Rasant und Unwiderstehlich
sehr sie ihm auch die Coole vorzuspielen versuchte. Natürlich war das Thema unangenehm für Callie – bestimmt war sie todunglücklich gewesen, ihn mit Jenny zusammen zu sehen, von daher war es natürlich, dass sie sauer war. Trotzdem … Jenny hatte es nicht verdient, für den Schlamassel verantwortlich gemacht zu werden, den er mit Callie angestellt hatte. »Findest du nicht, dass wir, äh, mal darüber reden sollten?« Er griff nach dem flauschigen cremeweißen Mantel, den er sich unter den Kopf gesteckt hatte, setzte sich auf und zog sie mit sich hoch.
»Pschscht.« Callie legte erst einen Finger und dann ihre Lippen auf seinen Mund. Die Sonne stand inzwischen hoch am Himmel und warf lange Schatten über den Stallboden. »Wir sind doch jetzt zusammen, und das ist das Einzige, was zählt.«
Easy öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch sie kam ihm mit einem langen, gemächlichen Kuss zuvor. Ja, Callie hatte recht. Sie waren wieder zusammen und diesmal sollte seinen Gefühlen für sie nichts in die Quere kommen.
5
Ein Waverly-Schüler treibt mit einem Anwärter kein Schindluder
Brandon Buchanan lag auf seiner Ralph-Lauren-Tagesdecke und hatte die Hände, die vom vielen Squashspielen ganz schwielig waren, unter dem Kopf gefaltet. Die Aufgeschlossenheit in Person hat geschlossen . Brandon ließ sich die Worte auf der Zunge zergehen. Er konnte immer noch nicht glauben, dass er einmal im Leben in der Lage gewesen war, etwas zu sagen, was tatsächlich wie eine Zeile aus einem Film klang. Schlagfertige Antworten fielen ihm immer zu spät ein, doch diesmal hatte er es endlich gebacken bekommen. Tschaka! Der Moment hatte etwas Überirdisches gehabt. Er hatte Elizabeth Jacobs, die heiße Biene von St. Lucius, die er gerne zur festen Freundin gehabt hätte, damit wissen lassen, dass seine Aufgeschlossenheit ihre Grenzen hatte: Bestand sie weiter auf einem »offenen« Beziehungsleben – was bedeutete, dass sie nach Herzenslaune mit jedem flirten und rummachen konnte, selbst in Brandons Anwesenheit -, dann waren eben bestimmte »Qualitätsmänner« nicht mehr für sie zu haben. Dann musste sie sich auf ein Lebenslänglich mit Typen wie Brian Atherton einstellen. Atherton. So ein Arschloch.
Ein leises Klopfen unterbrach seine selbstgerechten Überlegungen. Vielleicht war das ja Elizabeth, die ihm sagen wollte, wie leid es ihr tat? Womöglich wollte sie ihm mitteilen, dass sie ins Kloster gehen würde, wenn er sie nicht zurückhaben wollte, um von nun an als Nonne allen Athertons der Welt und auch ihm für immer zu entsagen … oder etwas ähnlich Filmreifes und Romantisches.
Er räusperte sich und versuchte, besonders gefasst und männlich zu klingen. »Herein.«
Aber statt Elizabeths blonden Kopf bekam er das bärtige Gesicht von Pierre Eichler zu sehen, dem kanadischen Betreuer. Eiche, wie ihn alle nannten, war ein Waverly-Urgestein, das als Teenager hier die Schulbank gedrückt und nie wieder gegangen war – oder wenn doch, dann nur so lange, bis er einen Collegeabschluss in der Tasche hatte. Er war Hausaufsicht, zweiter Coach des Softballteams der Mädchen und unterrichtete Naturwissenschaften und Blockflöte. Außerdem sagte er ständig »ey?«.
»Passt’s grad schlecht, ey?«, fragte Eiche und blieb in der Tür stehen. Im Gegensatz zu seinem Spitznamen war er ein schlanker Kerl, erinnerte ein bisschen an Johnny Knoxville mit Bart und war außerdem ein cooler Typ, der ihnen nie die Hölle heißmachte, wenn sie es mit dem Zapfenstreich nicht so genau nahmen. »Passt’s grad schlecht, ey?« war seine Standardbegrüßung.
»Ne, geht schon.« Brandon setzte sich auf und fuhr sich mit der Hand durch das kurze, gewellte Haar, das einen schönen dunklen Goldton hatte. »Was gibt’s?«
Eiche stieß die Tür weiter auf und gab den Blick auf einen Knirps frei, den Brandon noch nie gesehen hatte. Er hatte borstiges hellbraunes Haar, das nicht so aussah, als hätte es je einen Kamm gesehen, und im Arm hielt er einen armeegrünen L.L.Bean-Schlafsack, in den in Orange die Initialen SRT eingestickt waren. Der Wicht war nicht viel größer als Brandons Halbbrüder Zachary und Luke, die elf Jahre alt waren und Super-Soaker-Spritzpistolen immer noch für die coolste Sache der Welt hielten. Am liebsten quälten sie damit Brandons Labradorhündin – die zufälligerweise ebenfalls Elizabeth hieß. Brandon überlegte, ob er ab jetzt jedes Mal, wenn er nach seinem Hund rief, an sein Erlebnis mit freizügigen Frauen erinnert
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