rank und schlank und rattenscharf
physisch und psychisch definitiv am Ende, einfach fix und fertig. Es gibt seit Tagen nichts, aber auch gar nichts, wofür es sich lohnte, diesen Weg zu laufen.
Das Wort gelohnt, kommt es eigentlich von Lohn? Das heißt, man muss für etwas bezahlen. — Für was soll ich hier bezahlen? — Von einem Extrem ins Nächste. So hatte ich mir das nicht vorgestellt, selbst in meinen kühnsten Träumen nicht. — Aber was hatte ich mir erhofft, gedacht, erwartet, vorgestellt, geträumt? — So ein Szenario weiß Gott nicht.
In dieser Phase, in der es mir nur noch schlecht geht, tue ich mir selbst nur noch leid: Dieses Gewitter hat mich zerstört, fast vernichtet. Ich bin nass bis auf die Haut, das Wasser steht in meinen Schuhen. Trinkwasser habe ich immer noch keins. Und kaum habe ich alles ohne größeren Schaden überstanden, da meldet sich prompt mein rechter Zeh wieder.
Gerade erst in Cirauqui angekommen, verlasse ich das Dorf wieder. So kann ich nicht mehr weiter laufen. Ich hole aus meinem Rucksack die rechte Sandale und ziehe sie an. Den rechten Wanderschuh binde ich mit einem Doppelknoten an den Rucksack. Bloß nicht noch einen Schuh verlieren! Sofort ist der schmerzende Druck der Blase durch den Wanderschuh verschwunden. So geht’s!
Ich laufe einen Wirtschaftsweg entlang, der sich nach kurzer Zeit gabelt. — Was ist denn jetzt los? Wo geht’s denn nun weiter? — Keine Ahnung. Was soll ich denn jetzt machen? — Der gelbe Pfeil weist nach rechts auf einen schmalen Pfad, aber der bessere, breitere Weg geht geradeaus. Jetzt bloß nicht noch verlaufen! — Ich entscheide mich für den schmalen Pfad, der immer parallel zu dem guten, links verlaufenden Weg verläuft. Es stehen überall Pfützen und ich hüpfe mit einem Wanderschuh und einer Sandale hin und her. Ich könnte auch durch die Pfützen laufen, meine Socken sind ohnehin schon pitschnass. Auf den Wirtschaftsweg kann ich aber auch nicht zurück, weil zwischen beiden Wegen eine undurchdringliche Hecke aus mannshohen Dornensträuchern steht. Nach einigen hundert Metern kommen beide Wege wieder zusammen. — Das glaube ich jetzt nicht! Ich springe die ganze Zeit mit einer Sandale zwischen den Pfützen hin und her, alles umsonst.
Mehr sollte an einem Tag nicht passieren, aber es kommt tatsächlich noch schlimmer. Es ist erst später Nachmittag, aber ich bin völlig am Ende. Ich kann beim besten Willen keinen Schritt mehr laufen. Am liebsten würde ich mich sofort hinschmeißen, aber wo? — Zuerst muss ich mir einen Schlafplatz suchen und mein Zelt aufbauen. So schnell wie möglich, sonst klapp ich zusammen.
Von weitem sehe ich einen Olivenhain und denke an die letzte Nacht. Der wäre noch erreichbar. Ich laufe schwankend dort hin, um mir die Gegebenheiten genauer anzusehen. Durch den lang anhaltenden Regen ist der Boden dermaßen aufgeweicht, dass ich immer wieder auf dem weichen Boden einsinke. Ich suche zwischen den Bäumen nach Gras oder Unkraut, Hauptsache grün, worauf ich mein Zelt aufbauen kann. Aber hier geht es nirgendwo, alles ist eine klebrige, braune Matsche. Es hilft nichts, ich muss wieder zurück zum Weg. Nochmals laufe ich gezwungenermaßen einige hundert Meter. Das sind die letzten Schritte die ich noch schaffe, gleich ist endgültig Feierabend. Mit allem! Sie können mich dann mit dem Rettungswagen abholen und Kira gleich mit.
Wir kommen an eine Landstraße. Auf einem Hinweisschild lese ich „Campingplatz“, leider haben sie nicht dabei geschrieben, wie weit er von hier entfernt ist. Das wäre es jetzt gewesen. Heute habe ich kein Glück, meine Engel hat der Sturm weggeblasen. Ein Campingplatz wäre einfach ideal, aber ich kann da nicht mehr hinlaufen. Er könnte einen, aber auch zehn Kilometer entfernt sein, und die schaffe ich nicht mehr. So ein Pech!
Der gelbe Pfeil weist nach links und die Straße zum Campingplatz geht geradeaus. Ich biege links ab und suche immer noch einen geeigneten Platz zum zelten. Hilfe! Ich verdurste, ich habe seit Stunden nichts mehr getrunken. Kira konnte unterwegs immer wieder aus Bächen und Pfützen saufen. Hunde haben es da besser.
Wir überqueren eine Brücke über einen kleinen Fluss, direkt dahinter ist wieder ein Olivenhain. Auch hier suche ich nach einer geeigneten Stelle fürs Zelt. Schon wieder nichts. Hier ist der Boden genauso aufgeweicht, kein Grashalm, auf dem ich zelten kann. — Vor der Brücke war eine große Wiese, die man zwar von allen Seiten einsehen kann, aber das ist mir
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