Rashen - Einmal Hölle und zurück: Roman (Neobooks) (German Edition)
meine Gedanken und blickte mich an.
»An nichts Bestimmtes. Höchstens daran, wie deine Kasse wieder klingelt, sobald Mr. Schauspieler einen neuen Auftrag bekommt.«
James grinste, und der nachdenkliche Ausdruck verschwand schlagartig aus seinem Gesicht.
»Champagner, auf meinen nächsten Scheck?«
»Wir sind spät dran«, sagte ich mit einem Blick auf meine schmale Armbanduhr. »Der Taxifahrer dürfte mittlerweile schon mindestens zwanzig Pfund durchs Rumstehen verdient haben.«
James schenkte mir ein breites Lächeln.
»Das liebe ich so an dir. Deine Sprüche«, lachte er und küsste kurz meine Nasenspitze, ehe er sich die hellblaue Krawatte umband und sich das schwarze Sakko überzog.
»Ich weiß ja nicht, ob du gerne nur in Dessous in der Öffentlichkeit herumrennst, aber ich glaube, so kann ich dich leider nicht mitnehmen.«
Ich schaute verblüfft an mir herab. Tatsächlich, ich trug immer noch nur meinen schwarzen Spitzen-BH und den passenden Tanga. Klamm zog sich mein Herz zusammen. Wie nah James mit seinen Worten der Wahrheit über mein Leben kam, war erdrückend.
Ein Stein legte sich auf meine Brust, und ich wandte beschämt den Kopf ab, damit er nicht die Röte auf meinen Wangen bemerkte. Die Wahrheit. Was war schon die Wahrheit, wenn es sich mit einer Lüge so viel einfacher lebte?
James würde mein zweites Ich, das sich räkelnd an einer Stange rieb, niemals akzeptieren. Nicht einmal, wenn er es müsste.
»Was ist? Habe ich etwas Falsches gesagt?«
Hastig schüttelte ich den Kopf. Meine rötlichen, gestuften Haare flogen um meine Schultern, butterweich. Mit seiner hochgewachsenen Gestalt, dem ernsten Blick und in seinem Anzug wirkte er wie ein wichtiger Banker. Wichtig, genau das wollte er immer sein.
»Ich hab nur keine Ahnung, was ich anziehen soll«, murmelte ich und verschwand ins Zimmer, James’ Blick im Nacken spürend.
Ich war traurig.
Ich belog meinen Verlobten. Dabei wollte ich ihn heiraten. Ich wollte Kinder mit ihm bekommen. Aber konnte ich überhaupt mit einem Menschen, der nur einen Teil meiner selbst kannte, eine Familie gründen? Auf einem wackligen Gerüst eine Ehe aufbauen? Ich versuchte meine gehobene Stimmung wiederzuerlangen, doch auch meine neuen Schuhe und das feuerrote Cocktailkleid konnten mich nicht aufheitern.
Nein, James würde die Wahrheit nicht mal akzeptieren, wenn ich ihn auf Knien darum anflehte.
Kapitel 8
Über Umwege kommt man bekanntlich auch ans Ziel. Es dauert nur etwas länger.
E s dämmert bereits, als wir in eine schmutzige Seitenstraße einbiegen und Claire vor einem Mehrfamilienhaus stehen bleibt. Rotes Backsteingebäude.
Nazar ist im Morgengrauen mit den letzten Gästen verschwunden. Ein kurzes Zurückverwandeln in seine menschliche Gestalt, ein Flirt mit Oprah, der schwarzen Barkeeperin, dann ist er weg gewesen. Seine Schuld an dem Debakel sei beglichen, O-Ton der mächtigste Hexenmeister Europas. Ich wüsste ja jetzt, dass ihm ein Fehler unterlaufen sei und Hoyt eventuell die Formel benutzen würde.
Wer ein ist, braucht keine Freunde.
»Meine Mitbewohnerin macht ein Auslandssemester, du schläfst also in ihrem Zimmer«, weist Claire mich an, sobald sie die Tür im dritten Stock geöffnet hat. Ihr Duft schlägt mir entgegen, es müffelt ein wenig.
»Schon mal was von Lüften gehört?«
»Benimm dich, Oishine. Ich bin nicht diejenige, die nach Stockholm und irgendeinen wildgewordenen Hexenlehrling zur Strecke bringen muss, nur weil er möglicherweise deinen Arsch für immer in diesen Körper bannt.«
Ich brummle irgendeine unverständliche Antwort und sehe mich neugierig in der Wohnung um. Der winzige Flur führt direkt in ein kleines Wohnzimmer mit einer Bar und einer angrenzenden, offenen Küche. Badezimmer links, zwei verschlossene Türen auf der rechten Seite. Ich wette, hinter einer der Türen befinden sich ein gewaltiges Bett, eine eigene Polestange und ein Kleiderschrank voller Dessous.
Innerlich reibe ich mir die Hände und presse mich an Claire vorbei, die mir verdutzt folgt.
»Deins?«, frage ich.
»Das andere. Aber das ist für dich tabu«, sagt sie, als ich bereits die Klinke hinunterdrücken will.
»Keine falsche Scheu, Schätzchen, ich habe deinen Hintern und das kleine, süße Dreieck zwischen deinen Beinen gesehen. Was kann dieses Zimmer noch an Intimität besitzen, das ich nicht bereits von dir kenne?«
Claire presst die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen, was sie gerne macht, wenn sie sauer ist, und funkelt
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