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Rasheed, Leila

Rasheed, Leila

Titel: Rasheed, Leila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rueckkehr nach Somerton Court
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überfüllt. Ada machte die Runde, kümmerte sich um die Gäste, ließ die Lakaien frischen Champagner und neue Petits Fours bringen. Die ganze Zeit brannte Ravis Nachricht wie ein Versprechen auf ihrem Handgelenk. Um sich abzulenken, beobachtete sie Charlotte, die wie ein Kolibri von einem Mann zum nächsten flatterte, emsig und gezielt. Sie hatte eine aufreizende Art, beim Lachen den Kopf zurückzuwerfen, um ihre alabasterweiße Kehle zur Schau zu stellen und dazu eine Spur zu viel von ihrem Dekolletee, in dem, so verlockend wie ein Köder am Angelhaken, ein Diamant hing. Und einige der Gentlemen waren in der Tat sehr große Fische, behangen mit Titeln und Besitztümern wie Schuppen.
    Georgiana bahnte sich mit roten Wangen und glänzenden Augen ihren Weg durch die Gäste und kam auf sie zu. »Ist Michael nicht irrsinnig komisch?«, rief sie. »Ich hoffe, er wird nicht wieder in ein Internat gesteckt. Es wäre so viel amüsanter, ihn hier zu haben.«
    »Amüsant?« Ada sah ihre Schwester erstaunt an. »Also dieses Wort hätte ich nicht gewählt, um seine Gesellschaft zu beschreiben.«
    Georgiana zuckte etwas trotzig mit den Achseln. »Du musst ihn nur besser kennenlernen …«
    »Wenn ich seine Mutter richtig verstanden habe, gibt es keine Schule mehr, die ihn aufnimmt, also wird dir dein Wunsch womöglich erfüllt.«
    »Ja, ja, ich weiß, es macht sich nicht gut, von der Schule verwiesen zu werden, aber Rugby hört sich auch echt verstaubt und langweilig an. Ich kann nicht glauben, dass sie so ein Theater wegen eines kleinen Feuerchens gemacht haben. Es hat sich nicht mal ausgebreitet. Und schließlich war es eine Mutprobe, da konnte er schlecht kneifen.« Sie reckte den Hals, um durch die Menge zu spähen. Der Ausdruck in ihrem Gesicht, ihre leicht geöffneten Lippen erschreckten Ada. Sie konnte etwas in ihrem Blick sehen, das auch sie selbst empfunden hatte – was für ein Vorbild war sie nur für ihre jüngere Schwester? »Georgie, mit diesem Jungen … bitte mach dich seinetwegen nicht zum Gespött«, fuhr es Ada unbedacht heraus. Als sie sah, wie verletzt Georgiana war, bereute sie ihre Worte sofort.
    »Ich weiß nicht, warum du so grausam sein musst. Vielleicht mache ich mich gar nicht zum Gespött. Man kann auch jemanden lieben, wenn man keine Schönheit ist.«
    Und schon war sie fort, in der Menge verschwunden. Ada starrte ihr nach, doch der Duke von Brentford trat ihr in den Weg und gratulierte ihr zu ihrer neuen Familie.
    Er ließ den Blick durch den Raum schweifen. »Ich freue mich, dass so viele hier sind«, fuhr er fort.
    Ada nickte mit einem Lächeln. Die Bedeutung seiner Worte ging ihr erst auf, nachdem er schon weitergeschlendert und Lady Fairfax an seine Stelle getreten war. Sie drückte sich weniger taktvoll aus.
    »Es hat mir so leidgetan, von den Unannehmlichkeiten Ihres Vaters zu hören!« Ihre Augen blitzten vor Gier, den neuesten Tratsch zu erfahren. »Aber das hat der regen Teilnahme an diesem Ereignis offenbar nicht geschadet, nicht wahr?«
    Natürlich, erkannte Ada. Wahrscheinlich drehte sich mindestens die Hälfte der Gespräche im Raum um den Rücktritt ihres Vaters.
    »Er hat nichts getan, dessen er sich schämen müsste«, sagte sie mit fester Stimme.
    »Ganz gewiss nicht! Aber ist es nicht schrecklich, wie sich Gerüchte verbreiten? Wir haben gehört, er sei einfach zu den Einheimischen übergewechselt und habe die Rebellen in Bengalen unterstützt …?« Sie verstummte hoffnungsvoll, doch Ada konnte und wollte sich dazu nicht äußern.
    »Ich muss meine Schwester suchen«, entschuldigte sie sich. Aber als sie sich einen Weg durch die Menge bahnte, war sie mit ihren Gedanken nur halb bei Georgiana, denn sie belauschte die Gespräche ringsum. Die Worte schockierend, beschämend und Rücktritt sirrten um sie herum wie Stechmücken. Und etliche Gäste verstummten hastig, als sie vorbeiging.
    Hocherhobenen Hauptes durchquerte Ada den Saal. Es gab nichts, dessen sie sich zu schämen brauchte, und niemand würde sie zum Erröten bringen. Aber dann sah sie William in einer Gruppe von Männern stehen, zu der auch Ravi und Douglas Varley gehörten. William redete laut, hochrot im Gesicht, und gestikulierte mit seinem Glas so wild, dass der Sherry herausschwappte.
    »Ich weiß, dass der alte Fuchs selbst keine blütenweiße Weste hat«, dröhnte er. »Und dann kommt er her, um mir Moralpredigten zu halten. Na, wir werden sehen.«
    Wie unerträglich peinlich! Entsetzt schloss Ada die Augen.

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