Rashminder Tage 3 (German Edition)
Landesinneren, inmitten eines weitläufigen Buchen- und Eichenwaldes, hatte hier einst eine Adelsfamilie aus Lopurn dieses schmucke Anwesen errichtet. Was aus der Familie geworden war, wusste Natt nicht. Das Karchos sich an solch einem Ort eingenistet hatte, war allerdings keine Überraschung. Das Wiesel hatte eine Vorliebe für prunkvolle und ungewöhnliche Behausungen.
„Vergiss es“, flüsterte Cael. „Karchos’ Schläger sind keine ausgebildeten Wachsoldaten. Tagsüber spielen die Karten und schauen nur hoch, wenn jemand lauter wird als sie selbst. Nachts sind die zumindest leise. Karchos wird nervös sein, er weiß nicht, warum du bei ihm ins Stelzenhaus eingebrochen bist.“
„Nun gut. Wo wird Karchos sein? Das wäre nachts einfacher.“
Cael nickte ihm bestätigend zu.
„Es ist schlecht für uns, dass wir nicht mehr jederzeit abhauen können, dein Splitter wird uns da drinnen fehlen … Lass uns reinschleichen, ich kenne das Schloss. Es ist vollgestopft mit Statuen und Kunstzeug und solchen Säulen, die Deckung bieten, und es gibt überall Nischen, wo man sich verstecken kann.“
„Wo sitzen die Wachen?“, fragte Natt. Er hasste es, wenn es keinen richtigen Plan gab, ein lass uns mal sehen, was sich findet war meistens ein Garant für Ärger. Ärger hatte er genug für den Rest seines Lebens gehabt!
„Vorne am Tor und in Wachtürmchen entlang der Mauer. Es laufen zwei Hunde frei herum, da es zahlreiche Bäume gibt, die die Sicht behindern. Diese Hunde sind gut dressiert. Sie schlagen nur an, wenn sie Fremde wittern. Ich bin kein Fremder für sie, und wenn du in meiner Begleitung bist, werden sie dich bloß anschnuppern und brav sein.“
Cael schlich ein Stück die Mauer entlang und bedeutete Natt dann mit Handzeichen, dass sie an dieser Stelle hinüberklettern würden.
Es ging beinahe beängstigend glatt: Sie landeten im Schatten einer mächtigen Linde, die ihnen Sichtschutz bot. Die beiden Hunde, zottige Straßenköter, die vermutlich mit erbarmungslosen Schlägen abgerichtet worden waren, so wie sie aussahen, kamen lautlos angepirscht. Sie beschnüffelten Natt misstrauisch, unterwarfen sich Cael allerdings winselnd, als dieser drohend zu ihnen schritt. Durch ein geöffnetes Fenster gelangten sie in das Schloss.
Es war so, wie Cael es beschrieben hatte: vollgestopft mit allem denkbaren und undenkbaren Kram in sämtlichen Größen. Verschiedene Stilrichtungen aus sämtlichen Epochen legten nahe, dass es nicht die ehemaligen Besitzer waren, die einen solch schlechten Geschmack bei der Inneneinrichtung besessen hatten, sondern dass Karchos an diesem Ort seine Beutestücke aufbewahrte.
„Wenn es hier mal brennt, ist ein Vermögen verloren“, murmelte Natt kopfschüttelnd.
Sie suchten Deckung in einem Alkoven, der früher vermutlich für die Dienerschaft gedacht gewesen war.
„Ich wette, es gäbe Leute, die würden Geld dafür bezahlen, sich all den Kram ansehen zu dürfen, da sind richtig wertvolle Stücke bei“, sagte Natt und strich fasziniert über einen Vorhang, der mit augenscheinlich echten Goldfäden verziert war.
„Du kennst dich aus, hm?“ Caels Unterton war merkwürdig, sodass Natt ihn stirnrunzelnd musterte.
„Wie kommt jemand wie du mit einem Gehalt wie unserem an ein Haus wie deines? Ein Erbstück kann es ja nicht sein, dieser Palast, den du dein eigen nennst.“
„Unterstellst du mir, dass ich mich schmieren lasse?“, grollte Natt, seinen Zorn nur mühsam unterdrückend. „Glaub es oder nicht, es ist ein Erbstück. Es war lediglich kein Verwandter, sondern ein alleinstehender Kaufmann, dem ich das Leben gerettet hatte.“
„Ist das so?“ Cael baute sich mit verschränkten Armen vor ihm auf, kaum weniger gereizt und aggressiv als er selbst. Seine blauen Augen sprühten regelrecht Funken vor Zorn.
„Was soll das Ganze?“ Natt hielt unerschrocken dagegen, nicht bereit, sich verleumden zu lassen. Er wusste nicht, warum die Stimmung plötzlich so aufgeheizt war, provoziert hatte er es jedenfalls ganz bestimmt nicht.
Die Verachtung in Caels Blick schmerzte mehr, als er sich selbst eingestehen wollte. Er verstand nicht, woher dieser Sinneswandel kam. Hatten sie sich nicht einigermaßen zusammengerauft?
„Ich mag es nicht, mit anderen zusammenzuarbeiten“, sagte Cael langsam. „Wir haben nichts gemeinsam. Wenn der Auftrag vorbei ist, trennen sich unsere Wege. Keine Verpflichtung. Du hast meinen Hintern gerettet und ich deinen. Wir sind quitt.“
„War’s das
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