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Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld

Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld

Titel: Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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wieder heraus und schrie lautlos in den Spiegel.
20
    Sie frühstückten gemeinsam und redeten dabei um den hei- ßen Brei herum, eher wie Bekannte als wie ein Liebespaar. Keiner sprach das aus, was er dachte. Wir Schotten, dachte Rebus, verstehend irgendwie nicht so recht, wie man aus sich herausgeht. Wir horten unsere wahren Empfindungen wie Brennstoff für lange Winterabende voll Whisky und Vorwürfen. Bei dem Wenigen, das von uns je an die Oberfläche gelangt, ist es ein reines Wunder, dass wir überhaupt existieren.
    »Noch eine Tasse?«
    »Bitte, Patience.«
    »Du bist heute Abend hier«, sagte sie. »Du arbeitest nicht.«
    Es war weder eine Frage noch eine Anordnung, nicht explizit jedenfalls.
    Also versuchte er, Caro von Fettes aus zu erreichen, aber jetzt war sie diejenige, der man Nachrichten hinterlassen musste: eine bei ihr zu Hause, auf dem Anrufbeantworter, eine bei einem Kollegen im Büro. Er konnte nicht einfach sagen: »Ich komm nicht« – nicht einmal zu einem Stück Tonband. Also hatte er sie eben gebeten, sich bei ihm zu melden. Caro Rattray, elegant, offenbar ungebunden und verrückt nach ihm. Sie hatte tatsächlich etwas von einer Wahnsinnigen an sich, etwas Schwindelerregendes. Wenn man mit ihr zusammen war, hatte man das Gefühl, am Rand eines Abgrunds zu stehen.
    Als sein Telefon klingelte, stürzte er sich förmlich darauf.
    »Inspector Rebus?«, fragte eine vertraut klingende männliche Stimme.
    »Am Apparat.«
    »Lachlan Murdock.« Lachlan: kein Wunder, dass er nur seinen Nachnamen benutzte.
    »Was kann ich für Sie tun, Mr. Murdock?«
    »Sie haben doch vor kurzem mit Millie gesprochen?«
    »Ja, warum?«
    »Sie ist weg.«
    »Wie weg?«
    »Ich weiß es nicht. Was zum Teufel haben Sie ihr gesagt?«
    »Sind Sie zu Haus?«
    »Ja.«
    »Ich bin gleich bei Ihnen.«
    Er fuhr allein, obwohl er wusste, dass er eigentlich Begleitung hätte mitnehmen müssen, aber es widerstrebte ihm, jemanden zu fragen. Von den vieren – Ormiston, Blackwood, »Bloody« Claverhouse und Smylie – wäre Smylie noch immer seine erste Wahl gewesen, aber Smylie war so berechenbar wie der Himmel über Edinburgh, der sich just in dem Augenblick zu beziehen begann. Die Bürgersteige wimmelten noch immer von Festivalbesuchern, aber das würde sich bald ändern, und zur Entschädigung würde ein ruhiger September folgen. September war Edinburghs intimer Monat, ein Rückzug vom öffentlichen Leben ins private.
    Wie um ihn zu beruhigen, zog die Wolke weiter und gab die Sonne wieder frei. Er kurbelte das Fenster herunter, bis die Abgase des Busses ihn zwangen, es wieder zu schließen. Auf dem Heck des Busses prangte eine Reklame der Lokalzeitung, was ihn auf Mairie Henderson brachte. Er musste sie unbedingt finden. Es kam nicht oft vor, dass ein Polizist auf diese Weise an eine Journalistin dachte.
    Er parkte so nah wie möglich bei Murdocks Haus, drückte auf den Klingelknopf neben der Eingangstür und wurde kurz darauf eingelassen.
    In alten Mietshäusern erzeugten die Füße auf der Treppe immer das gleiche Geräusch: wie Schmirgelpapier auf dem Fußboden einer Kirche. Die Tür zu Murdocks Wohnung stand offen. Rebus trat ein.
    Lachlan Murdock war sichtlich nicht in bester Verfassung. Das Haar stand ihm wirr vom Kopf ab, und er zerrte an seinem Bart, als sei es ein unechter, den er sich zu gut angeklebt hatte. Sie standen sich im Wohnzimmer gegenüber. Rebus nahm vor dem Fernseher Platz. Dort hatte Millie bei seinem ersten Besuch gesessen. Der Aschenbecher stand noch immer da, der Schlafsack jedoch war verschwunden. Und Millie ebenso.
    »Ich hab sie seit gestern nicht mehr gesehen.« Murdock war stehen geblieben und schien sich auch nicht setzen zu wollen. Er ging zum Fenster, schaute hinaus, kam zurück zum Kamin. Sein Blick irrte herum, um ja nicht Rebus ansehen zu müssen.
    »Morgen oder Abend?«
    »Morgen. Ich bin gestern Abend heimgekommen, und sie hatte gepackt und war weg.«
    »Gepackt?«
    »Nicht alles, nur eine Reisetasche. Ich dachte, vielleicht ist sie eine Freundin besuchen gefahren, das tut sie manchmal.«
    »Diesmal nicht?«
    Murdock schüttelte den Kopf. »Ich hab heute Morgen bei ihr im Geschäft angerufen, und Steve sagte, die Polizei sei gestern ihretwegen da gewesen, eine junge Frau und ein älterer Mann. Da habe ich an Sie gedacht. Steve meinte, sie sei anschließend so fertig gewesen, dass sie sich den Rest des Tages freinehmen musste. Was zum Teufel haben Sie ihr gesagt?«
    »Ich hab ihr nur ein paar

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