Rashen - Einmal Hölle und zurück: Roman (Neobooks) (German Edition)
rein!«, ruft mir die Schreibtischschlampe mit ihrer schrillen Stimme hinterher, doch ich ignoriere ihren Ruf und laufe geradewegs durch die Tür in den Saal.
Ich entdecke Pragaz auf seinem Thronsessel, die Beine lässig übereinandergeschlagen, während ein Dämon in Menschengestalt vor ihm kniet. Erstaunt hebt Pragaz die buschigen Brauen.
»Rash.«
Diesen Namen hat er schon sehr, sehr lange nicht mehr verwendet. Dunkel erinnere ich mich daran, wie er mich, fünfzig Jahre jung, bloßgestellt und meinen Bruder meiner Wenigkeit vorgezogen hat. Ist das wirklich schon mehrere Menschenleben her?
Mit einem Wink verscheucht Pragaz den Dämon, der aufspringt und mir einen giftigen Blick zuwirft, als er an mir vorbeigeht.
Pragaz mustert mich eingehend. »Was kann ich für dich tun?«
»War das geplant?«, frage ich.
Das schmierige Lächeln des Fürsten strahlt mehr Bösartigkeit aus als alle Taten der Unterwelt zusammengenommen. Wie lange sitzt er schon auf seinem Thron, wie viele Menschenleben hat er auf dem Gewissen?
»Wovon sprichst du?«
»Coggswell.« Ein Name, den ich mit zusammengebissenen Zähnen hervorbringe.
»Das Menschenmädchen also. Ist ihre Seele schon hier unten?«
Ich hülle mich in beharrliches Schweigen, was der Fürst richtig deutet und ihn missbilligend mit der Zunge schnalzen lässt.
»Also nicht. Und du glaubst, ich habe etwas damit zu tun. Irrtum, mein kleiner Dämon, das ist nicht der Fall. Du hast dich auf etwas eingelassen, das ich nicht dulden werde. Da hat der da oben mitgemischt. Das tut er öfters, der Drecksack, vermiest mir meine Arbeit und klaut mir meine Dämonen, indem er sie zu fühlenden Lebewesen macht!« Pragaz beugt sich vor, seine Stimme bebend vor Wut. »Und da fragst du mich, ob ich etwas damit zu tun habe … Eine unglaubliche Bodenlosigkeit! Das ist es doch, nicht wahr, Rash? Gefühle … Deswegen bringst du das Mädchen nicht runter. Du kannst es nicht!«
Seine Worte treffen mich wie ein Faustschlag. Gefühle. Ich kann nichts empfinden, ist es das, was meine Brust so schmerzvoll verengt?
Pragaz erhebt sich aus seinem Thron, kommt mit bedächtigen Schritten näher. Er ist hochgewachsen, breitschultrig und erstaunlich fit für sein Alter. Die Arme hinter seinem Rücken verschränkt, beginnt er mich zu umkreisen. Ich drehe mich um die eigene Achse, lasse ihn nicht aus den Augen. Die rotglühende Iris erfasst mich mit ihrem ärgerlichen Funkeln.
»Was willst du, Rashen? Warum bist du gekommen?«
Ich weiß, warum. Ich bin hier, um ihm einen Tausch vorzuschlagen. Meine Unsterblichkeit gegen Claires Seele. Es ist abartig, kopflos und die einzige Möglichkeit, wie ich einem direkten Tod entkommen kann.
Ich drücke den Rücken durch und sage mit fester Stimme: »Ich werde dir Claire Coggswells Seele nicht bringen.«
Pragaz sieht mich ungläubig an. Etwas Lauerndes liegt in seiner Haltung. Er hält inne, aber schreitet anschließend wieder um mich herum.
»Dir ist klar, was das für Konsequenzen mit sich bringt, nicht wahr?«
»Ja.«
»Warum bist du dann gekommen?«
»Meine Unsterblichkeit für Claires Seele.«
Meine Worte sind schlicht. Sie verfehlen aber nicht ihre Wirkung. Er blickt mir tief in die Augen, bis sich ein geheimnisvolles Lächeln auf seine Züge stiehlt.
»Wie hast du dir das vorgestellt? Ich schenke dir ein Menschenherz, und du lebst dein glückliches Leben mit diesem Mädchen, bis du stirbst? Spätestens dann sehen wir uns wieder, mein Freund.«
Mit hochgezogenen Augenbrauen unterzieht mich der Fürst einer eingehenden Musterung. Der Gedanke scheint gar nicht so ungelegen zu kommen, denn mit einem zufriedenen Ausdruck tritt er zurück und nickt.
»Du bist selbst schuld, wenn du deine Unsterblichkeit wegen dieser Coggswell eintauschen willst. Aber du bist infiziert. Mit Menschlichkeit.« Abfällig verzieht er das Gesicht, so als habe er auf etwas Bitteres gebissen. »Es wird für dich so oder so keinen anderen Weg geben. Aber ich will dir entgegenkommen. Für deinen Mut. Jeder andere hätte sich verkrochen und darauf gewartet, bis ich seine Degradierung eingefädelt hätte. Nein, Rashen. Du hast die Eier, hier aufzutauchen und mich zu beschuldigen, für deine kleine Misere verantwortlich zu sein. Das amüsiert mich zutiefst.« Er scheint seine nächsten Worte abzuwägen. »Deine Unsterblichkeit aufzugeben ist ein starkes Stück. Aber mir gefällt die Vorstellung, dass ich dich jederzeit holen kann, so ganz ohne Vorwarnung.« Er wirft mir einen
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