Rashminder Tage 01 (German Edition)
gerufen hatte.“
„Wegen Naxander?“, fragte Kaiden.
„Wem sonst?“ Lark verzog das Gesicht zu einer schmerzerfüllten Grimasse. Einen Augenblick lang bloß, bevor er wieder seine gewohnt ausdruckslose Fassade präsentierte. „Wir haben jeden begabten jungen Gardisten und einige Magier in unsere Dienste genommen. Nicht nur, um Naxander auszuspionieren, sondern auch, um das Königreich vor anderen Gefahren zu schützen. Die Soldaten und Stadtgarden waren schon lange nicht mehr in der Lage, dem sprunghaften Anstieg von Verbrechen aller Art Herr zu werden – eine Folge des erweiterten Handels mit Irtrawitt und diversen Ländern in Übersee.“
Kaiden nickte, er wusste selbst, dass die Händler zwar Waren, Wohlstand und viele neue Entwicklungen brachten, genauso aber Diebe, herrenlose Söldner, Matrosen ohne Anstellung, Glücksritter jeder Gesinnung sowie Flüchtlinge aus allen Ländern. Lark fuhr fort:
„Noch unter König Medans Vorgänger haben wir es geschafft, in allen größeren Städten des Reiches eine Einheit der K.R.R.F. zu etablieren. Dank Magie sind all diese Gruppen geheim geblieben, wer nicht dazu gehört, darf nichts darüber wissen. Das schließt sogar die Magiergilde und Stadträte ein. Ihre Aufgaben sind vielfältig: Spionage in fremden Reichen, Überwachung von verdächtigen Personen, Aufklärung von Morden und anderen Verbrechen, die sich nicht mit persönlichen Motiven wie Rache oder Habgier eines Einzelnen in Verbindung bringen lassen. Eryk gehörte zu den Spionen und war einer unserer besten Männer.“ Lark seufzte und blickte zu Eryk hinüber. Der erinnerte sich mit Verzweiflung an diesen Tag, den er doch für immer hatte vergessen wollen … Wie von selbst glitten die Worte über seine Lippen, während sein Geist so tief in die Vergangenheit wanderte, dass er sie von Neuem durchlebte.
Der Einsatz dauerte bereits zu lange an. Eryk wusste, dass es Zeit war aufzugeben. Sie mussten diesen Bastard Mikash aus Irtrawitt laufen lassen. Wobei das nicht einmal sein richtiger Name war. Er hieß Maggarn und war der Bruder des Layn, also des höchsten Fürsten von Irtrawitt. Das war allerdings nicht offiziell bekannt, zumal er lediglich ein nicht anerkannter Halbbruder war. Alle Welt hielt den stämmigen, unauffällig gekleideten Mann für einen harmlosen, wenn auch sehr reichen Händler. Lark hatte ihn als Layn Kumiens vorgeblichen Kammerdiener erkannt und irgendwie herausgefunden, wer er wirklich war. Gemeinsam mit Natt, sowie Tardis und Ardam, zwei älteren Spionen im Dienste der K.R.R.F., hatte Eryk sich als Diener in Maggarns Residenz hier in Rashmind eingeschlichen, um herauszufinden, was Irtrawitt hier im Königreich Laymark wollte. Seit zwei Wochen mühten sie sich ab, es war ein schwieriges und gefährliches Unterfangen. In Irtrawitt waren nahezu alle Diener rechtlose Sklaven, und genauso wurden sie auch hier behandelt. Eryk hatte mehr als einmal Prügel erhalten, weil er sich nicht tief genug verbeugt oder den Ehrentitel Mebana für seine Herren nicht demütig genug betont hatte. War es denn seine Schuld, dass der Rashminder Akzent so viel weicher war als die Aussprache in Irtrawitt und darum in den Ohren der ferngereisten Herren alles nach Singsang klang?
Es hatte sich als unmöglich erwiesen, sich in Maggarns Gemächer einzuschleichen. Tardis hatte beinahe mit dem Leben dafür bezahlt, obwohl er noch vor der Tür erwischt worden war und er glaubhaft versichern konnte, dass er nichts hatte stehlen wollen; sondern bloß nachsehen, ob die Tür des Herrn auch ordentlich verschlossen war, nachdem er glaubte, etwas Verdächtiges gehört zu haben. Obwohl ein Wahrheitsmagier seine Worte bestätigte, wurde Tardis bis zur Bewusstlosigkeit geprügelt und dann entlassen. Wenn sie nicht so sorgfältig darauf trainiert wären, Lügen intensiv zu visualisieren und damit die zumeist wenig fähigen Wahrheitsmagier zu betrügen, wäre er augenblicklich hingerichtet worden. Schon da wollten sie den Einsatz abbrechen. Sinnlos, das Leben zu riskieren, wenn nicht einmal sicher feststand, dass dieser Maggarn etwas im Schilde führte, wodurch Laymark Schaden nehmen könnte.
Gerade an diesem Abend aber war ein heimlicher Besucher eingetroffen. Ardam war es gelungen, eine der Kugeln einzuschmuggeln, die von den Zauberern irgendeinen seltsamen ausländischen Namen erhalten hatten, von den Spionen hingegen einfach nur Trickmurmel genannt wurde. Diese unbezahlbaren Dinger sahen aus wie kleine Marmorkugeln,
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