifen.«
Diese Worte blieben nicht ohne Eindruck auf sie. Natürlich hatte sie viel eingesetzt, um sich das Haus der
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