Rasputins Erbe
Julia.
Alexej meinte gut gelaunt, dass das wohl ein wenig überstürzt gewesen wäre. Er rückte sein Sakko zurecht und räusperte sich. „Hör mal, Julia. Ich weiß, dass ich mich daneben benommen habe“, begann er versöhnlich. Julia traute ihren Ohren kaum. Der Mann war tatsächlich dabei, sich bei ihr zu entschuldigen. Sie hoffte inständig, dass die Sache keinen Haken hatte. Alexej fuhr fort: „In der Firma gab es in letzter Zeit viel Stress, ich habe kaum geschlafen und, ähm, nein. Vergiss es. Das hat hier nichts verloren. Es tut mir jedenfalls leid, was passiert ist. Ich habe nicht einsehen wollen, dass ich dich anziehend finde.“
Julia wurde rot und Alexej war sich nicht sicher, ob das am Vodka lag oder an seinen Worten. Da sie nichts sagte, sprach er weiter. „Ich hoffe, wir können das alles hinter uns lassen und nochmal von vorn anfangen?“ Es klang nicht wirklich wie eine Frage, fand Julia. Sie nickte jedoch. Der eifrige Mann hinter der Bar hatte die nächsten zwei Shots vorbeigebracht und Julia schnappte sich eines der kleinen Gläser, um anzustoßen.
Alexej verstand die Geste und schien erleichtert. Als sie getrunken hatten, zwinkerte er Julia zu und rief abermals den Barmann: „Hey, junger Mann, wie wäre es, wenn sie uns einen Champagner empfehlen würden? Es gibt etwas zu feiern.“ Alexej war wirklich wie ausgewechselt, dachte Julia. Sie war bereits leicht benebelt und der Ring auf der Theke waberte ein wenig vor ihren Augen, so dass daraus zwei Ringe wurden, dann wieder einer.
Normalerweise hätte Julia mittlerweile die Reißleine gezogen, aber dieser Abend war kein normaler Abend. Sie wollte ihn in vollen Zügen genießen.
Das war ihr ganz persönliches Abenteuer und sie gefiel sich in ihrer Rolle. Da sie die kleinen Vodkagläser immer noch zu groß fand, um sie mit einem Schluck zu leeren, setzte sie das Glas erneut an.
Diesmal stieß sie im Stillen auf ihre Freunde an, auf die einzigartige Verena, auf den gütigen Peer, auf den loyalen Deniz und auf ihren heimlichen Retter: Balu.
Der Champagner wurde von einem nun viel entspannteren Barmann serviert und Julia und Alexej stießen ein zweites Mal an – diesmal richtig. Die Gläser klirrten.
Eine Dreiviertelstunde später waren sie mit einer halb geleerten Champagnerflasche in Richtung Aufzug gegangen. Julia war eher getorkelt, aber das fiel ihr gar nicht mehr auf. Alexej hatte dem Barmann ein großzügiges Trinkgeld gegeben, der junge Mann war sichtlich erfreut und schwor sich, in Zukunft jegliche Sonderwünsche von reichen Gästen ohne Murren zu erfüllen. Es lohnte sich, das hatte er endlich kapiert.
Julia stützte sich an Alexej, denn mit ihren Schuhen kam sie betrunken nicht sonderlich gut zurecht. Als sie im Flur der siebten Etage angelangt waren, zog sie sich die Schuhe einfach aus und folgte Alexej barfuß zu seinem Zimmer.
Er selbst schien höchstens ein wenig angetrunken zu sein und hatte keinerlei Schwierigkeiten die Tür zu öffnen. Als Julia über die Schwelle trottete, traute sie ihren Augen kaum. Sie wusste zwar, dass es in diesem exklusiven Hotel einige Luxuszimmer gab, aber sie hatte noch nie eines von innen gesehen. Es handelte sich um die Executive Suite und das Zimmer (eigentlich eher ein Penthouse) war mit allem erdenklichen Komfort ausgestattet.
Julia betrat eine neue Welt und diese Welt gefiel ihr auf Anhieb. Ihre Augen leuchteten.
Alexej hatte bereits sein Sakko abgelegt und ging auf die immer noch staunende Julia zu. Sie schaute in seine Augen und endlich sah sie in Alexej wieder den mysteriösen Mann aus ihrem Traum. Sie legte die Arme um seinen Hals und sie küssten sich.
Ihr Verstand setzte förmlich aus, als Alexej sie mühelos hochhob, damit sie ihre Beine um seine Hüfte legen konnte. Sie presste sich an ihn und ärgerte sich darüber, dass sie tatsächlich eine Jeans angezogen hatte. Der Rock wäre ihr jetzt lieber gewesen. Alexej schien ihre Gedanken zu erraten, denn ohne langes Zögern begab er sich ins geräumige Schlafzimmer und warf Julia wild lächelnd auf das wunderbar weiche Kingsize-Bett.
Er kniete sich dazu und machte sich sofort an ihrer engen Hose zu schaffen. Julia musste nachhelfen und verfluchte das ganze Fast Food, das sie in letzter Zeit aus Faulheit gegessen hatte. Offenbar hatte sie ein paar Pfunde zugelegt.
Alexej schien das nicht im Geringsten zu stören und er überwand dieses kleine Hindernis spielend. Sie küssten sich immer wieder kurz. Es waren gierige, ehrliche
Weitere Kostenlose Bücher