Rashminder Nächte (German Edition)
das zu hören, was nicht für seine Ohren bestimmt war, und sehr sorgsam zu entscheiden, wem er diese Geheimnisse weitergab. Genau deshalb saßen Kaiden und er zur dritten Morgenstunde in der bereits fünften Taverne – sie hatten erst einige andere Quellen abgeschöpft, aber Lark war von Anfang an ihr Ziel gewesen –, tranken Bier, spielten Karten und zeigten nebenher das Bild von Fillip all jenen, die möglicherweise etwas wissen könnten. Bislang war ratloses Schulterzucken die einzige Antwort gewesen, doch Lark studierte die Zeichnung nun bereits seit mindestens zwei Minuten, und das war ein gutes Zeichen.
Die Art, wie Kaiden umnebelt grinste und einer grässlichen Statue irgendeiner nichtmenschlichen Wesenheit die Geheimnisse der Berechnung von Kreisen und deren Bedeutung für das Universum enthüllte, war ganz entschieden kein gutes Zeichen. Der Magier war nur bis zu einem gewissen Punkt trinkfest, und den hatten sie offenbar schon vor einer Stunde überschritten. Eryk beschloss, alle weiteren Nachforschungen auf morgen zu verschieben, sollte Lark ihnen auch nicht weiterhelfen können.
„Ein Magier ist verwickelt, sagtest du?“, murmelte Lark in diesem Moment. Bei der Lautstärke, die in der Taverne herrschte, bedeutete Murmeln, dass er in Eryks Ohr brüllte. Keine angenehme Erfahrung, denn Larks Atem stank so widerlich, dass Kaidens ungewaschene Socken dagegen wie ein liebliches Duftröschen erschienen.
„Ay, ein Magier. Weißt du nun was oder nicht?“
Lark zögerte. Er war Mitte vierzig und besaß noch alle Zähne, was man in dieser Stadt und bei seinem Talent nur schaffte, wenn man wirklich sehr besonnen beim Handel mit Informationen war.
Schließlich seufzte er und nickte zu Kaiden hinüber.
„Sammle deinen Partner ein, meine Schwester macht mich einen Kopf kürzer, wenn die Statue beschädigt wird. Kommt mit ins Hinterzimmer.“
Die Taverne gehörte Larks ältester Schwester Vanda, eine Frau, mit der sich nicht einmal Leute anlegen wollten, die sonst ohne zu zögern in eine Drachenhöhle marschieren würden.
Kaiden war nicht allzu kooperativ, ließ sich aber ohne Anwendung von Gewalt davon überzeugen, dass sein Gesprächspartner auch ohne ihn und die höhere Mathematik überleben würde. Eryk schubste ihn im Hinterzimmer liebevoll in eine Ecke, deckte ihn mit seinem Mantel zu und tätschelte beruhigend seine Wange, als er Anstalten machte wieder aufzustehen. Kaiden sank jammernd zurück und versuchte sich am Boden festzuhalten.
„Ihr wollt’s wirklich wissen, hm?“, fragte Lark amüsiert, wurde allerdings sofort wieder ernst. Er vergewisserte sich zweimal, dass die Tür verriegelt war und zog Eryk dann in die Mitte des Raumes, wo er ihn beschwor, sehr leise zu sprechen.
„Übertreibst du es nicht ein bisschen? Wer soll uns denn hier belauschen?“ Larks Benehmen war wirklich beunruhigend.
„Lieber dreimal hingeguckt als einmal in die Scheiße getreten“, murmelte Lark, diesmal kaum hörbar. „Is’ ne brisante Sache, wenn es das ist, was ich vermute. Schon mal von den Angelevanern gehört?“
„Die Dämonenanhänger?“ Eryk furchte die Stirn bei dem Versuch, sich an die wenigen Details zu erinnern, die er über diese Gruppe wusste. Fürst Angelevar, der vor über zwei Jahrzehnten hingerichtet wurde, galt als Begründer, was nicht sicher war. Möglicherweise hatten sich nur einige Wirrköpfe diesen Mann als Vorbild genommen, dem man die üblichen Gräueltaten nachgesagt hatte – von Jungfrauenschändung bis Opferung eines Neugeborenen war alles dabei.
„Vergiss die Dämonen, das ist nur zur Tarnung, damit die Obrigkeit sie in Ruhe lässt. Über Dämonenpaktierer regen sich nur Priester wirklich auf, außer, es verschwinden zu viele junge Mädchen. An denen haben die Angelevaner allerdings kein Interesse, wenn du verstehst, was ich meine.“ Lark starrte ihn bedeutungsvoll an. Eryks bierumnebelter Verstand brauchte eine ganze Weile, bis er ahnte, was gemeint war – „Männer mit … Männern?“
„Geht doch“, brummte Lark und sah sich dabei hektisch um, obwohl Eryk so leise gesprochen hatte, dass er sich selbst kaum verstehen konnte.
„Man munkelt, dass die aus allen Schichten kommen. Einfache Leute, wohlhabende Bürger, Reiche, Adlige, Magier, sogar Priester sollen dabei sein. Man munkelt auch, dass einige der wirklich Reichen gerne männliche Sklaven haben, so wie das dekadente Volk in Irtrawitt. Zu diesem Zweck sollen, so sagt man, hübsche Knaben von der Straße
Weitere Kostenlose Bücher