Rasant und Unwiderstehlich
eins.« Er ließ die Hand hinunter auf Callies Schulter gleiten. »Wie kommt’s, dass du so gelassen bist?« Es beschäftigte ihn, dass er total panisch und, ja, »Callie-typisch« reagierte, während Callie selbst ganz ungerührt, fast »Easy-mäßig« wirkte. Wie kam das? Wusste sie etwas, was er nicht wusste?
Callie zuckte die Schultern. Der Blick aus ihren haselnussbraunen Augen schien unbekümmert. »Ich vertraue einfach darauf, dass die Person bestraft wird, die an dem Feuer schuld ist.« Sie kuschelte sich an seinen Hals. »Entspann dich doch«, flüsterte sie mit leiser, heiserer Stimme.
Aber er konnte sich nicht entspannen. Callie hatte ihm am Morgen nach dem Feuer erzählt, dass sie überzeugt war, Jenny habe den Brand aus Eifersucht gelegt. Was bedeutete, dass sie mit »die Person, die schuld ist« Jenny meinte. Und was hatte das getuschelte Telefonat mit Tinsley neulich im Stall zu bedeuten gehabt? Es war doch seltsam, dass Callie und Tinsley auf einmal wieder so dick miteinander waren. Easy richtete sich abrupt auf. »Du führst doch nichts im Schilde?«, fragte er. Seine Worte hingen im Raum, und er überlegte, ob er jetzt völlig durchdrehte, aber es war zu spät.
Callie blinzelte träge. Ihre Wimpern waren blond und hübsch ohne das schwarze Zeug, das sie die meiste Zeit draufschmierte. »Natürlich nicht.« Sie warf den Kopf zurück und ihr rotblondes Haar schwang nach hinten. Vor ein paar Wochen hatte sie sich die langen Locken schneiden lassen, jetzt reichten ihr die Haarspitzen genau bis auf die Schultern und umrahmten ihren langen, schlanken Hals. »Ich hab nur gemeint, dass wir keine Schuld haben und uns keine Sorgen machen müssen.« Sie beugte sich wieder vor und knabberte an seinem Ohrläppchen, und ihr heißer Atem streifte sein Ohr. »Wo waren wir doch gleich stehen geblieben?«
Easy schloss die Augen. Mit Callie zusammen zu sein, war so schön. Er wollte nicht, dass ihre Beziehung unter den Einfluss von seinem Verfolgungswahn bezüglich der Verdächtigenliste und des Feuers geriet. Wenn sie sagte, dass sie nichts im Schilde führte, dann war das auch so. »Wir waren genau hier stehen geblieben«, flüsterte er zurück und küsste ihre weichen, runden Lippen. Callie hatte es ja von Anfang an gesagt: Sie waren wieder zusammen, und das war das Einzige, was zählte.
Eulen.Net SMS-Eingang
CallieVernon:
ich kann das nicht durchziehen.
TinsleyCarmichael:
bitte?
CallieVernon:
easy riecht, dass ich was im schilde führe.
TinsleyCarmichael:
und?
CallieVernon:
und … das kann ich nicht riskieren. kannst du ab jetzt allein weitermachen?
TinsleyCarmichael:
meine güte. werd erwachsen, c!
CallieVernon:
sei doch nicht so. du weißt, dass du eier für zwei hast …
14
Eine Waverly-Eule weiß, dass ein Bild mehr sagt als tausend Worte
Normalerweise liebte Jenny die Geräuschkulisse in ihrem Lieblingskunstkurs Porträtmalen. Hocker, die über den Betonboden schrappten, und Stifte, die einen Maluntergrund bearbeiteten, reichten für gewöhnlich, um sie zu inspirieren. Sobald der Geruch von Ölfarbe und Terpentin in der Luft lag, war sie am Schaffen und konnte sich nicht mehr bremsen.
Aber heute fühlten sich ihre Finger schwer und unbeholfen an. Selbst nachdem sie ihre schicke Kunstmappe vor sich ausgebreitet und all ihre Derwent-Stifte nach Härtegrad sortiert und aufgereiht hatte, blieben ihre Hände unbeweglich vor Sorge. Sie starrte auf das leere weiße Zeichenpapier. Mrs Silver hatte ihnen zu Anfang der Stunde die Aufgabe gestellt, zu zeichnen oder zu malen, was sie wollten, solange es sich »aus den innersten Gedanken und Gefühlen speiste«. Es war so eine übergeschnappte unkonventionelle Übung, aber alle waren anscheinend begeistert, einmal Pause zu haben von den strikten Regeln, die sie sonst überall anstarrten. Überall wurde schon eifrig skizziert oder gemalt, doch Jenny war wie erstarrt. Es war, als hatte sie ihre »innersten Gedanken und Gefühle« so stark zu unterdrücken versucht, dass sie nun keinen Zugriff mehr auf sie hatte – wie ein Wasserhahn, aus dem kein Wasser mehr kam, nachdem man ihn abgeklemmt hatte.
Plötzlich beugte sich Mrs Silver über Jennys Schulter. Sie trug heute ein gebatiktes Minikleid mit dunkelroten Seepferdchen zu silbern glitzernden Leggins und dunklen Ugg-Stiefeln und ihr rundes, freundliches Gesicht war zu einem Fragezeichen verzogen.
»Startschwierigkeiten?«, fragte sie und
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