Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld

Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld

Titel: Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
Vom Netzwerk:
dass er gar nicht richtig gewusst hatte, was los war, worum es eigentlich ging; keiner von ihnen hatte das gewusst, auf keiner Seite. Die Leute hatten sich anfangs gefreut, sie zu sehen, Katholiken wie Protestanten, hatten ihnen Essen und Trinken und ein herzliches Willkommen angeboten. Später waren die Getränke dann mit Unkrautvertilger versetzt gewesen und das Willkommen konnte einen geradewegs in eine »Sexfalle« führen. Was im Kuchen knirschte, konnten die Kerne in der Himbeermarmelade sein oder auch zerstoßenes Glas.
    Flaschen, die durch die Dunkelheit flogen, beleuchtet von einem Flammenschweif. Benzin, das vom Lumpendocht spritzte und tropfte. Und wenn sie auf einer müllübersäten Straße aufschlugen, breiteten sie sich augenblicklich zu einer Pfütze aus Hass aus. War nicht persönlich gemeint, sondern nur für eine »Sache«, eine unruhige Sache, das war alles.
    Und noch später ging es darum, die illegalen Machenschaften zu schützen, die um diese angejahrte »Sache« herum entstanden waren. Die Schutzgelderpressungen, schwarzen Taxis, den Waffenschmuggel, all die Geschäfte, die sich so weit vom Ideal entfernt und dabei ihre eigenen Sümpfe gebildet hatten.
    Er hatte Schusswunden, Schrapnelllöcher und von geschleuderten Ziegelsteinen hinterlassene Platzwunden gesehen, er hatte einen Eindruck von der Sterblichkeit und seiner eigenen charakterlichen und körperlichen Unzulänglichkeit gewonnen. Wenn sie dienstfrei hatten, blieben sie in der Kaserne, ließen sich mit Whisky voll laufen und spielten Karten. Vielleicht war das der Grund, warum Whisky ihn daran erinnerte, dass er noch am Leben war – was andere Drinks nicht schafften.
    Es gab auch Beschämendes: eine Vergeltungsaktion gegen einen »Trinkklub«, die aus dem Ruder gelaufen war. Er hatte nichts unternommen, um die Sache zu stoppen. Er hatte seinen Schlagstock und sogar sein Gewehr wie alle anderen auch geschwungen. Doch inmitten dieses Tohuwabohus reichte das Geräusch eines Gewehrs, das entsichert wurde, um schlagartig atemlose Stille zu schaffen …
    Er interessierte sich weiterhin für das, was auf der anderen Seite des Wassers geschah. Ein Teil seines Lebens war dort zurückgeblieben. Etwas an seiner Dienstzeit dort hatte ihn veranlasst, sich um Versetzung zum Special Air Service zu bewerben. Er ging an seinen Schreibtisch zurück und hob das Glas Whisky.
    Dunkel Dunkel Dunkel. Der Himmel still bis auf ein gelegentliches besoffenes Aufgrölen.
    Niemand würde jemals wissen, wer die Polizei angerufen hatte.
    Niemand außer dem Betreffenden selbst und der Polizei. Er hatte seinen Namen und seine Adresse angegeben und sich über den Lärm beschwert.
    »Und möchten Sie, dass wir bei Ihnen vorbeikommen, Sir, nachdem wir der Sache nachgegangen sind?«
    »Das ist nicht nötig.« Der wachhabende Beamte hörte nur noch ein Klicken und lächelte. Es war sehr selten nötig. Ein Besuch der Polizei bedeutete, dass man etwas mit der Sache zu tun hatte. Er schrieb etwas in einen Notizblock und gab den Zettel weiter an die Funkzentrale. Der Funkspruch ging um zehn vor eins raus.
    Als der Streifenwagen das Gemeindezentrum erreichte, wurde offenkundig, dass die Sache schon am Abklingen war. Die Beamten erwogen, wieder abzuziehen, aber da sie schon mal da waren … Keine Frage, dass eine Party stattgefunden hatte, irgendeine Art von Fest. Aber als die zwei uniformierten Beamten durch die offen stehende Tür eintraten, waren nur noch ein knappes Dutzend Unermüdliche übrig. Der Fußboden war mit Flaschen und Zigarettenkippen übersät – darunter wahrscheinlich auch ein paar ausgerauchte Joints.
    »Wer ist hier verantwortlich?«
    »Niemand«, kam die scharfe Antwort.
    Toilettenspülungen rauschten. Vielleicht wurden Beweis-
    mittel vernichtet.
    »Es sind Beschwerden wegen des Lärms eingegangen.« »Hier ist kein Lärm.«
    Der Streifenbeamte nickte. Auf einer improvisierten Bühne stand ein Ghettoblaster, den man an einen Gitarrenverstärker angeschlossen hatte, einen großen Marshall mit getrennter Lautsprecherbox. Wahrscheinlich hundert Watt, und jedes einzelne davon auf Lärm ausgelegt. Der Verstärker war noch eingeschaltet und gab ein laut vernehmliches Summen von sich. »Das Ding gehört ins Museum.«
    »Die Simple Minds haben’s uns geliehen.«
    »Und wem gehört’s wirklich?«
    »Wo ist der Durchsuchungsbefehl?«
    Der Beamte lächelte wieder. Er merkte, dass seinem Partner die Finger juckten, aber auch wenn sie beide nicht gerade viel

Weitere Kostenlose Bücher