Rasant und Unwiderstehlich
»Ich sollte … äh … wohl lieber mal gehen?«
»Oh, okay.« Er nickte, unsicher, ob er nicht doch versuchen sollte, sie zum Bleiben zu überreden. Zumindest war er froh, dass Heath und Sam für ein paar Sekunden von der Bildfläche verschwunden waren; so konnte er sich wenigstens ohne neugierige Beobachter verabschieden. »Aber wir sehen uns später auf der Party, richtig?«
Sie sah über die Schulter und warf ihm ein flirtiges Lächeln zu. »Richtig.«
Die Türe fiel ins Schloss und Brandon legte sich wieder auf seine Daunendecke. Er ließ die nackten Füße über die Stelle gleiten, wo Sage gesessen hatte. Sie war noch warm. Wenn er Glück hatte, würde sich Sage auf die Jetzt-oder-nie-Stimmung der Party heute Abend einlassen. Und er auch.
Eulen.Net SMS-Eingang
SageFrancis:
brandon macht mir die sache viel zu leicht.
AlisonQuentin:
ach? hab ich’s dir nicht gesagt?
SageFrancis:
man darf doch schließlich hoffen …
AlisonQuentin:
hoffen wir lieber mal, dass wir morgen noch da sind, um unsere jungs zu genießen.
SageFrancis:
wow, jetzt bist du voll über meine gute laune getrampelt. ☹
AlisonQuentin:
oh, war nur ein witz! keine sorge, brandon heitert dich heute abend schon auf.
17
Eine weise Eule weiß, dass Flirten sogar mehr Spaß macht, wenn andere Eulen zusehen
»Anchovis, Artischocken und Algenblätter«, antwortete Julian und verzog Chloe zuliebe angeekelt das Gesicht. Jenny konnte nicht anders, sie musste auch kichern. »So, jetzt bin ich dran. Lass mich überlegen, ein schwieriger Buchstabe …« Er runzelte konzentriert die Stirn. »Wie wär’s mit ›M‹? Aber ›Mozzarella‹ gilt nicht.«
»Stopp meine Zeit«, sagte Chloe eifrig, die nun an der Reihe war, drei eklige Pizzabeläge zu nennen, die mit »M« anfingen. Julian sah auf sein nacktes Handgelenk und sagte: »Los.«
»Marshmallows …« Chloe suchte angestrengt nach einem weiteren Beispiel und verstummte. Jenny beobachtete, welch diebische Freude Julian an dem Spielchen mit Chloe hatte. Sie war froh, dass Julian vorgeschlagen hatte, bei Ritoli’s Pizza zu essen, weit weg von der tuschelnden Eulen-Meute. Es war so angenehm, den Geruch nach frisch gebohnerten Parkettböden aus der Nase zu bekommen und stattdessen leckere Pizza zu riechen.
Ritoli’s war ein italienischer Familienbetrieb, der seit Jahren im Zentrum von Rhinecliff ansässig war. Die Hälfte seines Umsatzes machte Ritoli’s wahrscheinlich mit nächtlichen Lieferungen an Waverly-Jungs – die andere Hälfte mit Waverly-Mädchen im Lokal. Bei den weiblichen Eulen war Ritoli’s sehr beliebt, weil hier immer niedliche junge Italiener kellnerten, alle dunkelhäutig und gut gebaut und äußerst dienstbeflissen und aufmerksam. Nicht dass Jenny das heute interessierte – sie war viel stärker an dem großen, zerzausten Jungen interessiert, der ihr gegenübersaß.
»Macadamia-Nuss!«, schrie Chloe plötzlich, sodass das Paar am Nebentisch erschrocken zusammenfuhr. »Ja, das ist gut!«, sagte sie aufgeregt.
»Verschwende deine Zeit lieber nicht mit Prahlereien«, zog Julian die Jüngere auf und deutete auf seine nicht vorhandene Uhr. »Du eierst jetzt schon fast’ne halbe Stunde herum.«
»Quatsch, stimmt ja gar nicht!«, beschwerte sich Chloe bei Jenny und bearbeitete das rot-weiß karierte Tischtuch aufgewühlt mit den Zinken ihrer Gabel.
Jenny zuckte die Schultern und hielt die Hand schützend über ihre rote Plastikuhr. Sie trug ihr schwarzes Lieblings-T-Shirt mit Puffärmeln von Jill Stuart, dazu ihre farbbekleckste Antik Denim mit den Röhrenbeinen, und sie fühlte sich hübsch, selbstsicher und völlig entspannt. Vielleicht lag das aber auch an Julian.
»Ihr schummelt doch!«, begehrte Chloe auf, war aber gleich abgelenkt, denn ihr Kellner brachte eine riesige Pizza mit saftigem Käse-Pilz-Belag und stellte sie vor ihnen auf den Tisch. Zum Glück war es ein Kellner, den Jenny nicht kannte. Sie war froh, Angelo nirgends zu entdecken. Das war der Kellner, den Tinsley beim letzten Treffen der Café-Society gezwungen hatte, beim Flaschendrehen mitzuspielen. Die Café-Society war ein verlogener Club exklusiv für coole Girls gewesen, den Tinsley ins Leben gerufen hatte und der wieder in der Versenkung verschwunden war, ehe er sich überhaupt etabliert hatte.
Julian sah Jenny an und zog eine Augenbraue hoch, wie ein Schurke aus der Theaterserie, die ihr Vater am Samstagnachmittag manchmal auf dem
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