Rashen - Einmal Hölle und zurück: Roman (Neobooks) (German Edition)
Sache.«
Nazar seufzt und sieht mich an, als würde er einem kleinen Kind das Einmaleins erklären. Ich trommle ungeduldig auf der Lehne herum.
»Ich habe einen Zauber entwickelt, der es ermöglicht, für immer einen Oishine zu bannen. Ich weiß nicht, ob Hoyt darauf stößt, aber es wäre durchaus denkbar.«
Nun hat Nazar meine volle Aufmerksamkeit. Ich habe das Gefühl, als würde mir plötzlich jemand die Luft abdrücken. Der Boden unter meinen Füßen beginnt verdächtig zu wanken. Zum Glück sitze ich bereits.
»Du meinst …«, ich wage es nicht, diesen Gedanken zu Ende auszusprechen.
»Ja. Er könnte darauf aus sein.«
Ich schlucke hart. Auf meinem Rücken bildet sich eine Gänsehaut, als die Bedeutung seiner Worte in mein Bewusstsein einsickert.
»Wie hat er von der Sammlung erfahren?«
»Ich fürchte, ich bin nicht ganz unschuldig …«
»Deswegen tauchst du hier auf und willst mir helfen. Dein schlechtes Gewissen hat dich getrieben. Bei den Fürsten! Wenn dieser Stümper es schafft …« Mein Herzschlag dröhnt in meinen Ohren. Scheiße.
»… bist du für immer an diesen menschlichen Körper gebunden, ja.«
»Wer ist für immer an einen menschlichen Körper gebunden?«
Überrascht sehe ich auf und bemerke Claire hinter Nazar in der Tür lehnend, wie sie ihre Zöpfe löst und sich durch das schweißnasse Haar fährt. Der hochgewachsene Körper des Hexenmeisters verdeckt ihre Gestalt fast gänzlich, was ihn dazu veranlasst, einen Schritt zur Seite zu treten. Ihr ganzer Körper ist mit Schweiß bedeckt, immerhin, sie trägt Unterwäsche. »Das geht dich nichts an, Menschlein. Geh den Kerlen wieder deine Möse zeigen, darauf freuen sie sich schon den ganzen Abend.«
»Eigentlich ist es gar nicht so schlecht, wenn sie davon hört«, widerspricht mir Nazar und macht Claire Platz, die daraufhin eintritt und den Hexenmeister mustert. Dann stemmt sie ihre Hände in die schmale Hüfte und funkelt ihn an, so dass ich fast Nazars Worte vergesse. »Ich bin Air. Das ist mein Privatzimmer. Keine Ahnung, was sich Rashen dabei gedacht hat, aber ich habe hier ungern fremde Leute in meinem Zimmer, kapiert? Wenn du also …«, sie verstummt. Ihre Augen werden rund und bekommen einen glasigen Glanz, sie lässt die Arme sinken, der Mund öffnet sich zu einem runden O.
Da hat wohl einer das Licht ausgeknipst. Ich lehne mich wieder zurück und schlage ein Bein über das andere. Diese Show will ich mir nicht entgehen lassen.
»Ich bin Nazar Malovic, und du hast dich ein wenig im Ton vergriffen, junge Dame«, murmelt er und blickt Claire konzentriert in die Augen.
Ich bemerke sehr wohl, wie seine Haut zu bröckeln beginnt und langsam zerfällt und in kleinen Körnchen auf den Boden segelt, wo sie zu Asche zerfällt. Darunter kommt das wahre Gesicht des Hexenmeisters zum Vorschein. Die lederne, schwarze Haut hat nichts mit der Haut eines Maximalpigmentierten gemein. Nein, diese Haut hat die Konsistenz der eines Krokodils. Die grauen Haare fallen nach und nach ab, sein Schädel wächst um wenige Zentimeter in die Länge, seine Nase wird kleiner, schmäler, eine Mischung aus Michael Jackson und Voldemort.
Der Anzug macht ein berstendes Geräusch, als Nazar weiter anwächst und befreit aufatmet. Mit einem zufriedenen Grunzen schaut er mich aus seinen lilafarbenen Augen an.
»Bitte, eine Stripperin reicht doch«, sage ich trocken und betrachte meine Fingernägel.
Nazar Malovic hüllt sich in Schweigen, zieht den Anzug von seinen Schultern, der kurz darauf ebenfalls zu Asche zerfällt und anschließend ganz verschwindet. Er steht nun nackt und gebückt im Raum. Sein Kopf stößt fast an die Decke, er muss ihn einziehen. Müde schließt er die Augen, Claire erwacht aus ihrer Starre.
»Was sollte das?«, fragte sie trocken.
Ich weiß genau, warum Claire ihn nicht so sieht wie ich. Aus demselben Grund, warum Menschen keine Dämonen sehen können. Sie besitzen nicht das Auge. Den inneren Blick für Dämonen, Mischwesen oder die Zwischenwelt. Deswegen würden sie auch nie die Türen, Aufzüge oder anderen Eingänge in die Unterwelt finden. Weil sie dazu schlicht und einfach nicht in der Lage sind.
»Sie sieht mich noch immer als Mensch«, erwidert Nazar, bestätigt meine Vermutung, schaut mich nun direkt an und dreht den goldenen Ring, der an seinem spindeldürren Finger steckt. Schwarze Bänder schießen aus seinen Händen, wickeln sich geschmeidig wie eine Schlange um seine Arme. Schulteraufwärts, den Rücken hinab,
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