Rashminder Tage 3 (German Edition)
so wie jetzt gerade. Wenn du es hart brauchst, kein Problem. Mir hat es gefallen und ja, ich will es gerne wiederholen.“
Wortlos schüttelte Cael den Kopf, er wusste nicht, wie er Natt begreiflich machen sollte, was in ihm vorging.
„Verstehst du denn nicht: So macht man das, wenn man jemanden … Es ist … so benutzt man jemanden. Das hat nichts mit Liebe zu tun.“
Er wartete darauf, dass Natt das Na und, wir lieben uns doch nicht! aussprach, aber zu seiner Überraschung nickte dieser langsam.
„Du wurdest als Kind gezwungen, nicht wahr?“
„Östliches Hafenviertel, was denkst du denn?“ Cael musste den aufflammenden Zorn unterdrücken. Er wusste, dass Natt ihn nicht verspottete, konnte es an der Wut erkennen, die nun plötzlich in seinem Gesicht schwelte und zeigte, dass er wahrlich ein Krieger war. Sinnlose Wut. Jeder wusste, wer ein Kind oder Jugendlichen kaufen wollte, fand im Östlichen Hafenviertel jedes Alter, in allen Größen, Haar-, Haut- und Augenfarben. In den Hallerborden, in denen Natt und Eryk aufgewachsen waren, gab es genauso billige Huren, dort stand allerdings der Verkauf von berauschenden Stoffen und verbotenen Waren im Vordergrund. Kein Kind des östlichen Hafenviertels wurde erwachsen, ohne nicht mindestens einmal mit seinem Körper herhalten zu müssen. Oft genug, um zu überleben. Meistens unfreiwillig, denn es war durchaus üblich, sich die auserkorene lebende Ware von der Straße zu stehlen.
„Ich bin bei einem Bettler aufgewachsen“, murmelte Cael. „Kenne meine Eltern nicht. Der alte Jeckel hatte mich als Baby im Dreck liegend gefunden und mitgenommen. Nicht, weil er so ein gütiges Herz hatte, sondern weil man mit ’nem Balg im Arm mehr Almosen bekommt. Das bisschen, was ich an Essen brauchte, hab ich durch meine bloße Anwesenheit für ihn wettgemacht. Als ich dafür zu groß wurde, hat er mich auf Diebestour durch das Westhafenviertel geschickt. Ich war noch keine fünf, da konnte ich schon fast jedes Schloss knacken, bin in Warenlager eingestiegen und so weiter. Dafür hat der Alte mich beschützt, wenn nach Sonnenuntergang die Kutschen vorfuhren und die Freier zu schwärmen begangen …
Jeckel ist eines Morgens einfach nicht mehr aufgewacht. Lag kalt und tot neben mir. Ich weiß nicht, warum.“
Cael drängte sich dichter an Natts Körper heran. Es half, sich irgendwo festhalten zu können, die Erinnerungen schmerzten weniger dadurch.
„Ich war gut darin, vor ihnen wegzulaufen und ich kannte hunderte Verstecke. Manche bringen allerdings Hunde mit, die darauf abgerichtet sind, Menschen zu Fall zu bringen und am Boden zu halten, ohne sie zu verletzen. Vor allem Frauen machen das. Sie haben wohl nicht so viel Spaß daran, ihre Opfer eigenhändig zu fangen.“
Er spürte die Missbilligung, mit der Natt den Kopf schüttelte. Es wurde gerne totgeschwiegen, dass auch reiche oder adlige Frauen sich diesem Vergnügen hingaben. Cael hatte es gehasst. Männer packten zu, nahmen die Kinder durch und gingen wieder. Schlimm genug, aber schnell vorbei. Die Frauen hingegen sprachen oft mit ihnen, als wären sie kleine Tiere, betatschten sie, zwangen sie zu …
„Hör auf damit“, wisperte Natt und brachte Cael dazu, ihn anzusehen. „Es ist vorbei. Für dich zumindest.“
„Naxander hat mich gerettet. Ich war für ihn ein Sklave, ein Spielzeug. Zumindest hat er dafür gesorgt, dass mich niemand mehr auf diese Weise angefasst hat. Ich kann ihn nicht wirklich hassen, gleichgültig, was er alles getan hat. Nicht einmal jetzt, wo er befohlen hatte, dass ich mit diesen Heilsteinen immer wieder … Ich will ihn hassen, die Götter wissen, dass ich es will. Vielleicht bin ich zu schwach dazu.“
Er presste das Gesicht in Natts Halsbeuge und verharrte so, bis er all die aufgewirbelten Gefühle mühsam unter Kontrolle gebracht hatte. Seltsam, wie leicht ihm das in Natts Nähe fiel. Dass er ihn überhaupt berühren konnte, lag jenseits seiner Vorstellungskraft.
„Du tust mir gut“, murmelte er. Eine Antwort bekam er nicht, doch Natts Griff an seinem Kopf verstärkte sich. So blieben sie noch eine ganze Weile sitzen. Cael wurde schläfrig, auch Natts Atemzüge wurden tiefer, und er zuckte gelegentlich heftig zusammen, als würde er jeden Moment einschlafen.
„Natt?“ Caels Stimme verriet seine Müdigkeit. „Wir sollten langsam los. Ein paar Morde begehen und so.“
„Hmmm …“
„Fällt es dir eigentlich schwer?“, fragte Cael einem plötzlichen Impuls folgend. „Das
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