Rashminder Tage 01 (German Edition)
sein Liebster und Lark von der Situation gewesen waren.
Eigentlich seltsam, dass dieses Band zwischen ihnen weiterhin Bestand hatte, obwohl Naxander tot war. Es bekümmerte ihn nicht weiter. Magisches Zeug war Kaidens Ressort.
„Komm, ich pfeife auf das Verbot“, murmelte Kaiden. „Ich zaubere das vermaledeite Dach jetzt frei, soll Kimon mich doch anklagen!“
Eryk brummte erleichtert seine Zustimmung. Es gab auch so mehr als genug zu tun, ein Blick aus dem Fenster zeigte, dass es von Neuem begonnen hatte zu schneien. Sie packten sich beide warm ein und stürzten sich hinaus ins eisige Elend. Was Lark wohl von ihnen wollte? Sie sprachen nicht darüber, aber Eryk wusste, dass Kaiden genauso gespannt war wie er selbst, und das nicht unbedingt in Vorfreude. Lark gab sich nur so geheimnisvoll, wenn es unangenehm werden würde …
~~*~~
Hätte Lark nicht gesagt, dass es sehr wichtig war, wären sie nicht gegangen. Eryk war halb erfroren und fühlte sich trotz des morgendlichen Liebesstündchen mit eineinhalb Magiern wie erschlagen, nachdem er fast den ganzen Tag lang Schnee auf Karren geladen hatte, die von jedem verfügbaren Zugtier Rashminds vor die Stadtmauern geschleppt wurden. Der Stadtrat hatte erlaubt, dass jeder ungestraft Holz fällen durfte, was die Wälder und Gärten hergaben. Die Magiergilde wollte für die Wiederaufforstung sorgen, sobald die Normalität zurückkehrte.
Magie hatte schon seine Vorteile … Nur, dass es ohne sie die meisten Probleme und Sorgen nicht geben würde, die man mit ihr so elegant lösen konnte.
Sie sprachen nicht, während sie mühsam durch Schneeverwehungen stampften. Nicht einmal Kaidens Plappermaul konnte dem Unwetter trotzen.
Man hatte begonnen, Rashmind zu evakuieren, da es außerhalb der Stadt weiterhin im erträglichen Maße schneite. Kinder, Alte und Kranke wurden massenweise fortgeschafft, zu Verwandten, Freunden, nah gelegenen Bauernhöfen. Die Bardenakademie mit ihren schweren Steinmauern hatte ihre Tore geöffnet und diente als Notunterkunft für jene, deren Häuser unter den Schneemassen eingestürzt waren. Viele Tavernen boten kostenlos Essen und heiße Getränke für jeden an, was vor allem von den Bettlern dankbar genutzt wurde, die anderweitig keine Überlebenschance gehabt hätten. Ob die Wirte dafür entschädigt werden würden, war ungewiss, aber sie fragten nicht danach. Viele gaben einfach, was sie besaßen. Eine erstaunlich große Anzahl Adliger und Reicher stellten ihre Landhäuser als Auffanglager zur Verfügung. Im Angesicht einer solchen Katastrophe waren alle Menschen gleich. Selbst der Stadtmeister half beim Schneeschaufeln! Solange es Aussicht auf Rettung gab, würden die Rashminder gemeinsam bis zum letzten Schweißtropfen um ihre Stadt kämpfen. Doch Eryk wusste, es würde nur wenig brauchen, um aus jenen, die gerade noch ihr eigenes Leben riskiert hatten, um fremde Menschen zu retten, reißende Bestien zu machen. Bestien, die ohne Rücksicht auf andere fliehen, plündern und auch töten würden. Die Gildenmeister bestanden darauf, dass es soweit nicht kommen konnte. Dass der Wanderstern in wenigen Tagen vorbeigezogen sein würde. Er hoffte es sehr.
Ohne Kaidens Suchersinn hätten sie sich sicherlich verlaufen. Sämtliche Straßen und Häuser sahen gleich aus, der Schnee verwischte alle Unterschiede, schluckte den Schall, dämpfte selbst das Licht der Sturmlaterne, die Eryk in der Hand hielt. Der unermüdliche Kampf wurde auch in der Nacht weitergeführt, glücklicherweise hatte Stadtmeister Norwolt verfügt, dass jeder allerhöchstens vier Stunden am Stück und nur zweimal pro Tag bei den Rettungsmannschaften mitarbeiten musste. So sollten die Kräfte der Männer geschont und Erfrierungen vermieden werden.
Lark der Kleinere war es, der ihnen die Tür öffnete. Eryk und Kaiden hatten den jüngeren – und um einen Kopf größeren – Bruder ihres Freundes längere Zeit nicht mehr gesehen. Eryk lief ein unbehaglicher Schauder über den Rücken. Er wusste nichts über ihn, was seltsam war, so oft wie sie mit Lark dem Größeren zusammen waren. Die beiden Brüder sahen sich sehr ähnlich, beide hatten kurzes dunkles Haar und rundliche Allerweltsgesichter. Ob er auch als Uhrmacher arbeitete?
Wenn er es recht bedachte, wusste er eigentlich eine Menge über Larks gesamte Familie, selbst jene, denen er noch nie begegnet war. Bei dem kleineren, beziehungsweise jüngeren Lark hingegen schien es fast, als würde er sofort alles
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