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Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition)

Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition)

Titel: Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Bieling
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Pfadfinder daherkam. Egal! Wir hatten die Kamera dabei, das beste Wetter und einen gewaltigen Überschuss an Hormonen, die nichts gegen Arbeit hatten. Grünes Eiland, ich komme! Mit der Vorfreude eines in die Jahre gekommenen Mädchens stürmte ich zur Tür hinaus. Hendrik folgte mit dem Handy am Ohr.
    »Katzenjammer und unerwünschte Hoden gehören heute nicht ins Notfallprogramm«, rief ich Hendrik scherzhaft zu.
    Er lächelte nur und setzte sein Gespräch fort, während er das Auto entriegelte. Ich schwang mich auf den Beifahrersitz und träumte mich auf die immergrüne Insel, deren Naturschönheit viele Postkarten zierte. Nur Hendrik und ich, so wie Tarzan und Jane, zwischen urigem Gestrüpp und knöchernen Urzeitbäumen, an einem weißen Strand, ohne menschliche Abfälle. Mein Herz hüpfte vor Freude bei dem Gedanken an einen unberührten Strand, an dem man noch gefahrlos barfüßig herumlaufen konnte. Maximal einen Krebs konnte man sich am Zeh einfangen oder mit einer scharfkantigen Muschel kontakten. Nichts, was eine Jane ängstigen konnte. Und für den Fall der Muschel und des Krebses gab es Tarzan mit einem Doktorabschluss. Ich war bereit fürs Paradies!
    Zehn Minuten später saßen wir im Boot, das Bjarne gemäßseiner politischen Ausrichtung grün angestrichen hatte. Irgendwie hatte es was von Tom Sawyer und Huckleberry Finn, nur dass es eben kein zusammengebundenes Floß war, sondern eine zusammengehämmerte Nussschale mit einem ökologischen Halbverdeck. Motor? Vergiss es! – was nicht unbedingt schlecht war. Denn als Hendrik sich ins Ruder legte, traten dicke Adern aus seinen muskulösen Armen heraus, die bei jeder Bewegung im Muskelgewebe auf und ab tanzten. Ich lehnte mich – so elegant, wie es in einem Ruderboot möglich ist – zurück und genoss jede Sekunde seines Muskelspiels. Ja, ich liebte seine kräftigen Arme, liebte es, wenn er sich beim Liebemachen damit abstützte, bis der Schweiß von seiner Stirn auf mich herabtropfte. Hach, diese Muckis! Sie törnten mich regelrecht an, während ich schon ganz hibbelig auf der spröden Holzbank hin und her rutschte und mich noch sehnlicher als zuvor an den weißen Paradiesstrand wünschte. Noch wenige Ruderschläge, dann würde er ins seichte Wasser springen, das Boot ans Ufer ziehen und seine starken Arme ausbreiten. Ich würde mich ihm willig hingeben, mich berauscht im Sande wälzen und ihm leidenschaftlich »Nimm mich« zujauchzen.
    »Hallo, ihr beiden. Hier rüber«, rief irgendwer und schleuderte mich aus meinem erotischen Endspurt. War das etwa Bjarne Klindworth? Ich blinzelte der Sonne entgegen. Tatsächlich! Der Bürgersprecher von Schabernack hatte offenbar nicht nur seine Frau dabei, sondern gleich die ganze Gemeinde mitgebracht. Oder wer waren die Menschen, die uns alle fröhlich zuwinkten?
    »Huhu«, rief seine Frau.
    Und dieses Huhu klang fast, als hätte sie uns schon erwartet. Also nicht etwa Huhu im Sinne von Huch, wer kommt denn da? Vielmehr jenes in der Art: Wo-bleibt-ihr-denn-Huhu.Verunsichert starrte ich Hendrik an, der zurückwinkte und sich mächtig ins Ruder legte, um mich zum »Huhu« zu bringen. Wie romantisch! Aber er zwinkerte mir zu. Immerhin. Vielleicht war das ja ein Zeichen für: Bleib cool, Baby. Wir begrüßen sie nur und verschwinden dann auf der südlichen Landzunge. Ich war mir nicht sicher, wollte aber an dieser Hoffnung festhalten.
    Bjarne Klindworth trapste mit seinen Ökosandalen ins Wasser und zog die grüne Nussschale an Land. Dann reichte er mir seine Hand, während er Hendrik mit einem »He, du« begrüßte. Ich betrat den Boden einer der romantischsten Inseln, an der Hand von Bjarne Klindworth. Klasse! Und es kam noch besser! Seine Frau stürzte auf mich zu, umarmte mich und stimmte die wildfremden Menschen dazu an, mir ein Geburtstagsständchen zu singen. Hilfe! Gab es denn hier keine dieser furchteinflößenden Gorillas, die auf einer Liane aus dem Nichts geschwungen kamen, um Jane zu verschleppen? Nein, gab es nicht! Lediglich eine Libelle von außergewöhnlicher Größe schwirrte um mich herum. Toll! Wahrscheinlich weil ich genauso farbenprächtig schimmerte wie die Pflanzenvielfalt ringsum.
    Tapfer lauschte ich dem Geburtstagsständchen, um kurz darauf zu erfahren, dass die Menschen eine Touristengruppe waren, die sich alle zu einer Inselführung bei Gesine Klindworth angemeldet hatten. Und dann kam die Überraschung: Ich war die Dreißigste in der Gruppe, weil ich ja dreißig geworden war. Hendrik

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