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rank und schlank und rattenscharf

rank und schlank und rattenscharf

Titel: rank und schlank und rattenscharf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burghard Pohl
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Dir auch nicht so genau erklären, aber es ist wahnsinnig. Leute stellen durch fremde Personen ihre Familienstrukturen und persönlichen Beziehungen auf.“ — „Wenn Du da noch mal hingehst, komme ich mit. Wo ist das denn?“ — „Nicht weit weg von uns.“ — „Was kostet das?“ — „Wenig, paar Mark und jeder bringt etwas zu essen mit.“ — „Das ist OK.“
     
    Wochen später werde ich von zwei Frauen mitgenommen, keine von beiden kenne ich bis zu diesem Zeitpunkt. Wir unterhalten uns während der viertelstündigen Fahrt und halten vor einem Einfamilienhaus. Wir ziehen unsere Schuhe im Eingangsbereich aus und gehen eine steile Treppe hoch in die erste Etage. In einem großen Raum werden wir durch helles Licht begrüßt, welches durch die großen Fenster fällt. Engelsfiguren stehen und hängen schwebend im Raum, viele Kerzen schaffen eine gemütliche Atmosphäre. Ich setze mich auf einen der Stühle, die einen großen Kreis bilden.
    Eine der Frauen, die mich mitgenommen haben, kommt zu mir und fragt, ob sie sich zu mir setzen darf. „Na klar, setzen Sie sich zu mir.“
    - „Wir kennen uns.“ — „Wieso kennen wir uns?“ — „Von der Fahrt.“ — „Ach ja. Nehmen Sie ruhig Platz.“ — Sie setzt sich und wir unterhalten uns ein wenig. „Wodurch sind Sie denn hierher gekommen?“ — „Ich habe in einem Buch davon gelesen, und Sie?“ — „Ich kenne hier zwei Frauen und eine davon hat mich neugierig gemacht.“ — „Da bin ich mal gespannt, was uns hier erwartet.“
    Die Runde ist jetzt komplett, wir sind 3 Männer und 17 Frauen. „Was für ein Schnitt!“ — Die Leiterin übergibt einen kleinen Kieselstein der links von ihr sitzenden Person mit der Bitte, jeder solle seinen Vornamen sagen und wodurch er zu dieser Aufstellung gekommen ist. Der Stein macht die Runde, jeder nimmt ihn in die Hand und sagt seinen Vornamen. Mehr interessiert hier niemanden.
     
    In der ersten Aufstellung werde ich von einem Mann gefragt, ob ich seine Position in seiner Familie übernehmen würde. — Warum nicht? Dafür bin ich ja hier. — Jeder bekommt einen Zettel an die Brust geheftet, für die jeweilige Person in seiner Familie. Ich habe es nicht schwer, ich bin ICH, sonst sind noch vertreten, Vater, Mutter, lebende Geschwister und drei abgetriebene Kinder. Abgetriebene Geschwister? Jetzt wird’s suspekt!
    Der fremde Mann stellt uns alle auf, auch mich, für sich. Anschließend setzt er sich wieder in die Runde. Die Leiterin fragt mich: „Wenn Du Dir deine Familie so anschaust (es ist natürlich nicht meine Familie), was siehst Du da?“ — Ich schaue mir alle genau an, Vater, Mutter, lebende Geschwister, abgetriebene Kinder, jeder hat einen Zettel an der Brust. — Was soll ich sehen, frage ich mich? — „Schau bitte genau hin.“ — Auch beim zweiten Versuch erkenne ich nichts. — „Schau mal zu deinen lebenden und abgetriebenen Geschwistern herüber.“ — Was soll ich da erkennen? Die drei lebenden Geschwister sehen mich an, von den drei abgetriebenen schauen zwei zu mir. Die Frau in der Mitte hat mir ihren Rücken zugewandt und schaut in die andere Richtung. — Das ist doch die Frau, die gerade noch gesagt hat, dass sie mich kennt! Will sie nichts mehr mit mir zu tun haben? — „Warum sieht sie mich nicht an?“ frage ich die Leiterin. Sie zieht die Schultern hoch und macht ein fragendes Gesicht. „Frage sie doch mal, ob sie sich nicht umdrehen möchte!“ — „Drehe dich bitte mal um, fordere ich mein abgetriebenes Geschwisterkind auf. Sie schüttelt den Kopf und will sich nicht zu mir umdrehen. — Ich fordere sie ein zweites Mal auf, wieder ohne Erfolg.
    Was soll ich machen? Ich bin hilflos und schaue zur Leiterin. „Gehe mal hin und drehe sie zu Dir um.“ — Ich fasse die Frau an den Schultern und drehe sie vorsichtig um. In diesem Moment fängt sie hemmungslos an zu weinen, so heftig, dass ich nicht weiß, was ich in dieser Situation machen soll. Ich stehe mit herunterhängenden Armen der fremden Frau gegenüber und weiß nicht, was hier geschieht. Was soll ich da machen? Was habe ich bei ihr ausgelöst?
    Ich habe doch gar nichts gemacht, nichts Falsches gesagt, sie doch nur vorsichtig berührt.
    Die Leiterin sagt: „Nehme doch mal Dein abgetriebenes Geschwisterkind in den Arm.“ Ich nehme diese fremde Frau vorsichtig in die Arme. Langsam beruhigt sie sich wieder. Nun weint sie nicht mehr und ich kann sie wieder loslassen.
    Die Leiterin stellt uns mehrere Fragen, die wir

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