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Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition)

Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition)

Titel: Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Bieling
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einer Insel das Glück zu suchen. Wie albern und unreif, hätte ihre Großmutter sie geschimpft. Ihr hatte sie auch diesen scheußlichen Namen zu verdanken, den Cinderella zu gerne gegen einen üblichen Vornamen getauscht hätte.
    Aber sie musste ihrer Oma am Sterbebett versprechen, dass sie immer Cinderella heißen würde. Und nun stand sie inmitten ihrer neuen Wahlheimat, und das Pech klebte an ihr wie dieser Name.
    Der Taxifahrer steckte eine neue Zigarette an und kratzte sich seinen Dreitagebart. »Mm …, Burghotel Sylter Sand. Da könnten Sie eventuell noch Glück haben.«
    Cinderella schöpfte neuen Mut. »Wirklich?«
    »Ja, ich kenne den Portier dieser übergroßen Luxus-Sandburg.«
    »Sandburg?«
    »Völlig verrückt, oder? Aber ich sage Ihnen, dieses Hotel ist seit seiner Eröffnung das beliebteste auf Sylt. Ein Hotel in Form einer Sandburg zu bauen … Eine verrückte Idee.« Er zog sein Handy aus der Hosentasche und drückte sich durchs Menü. »Soll ich für Sie mal anfragen?«
    »Das wäre gewissermaßen meine Rettung.«
    Nach und nach kehrte ihr Lächeln zurück. Vielleicht hatte sie ja doch mal ein bisschen Glück in all dem Unglück. Tatsächlich gab es noch eine freie Juniorsuite.
    »Haben Sie tausend Dank. Sie haben uns …, wie soll ich sagen, vor einer Nacht auf der Bahnhofsbank bewahrt.« Dabei strich sie Tommy übers Haar. Er wirkte müde und musste dringend in ein Bett.
    Der Taxifahrer schmunzelte. »Für eine hübsche Touristin tue ich fast alles.«
    »Nein, ich bin nicht auf Urlaub. Eher eine spontane Neu-Sylterin.«
    »Sie wollen auf Sylt bleiben?«
    »Das habe ich vor.«
    »Dann sieht man sich womöglich öfter? Ich meine hier auf der Insel.«
    »Gut möglich.« Cinderella wich seinen Blicken aus undgriff nach dem Gepäckwagen. »Sagen Sie mir noch, in welche Richtung ich muss?«
    Der Mann lachte. »Sie wollen doch nicht etwa mit diesem Klapperding und ihrem Sohn bis List laufen?«
    Röte stieg ihr ins Gesicht. »Wieso nicht?«
    »Zwanzig Kilometer im Dunkeln? Nein! Ich glaube, Sie sollten mir lieber ihr Gepäck überlassen und ins Auto steigen.«
    Cinderella zögerte. Zwanzig Kilometer klangen nach einer verdammt hohen Taxirechnung. Nein! Sie musste ihr Geld zusammenhalten und eine günstigere Alternative finden.
    »Ach, wissen Sie, wir nehmen lieber den Bus. Stimmt’s, Tommy?«
    Tommy nickte. »O ja, Busfahren ist cool.«
    »Dann müssen Sie aber diese Nacht doch mit einer Bank vorliebnehmen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Der letzte Bus ist weg. Und der nächste fährt erst in einigen Stunden.«
    In einigen Stunden?
    Cinderella schluckte. »Dann werden wir diese Gelegenheit nutzen, um die Insel besser kennenzulernen und laufen.«
    Was waren schon zwanzig Mal eintausend Meter? Gerade mal doppelt soviel wie ihr bisheriger Weg zur Arbeit – der Änderungsschneiderei ihrer Stiefmutter. Und dieser Fußmarsch würde sie auf andere Gedanken bringen.
    Der Taxifahrer schüttelte verständnislos den Kopf. »Mitten in der Nacht und mit einem Kind? Nun steigen Sie schon ein. Die Wetterfrösche haben Sturmböen vorausgequakt. Und ich berechne auch nur einen Zehner.«
    Sie lachte verlegen. »Die Wetterfrösche?«
    »Ja. Und die Meteorologen meinen das auch.«
    Er öffnete die Hintertür seines Taxis. »Und?«
    Cinderella nickte und wies Tommy an einzusteigen. Und während sie den Antisturm-Knoten in ihrem Kleid löste, um das Auto besteigen zu können, verstaute der Taxi-Mann das Gepäck im Kofferraum.
    Wenig später kamen sie vor dem Hotel an. Der Taxifahrer blickte in den Rückspiegel. »Darf ich Sie an etwas erinnern?«
    Cinderella zückte sofort ihre Geldbörse und hielt ihm einen Zehner entgegen. Er griff danach. »Danke! Aber ich meinte eigentlich Ihr Kleid.«
    »Bitte wie?«
    »Sie sollten besser diesen witzigen Knoten wieder hineinmachen. Ich dachte ja nur, wegen der starken Brise da draußen.«
    Sie lächelte verschämt. »Ja, das sollte ich wohl.«
    Draußen wehte ein kühler Nordwind ohne jegliches Mitleid für dauerfröstelnde Großstädter. Im Gegensatz zu Cinderella zeigte Tommy keinerlei Sturmsymptome. Er schien inselwettertauglich zu sein und rannte vorneweg. Cinderella folgte ihm staunend. Vor ihren Augen tat sich ein wahrer Burgpalast auf – prachtvoll und groß, ähnlich den Schlössern aus Großmutters Märchen. Der Name des Hotels leuchtete weit ins Dunkel der Nacht hinaus.
    Tommy ergriff ihre Hand. »Ohhh! Guck mal, Mama, ein Sandeimerchen.«
    »Ein Sandeimerchen?«
    »Ja,

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