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rank und schlank und rattenscharf

rank und schlank und rattenscharf

Titel: rank und schlank und rattenscharf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burghard Pohl
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auch mitbekommen, dass hier etwas nicht stimmt. Erst sind es nur einzelne Tropfen, aber nun wird es langsam immer mehr. Kira liegt im Regen, steht auf, schüttelt sich. Verflucht noch mal! Einmal kein Zelt aufgebaut und prompt regnet es! Ich mache den Reißverschluss meines Schlafsacks auf. „Kira, mach Platz.“ Ich ziehe sie unter meinen Schlafsack. Der Schirm überdeckt mein Gesicht und so schlafe ich trotz Regen wieder ein. Das Wasser dringt nicht durch meinen Schlafsack; auch er ist sein Geld wert.
     
    Es wird langsam hell und ich höre die ersten Pilger auf dem Weg mit ihren Stöcken klappern. Ich richte mich kurz auf und erkenne ein Ehepaar, das gestern Abend mit mir im Restaurant saß. Der Mann zeigt auf mich und macht seine Frau auf mich aufmerksam. Die denken bestimmt, das arme Schwein liegt hier im Regen. Ich bin Pilger, auch wenn ich aussehe wie ein Penner. Was hätte ich mitten in der Nacht machen sollen? Mein Zelt aufbauen?
    Ich stehe auf und überlege, wie ich meine Sachen wieder trocken bekomme. Der Schlafsack hat keinen Regen durchgelassen, aber trotzdem sind alle Sachen nass oder zumindest feucht. Ich packe, und nach einer guten Stunde stehe ich — alles fest gezurrt — mit Kira auf dem Weg.
    Meine vielen Blasen an den Füßen passen zu diesem trüben, feuchten Morgenbeginn. Eine gründliche Fußwäsche und — pflege wäre bei meinen ramponierten Füßen längst fällig. Seit Tagen habe ich mich nicht mehr gewaschen. Ich muss ganz schön stinken, obwohl ich selber nichts rieche.
    Im nächsten Obanos binde ich Kira an einen Baum und gehe in einen kleinen Laden. Ich sage ihr vorher, dass sie bloß ruhig sein soll und dass ich gleich wieder komme. — Kaum bin ich weg, da bellt sie wieder in einer Tour. Ich kann nicht einmal in Ruhe einkaufen, packe überstürzt einige Lebensmittel in den Korb und nichts wie raus. „Bist du mal ruhig, du alte Töle!“ — Sofort hört sie auf zu kläffen und schaut gebannt auf die Plastiktüte. „Wer so bellt, der kriegt nicht zu fressen, ist das klar!“ — In aller Eile habe ich mir Ölsardinen, Apfelsinen, Bananen, Wasser, Brot und Wiener Würstchen geschnappt. Ich setze mich auf eine Mauer und Kira läuft sofort der Sabber aus dem Maul. Sie bekommt Wiener Würstchen mit Baguette. Endlich habe ich wieder was zum Trinken, seit gestern Abend war ich wieder einmal ohne Wasser.
    Ich durchlaufe Puenta la Reina und lass Kira im Fluss eine Viertelstunde herumtoben. Wir gehen weiter und erreichen Mañeru. Meine Wasserflaschen sind fast leer und hier gibt es vor dem Ort eine Wasserstelle. Aber ich habe im Vorfeld soviel über die schlechte Wasserqualität gehört und will meine Flaschen hier nicht füllen. Normalerweise habe ich einen Pferdemagen, mir macht so schnell nichts was aus.
    Ich will mir Wasser in einem Geschäft kaufen, doch der Ort ist wie ausgestorben. Hier ist nicht ein Mensch auf der Straße. Halten sie alle Mittagsruhe oder haben sie alle aus diesem Brunnen getrunken? Meine Füße schmerzen tierisch, ich muss die Zähne zusammen beißen. Hier ist kein offener Laden, keine Bar, kein Wasser. Ohne Wegbeschreibung ist vieles ein Lotteriespiel.
    Wir laufen durch ein großes, antikes Steintor. Am Durchgang liegt für alle Pilger zugänglich ein Stempel aus. Es ist der erste, den ich sehe und ich überlege kurz, ob ich nicht doch einen Stempel in mein Tagebuch machen soll. — Wofür? — Ich mache es nicht und laufe weiter. Es sieht stark nach Regen aus, als ich den menschenleeren Ort verlasse. Nach einigen Minuten fängt es auch schon an zu tropfen. Was soll’s, notfalls habe ich meinen Knirps dabei.
    Der Regen wird stärker und ich spanne ihn auf. Jetzt wäre noch der Punkt, an dem ich umkehren könnte. In einigen Kilometern sehe ich das nächste Dorf, Cirauqui, und gehe so schnell ich kann weiter. Kira schüttelt sich immer wieder ihr nasses Fell.
    Aus dem asphaltierten Weg wird ein Feldweg, dann ein Pfad. Jetzt geht hier die Welt unter und ich mittendrin! Es schüttet wie aus Kübeln. Eiskalter Gewitterregen prasselt auf uns hernieder. Jetzt ist es zum umkehren definitiv zu spät. Was haben die Spanier für Gewitter! Ich stehe genau in der Mitte zwischen beiden Orten. Der Schirm biegt sich und bietet nur meinem Gesicht Schutz. An meiner Hose läuft eiskalter Regen herunter. Eiswasser, und das mitten im Sommer! Die Temperatur liegt fühlbar bei null Grad. — Kira steht neben mir und weiß nicht mehr, was sie machen soll. Sie läuft verängstigt hin

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