Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rasheed, Leila

Rasheed, Leila

Titel: Rasheed, Leila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rueckkehr nach Somerton Court
Vom Netzwerk:
um dieses Chaos von Gedanken und Gefühlen aus ihrem Kopf zu vertreiben. Sie brauchte Georgiana.

    Ada fand Georgiana im Musikzimmer am Klavier, mitten in einem Walzer. Ihre Wangen leuchteten rosig, und Ada lächelte, als sie ihre Schwester so glücklich sah.
    »Ada!« Kaum hatte Georgiana sie erblickt, brach sie den Walzer mit einem abrupten Akkord ab, dass die Büsten der großen Komponisten in ihren Nischen erzitterten. Sie sprang vom Klavierhocker auf. »Wie wunderbar, wenn man endlich wieder auf einem gestimmten Instrument spielen kann. Hast du das Haus schon erkundet?«
    »Ich dachte, vielleicht kommst du mit?«, erwiderte Ada. »Ich brauche frische Luft und möchte mir gerne die Gärten ansehen.« Und sie wollte nicht allein herumsitzen und sich mit Varleys Antrag quälen. Sie war im Zwiespalt, ob sie Georgiana davon berichten sollte. Obwohl sie nichts lieber täte, als sich ihrer Schwester anzuvertrauen, gab es zu viel, was sie ihr verschweigen musste. Vielleicht sagte sie lieber gar nichts. Aber es schmerzte sie, dass sie nun ein Geheimnis vor Georgiana hatte. Noch nie hatte sie vor ihr etwas verbergen müssen.
    Sie gingen die Haupttreppe hinunter. Ada spürte die Blicke aller ihrer Vorfahren, die von den Familienporträts auf sie herabsahen. Wie konnte sie ihre eigenen Träume über die Ehre der Earls von Westlake stellen? Und doch … wie könnte sie ihr ganzes Leben mit Varley verbringen, wenn sie dabei immer an die Sterne, die Meeresbrise und einen jungen Mann denken musste, der sich geschmeidig wie ein Tiger bewegte?
    Im verzweifelten Bedürfnis, ihren rebellischen Gedanken zu entkommen, rannte sie die letzten Stufen hinunter, lief in den Salon und riss die Terrassentüren auf. Dankbar sog sie die frische Landluft ein. Vor ihr lag eine zauberhafte, schattige Terrasse, auf der große Kübel mit Farnen standen; eine Treppe führte zum grünen Rasen hinunter.
    »Ich kann’s immer noch nicht fassen, dass wir endlich wieder zu Hause sind!« Georgiana machte ein paar Hopser, als sie über die Terrasse liefen. Ihr Gesicht strahlte vor Glück. Sie wischte sich eine Haarsträhne aus den Augen und lächelte ihrer Schwester zu. »Und hast du dieses Hausmädchen in der Eingangshalle gesehen? Die musst du doch erkannt haben! Das war Rose. Du erinnerst dich doch an sie? Wir haben die ganze Zeit miteinander gespielt. Ist sie nicht hübsch geworden, und so elegant? Was meinst du – darf ich sie fragen, ob sie sich an unsere gemeinsamen Spiele erinnert? Oder wäre das unpassend?«
    Ada lachte. Sie stiegen die Terrassenstufen bis zum Rasen hinunter.
    »Vergiss nicht, dass wir keine Kinder mehr sind. Du darfst sie nicht in Bedrängnis bringen.«
    »Wahrscheinlich hast du recht.« Georgiana stieß einen kleinen Seufzer aus. »Wir haben alle unseren Platz und dürfen ihn nicht verlassen.«
    »Ja … wie die Figuren auf einem Schachbrett«, sagte Ada mit leiser Traurigkeit.
    »Manche von uns sind eben Bauern, andere sind Königinnen.« Da flog ein Schwarm krächzender Krähen über sie hinweg, und Georgiana blickte zu ihnen hoch. »Ich frage mich, wie wir für diese Vögel aussehen – vielleicht können sie von oben keine großen Unterschiede zwischen uns erkennen.«
    Sie gingen weiter. Ada sah auf die sanften Hügel und die schattigen Wälder hinaus und hing ihren eigenen Gedanken nach. Georgiana brach das Schweigen.
    »Manchmal dachte ich, wir fahren nie wieder nach Hause zurück. Nach Mamas Tod konnte ich mir unmöglich vorstellen, ohne sie nach Somerton Court zurückzukehren.« Sie seufzte. »Ich nehme an, Papa ist sehr in Mrs Templeton verliebt.« Ihre Stimme hatte allen Schwung verloren.
    »Selbstverständlich ist er das«, sagte Ada genauso matt. Ihr Vater hatte seine Verlobte bei seiner letzten Englandreise kennengelernt. Sie hatte beobachtet, wie sein Gesicht jedes Mal aufleuchtete, wenn beim Frühstück ein lavendelfarbener Umschlag in der Post lag. Anders als ihre Schwester war sie nicht überrascht, als ihr Vater seine Verlobung ankündigte.
    »Hmm. Kaum zu glauben, in seinem Alter.«
    Da blitzte in Adas Augen ein schelmisches Lächeln auf.
    »Georgie! Du klingst wie eine alte Dame!«
    »Ich finde die Liebe wunderbar, so romantisch! Aber … ich wünschte, wir müssten nicht mit Fremden leben. Ich kann den Gedanken nicht ertragen.«
    Ada sah ihre Schwester fest an. »Das haben wir doch alles schon besprochen, Georgie. Wir müssen mit ihnen leben, da bleibt uns keine Wahl, also sollten wir versuchen, das Beste

Weitere Kostenlose Bücher