Rasheed, Leila

steigen wollte, eilte ein Lakai atemlos auf sie zu.
    »Eilzustellung, Mylady. Das ist gerade angekommen.« Er reichte ihr eine kleine weiße Schachtel.
    »Für mich?« Ada war überrascht. Sie öffnete den Deckel, und ein üppiger, köstlicher Duft stieg ihr entgegen, ein Duft, bei dem ihr schwindelte vor lauter Erinnerungen an Indien. In der Schachtel lag ein Sträußchen weißer Blumen, deren Blüten wie eigenwillige, exotische Skulpturen geformt hatten.
    »Wie hübsch«, sagte Mrs Verulam und beugte sich vor, um besser sehen zu können. »Ich glaube, das sind indische Orchideen. Wer hat denn die geschickt?«
    »Ich weiß es nicht.« Errötend begegnete Ada Roses Blick. »Es liegt keine Karte bei.«
    Natürlich wusste sie es. Die Blumen waren von Ravi. Mussten von ihm sein. Ohne Charlottes kaltes Starren zu beachten, nahm sie Lord Fintans Blumen von ihrem Kleid ab und steckte sich einen Orchideenstängel an. Diese Blumen würde sie tragen und keine anderen.
    Bei Hofe ging es gedämpft zu, und die jungen Mädchen, die gleich ihren Knicks machen würden, warteten nervös in einer Schlange vor der Tür des Prunksaals, bis eine nach der anderen aufgerufen wurde, um vor die königlichen Hoheiten zu treten.
    »Lady Ada Averley!«, verkündete der Lakai. Ihre Majestäten lächelten huldvoll, als die junge Dame mit gesenktem Blick auf sie zutrat und elegant in einen tiefen Hofknicks versank.
    Charlotte beobachtete sie von ihrem Platz in der Schlange aus. Sie war nicht bei der Sache. Die Zeremonie war für sie ohnehin ruiniert. Alle ihre Freundinnen lachten sie aus, weil sie ihren Knicks neben einem Hausmädchen machen musste. Und fast schlimmer noch war die Nachricht von Lord Fintan und Ada. Die eine Stiefschwester aus dem Plebs, die zweite ein schamloses Luder, das anderen den Mann ausspannte.
    »Lady Rose Averley!«
    Charlotte presste die Lippen zusammen, dass sie noch weißer wurden als ihre Perlen, die einen schwachen, dennoch dreisten rosa Schimmer hatten. Rose wirkte etwas zittrig, aber zu Charlottes großer Enttäuschung stolperte sie nicht, und ihr Knicks war ein Muster an Eleganz und Anmut.
    »Miss Charlotte Templeton!«
    Oh, sie würde ihre Rache schon noch auskosten, dachte Charlotte, als sie vorwärts schwebte und in einen tiefen Knicks versank, dass ihre weißen Satinröcke auf dem blutroten Teppich raschelten. Sie hatte gesehen, wie Ada sich mit diesem dreckigen Inder kompromittiert hatte. Und den Zeitpunkt, dieses Wissen zu nutzen, würde sie genauso wählen wie ein Mann seine Waffe wählt, wenn er gezwungen war, um sein Leben zu kämpfen – mit der allergrößten Sorgfalt.

Über Leila Rasheed
    Leila Rasheed hat ihre Wurzeln sowohl in Bangladesch als auch in England. Sie wuchs in Libyen auf, lebte einige Jahre in Brüssel und verbrachte viel Zeit in Italien. Heute lebt sie zusammen mit ihrem Mann, einem dänischen Saxophonisten, in Birmingham.

    Weitere Informationen, auch zu E-Book-Ausgaben, finden Sie bei
www.fischerverlage.de

Impressum
    Covergestaltung: bürosüd°, München
    Coverabbildung: Arcangel Images

    Erschienen bei FISCHER E-Book
    Die Originalausgabe erschien 2013
    unter dem Titel ›Cinders & Sapphires‹ bei Hyperion,
an Imprint of Disney Book Group, New York
    Originally published in the United States and Canada by Disney Hyperion as CINDERS & SAPPHIRES.
This translated edition published by arrangement with Disney Hyperion
    © 2013 by Disney Publishing Worldwide
    Für die deutschsprachige Ausgabe:
    © S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2013

    Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
    Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
    ISBN 978-3-10-402631-2



Wie hat Ihnen das Buch ›Rückkehr nachSomerton Court‹ gefallen?
Schreiben Sie hier Ihre Meinung zum Buch
Stöbern Sie in Beiträgen von anderen Lesern

    © aboutbooks GmbH
Die im Social Reading Stream dargestellten Inhalte stammen von Nutzern der Social Reading Funktion (User Generated Content).
Für die Nutzung des Social Reading Streams ist ein onlinefähiges Lesegerät mit Webbrowser und eine bestehende Internetverbindung notwendig.