alle Waverly-Eulen jedoch Nicht Ganz So Neu nannten, und Jenny entdeckte in der Auslage ein Paar cooler weißer Ankleboots aus weichem Leder, die aus den Achtzigerjahren sein mussten. »Ich geh kurz rein, bin gleich wieder da«, verkündete Chloe und zischte in den Trödelladen, ehe Jenny oder Julian sie bremsen konnten.
Jenny wandte sich Julian zu, froh über die kurze Verschnaufpause von Chloe. »Das mit der Pizza war’ne gute Idee. Danke, dass du mich vom Campus geschleift hast.« Sie hielt sich zum Schutz vor der grellen Nachmittagssonne die Hand über die Augen und fragte sich, wo eigentlich ihre zerkratzte Fliegerbrille abgeblieben war. »Ich glaub, ich hatte schon einen Anflug von Anstaltskoller.«
»War mir ein Vergnügen.« Julian machte eine galante Verbeugung. Selbst jetzt war er noch größer als sie. »Nur das Beste für mein bestes Mädchen.«
Jenny kicherte. »Und ich dachte schon, du wolltest mich vom Campus haben, weil du mich vor deiner anderen Freundin versteckst.«
Julian richtete sich wieder auf. Das Blut war ihm zu Kopf gestiegen und er war etwas rot geworden. »Ja … sie kann ziemlich eifersüchtig werden. Ich muss mich vorsehen«, frotzelte er und lehnte sich an das Schaufenster.
»Was auch der Grund ist, warum du dich in der Besenkammer und hinter den Büschen vorm Mädchenwohnhaus versteckt hast, um mit mir zu reden?« Jenny legte kokett den Kopf schief, ihre dunklen Locken hüpften. Sie wusste nicht so ganz, was an Julian es war, aber er machte sie unbekümmert und übermütig, und trotzdem fühlte sie sich geborgen.
»Du hast mich durchschaut.« Er nickte und ein Lächeln kräuselte seine hübschen Lippen. Er beugte sich vor, dann warf er einen Blick in den Trödelladen. Jenny hoffte, er wolle sich nur versichern, dass Chloe nicht hersah, um ihr dann einen Kuss zu geben.
Sie blickte zu Julian auf und konnte ihr Grinsen nicht unterdrücken. War das zu fassen? Julian hatte sie die ganze Zeit gemocht. Er hatte es sogar so eingerichtet , dass er ihr begegnete! Was konnte sich besser anfühlen als das? Er war so lieb, so lustig, so süß … was, wie Jenny feststellte, genau die Eigenschaften waren, die sie auch an Easy angezogen hatten.
Aber Jenny wusste, dass Julian sie im Gegensatz zu Easy nie anlügen würde.
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Dienstag, 15. Oktober, 18:09 Uhr
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Wie steht’s?
Hey Chloe,
hoffentlich hast du den Tag gut verbracht. Dachte nur, ich sollte vielleicht bei dir vorbeikommen, wenn du dich für die Party heute Abend zurechtmachst …
Tinsley
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Dienstag, 15. Oktober, 18:11 Uhr
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AW: wie steht’s
Omeingott, Tinsley, das wäre total super! Kann’s kaum erwarten!
xxx
Chloe
PS Was ziehst du an? Meinst du, ich könnte mir was borgen?
18
Ein Waverly-Schüler spricht nicht schlecht über seine Freundin – erst recht nicht mit ihrem Ex
»Liest du echt nur den ganzen Tag Bücher? Du spielst nie ein Videospiel?« Sam warf Heaths Spielkonsole aufs Bett und glotzte Brandon erwartungsvoll an.
»Genau«, bestätigte Brandon kurz angebunden, damit Sam ihn hoffentlich endlich in Ruhe ließ. Er hatte gute Lust, sein Exemplar von Große Erwartungen wegzulegen – was er sowieso am liebsten tun wollte – und Sam mit dem Squash-Schläger eins auf die bereits demolierte Nase zu geben.
»Wenn ihr sonst keine Spiele habt, können wir dann wenigstens ein paar Mädchen besuchen?«
Brandon kochte immer noch, weil Heath ihm Sam aufgehalst hatte. Und er war immer noch völlig von der Rolle, dass Sage Francis bei ihm erschienen war – eine Augenweide in ihrem Jackie-O-Kleid und den glänzenden glatten blonden Haaren – und mit ihm geflirtet hatte. Sage Francis. Und alles, was er hatte tun müssen, war, eine kleine SMS zu schicken. Wer hätte gedacht, dass Mädchen so einfach gestrickt sein konnten? Heath bestimmt nicht, der seinem Schützling lauter verquere Ansichten in den Kopf gepflanzt hatte.
»Okay, gehen wir ein bisschen raus.« Brandon stand auf und zog sich seinen schwarzen Hugo-Boss-Pullover über das schlichte weiße American-Apparel-T-Shirt. Er schnappte seine abgegriffene Geldbörse von Prada und steckte sie in die Tasche seiner anthrazitfarbenen Hose.
»Mädchen besuchen?« Sam sprang auf