Rasputins Erbe
matschige Fußgängerzone schlenderte und an ihrem obligatorischen Kaffee nippte, telefonierte sie mit einer ziemlich aufgeregten Verena.
Julia erzählte ihr von den Ereignissen der letzten Tage und musste sich im Gegenzug alle Einzelheiten von Verenas letzter intimer Eskapade mit ihrem Partner und ihrem Lieblingsspielzeug anhören (diesmal waren es Liebeskugeln).
Als sie das Handy in ihrer Handtasche verschwinden ließ, dachte sie erneut, dass sie Verena und Deniz unbedingt zusammenbringen musste. Sie überlegte, ob die beiden sie dann mit ihren Klatschgeschichten verschonen würden, wenn sie sie sich gegenseitig unter die Nase reiben konnten.
Da sie bloß ihre unbequeme Ersatzjacke trug, die nicht annähernd so kuschelig war wie ihr Lieblingsmantel, den sie in Alexejs Jaguar hatte liegen lassen, fror sie, aber das konnte auch nichts an ihrer guten Laune ändern.
Kapitel 15 – Der Keller
Julia war aufgeregt. Sie hatte Alexej erst vor knapp drei Wochen kennen gelernt, aber sie spürte, dass sie beide mehr als nur Sex verband. Da war noch etwas Anderes. Etwas Größeres, Wichtigeres. Und Julia wollte herausfinden, was dieses Gefühl für sie eigentlich bedeutete.
Sie wartete auf Alexejs Fahrer, der diesmal ein paar Minuten zu spät kam. Julia genoss in der kurzen Wartezeit die klare, kühle Abendluft und atmete mehrmals tief durch. Sie fühlte sich ein bisschen wie vor ihrem ersten Date, damals in Berlin. Unsicher. Verloren. Abenteuerlustig.
Und irgendwie handelte sich heute ja auch um ein erstes Date, dachte Julia vergnügt. Sie hatte Alexej noch nie zu Hause besucht, außer natürlich zu seiner Geburtstagsparty. Aber da hatte sie eigentlich nur den grandiosen Ballsaal und den Vorratsraum von innen gesehen, sie hoffte, dass sie diesmal auch noch die etwas privateren Zimmer in Alexejs wunderbarem Haus erforschen durfte.
Der Fahrer entschuldigte sich mit einer unterwürfigen Geste für seine minimale Verspätung und öffnete ihr die Tür. Julia stieg ein, nachdem sie ihm versichert hatte, dass es kein Problem sei, ein paar Minuten zu spät zu kommen. „Zumindest nicht in meiner Welt“, fügte sie freundlich hinzu, aber der Fahrer wirkte dennoch beunruhigt. Vermutlich wurde ihm des Öfteren die Hölle heiß gemacht, wenn er sich mal verspätete, überlegte Julia.
Neben sich entdeckte sie ihren Lieblingsmantel, der offenbar in der Reinigung gewesen war, denn er lag in einer Plastiktüte gefaltet auf dem anderen Sitz. Der Fahrer hatte sich also tatsächlich um ihre Jacke gekümmert.
Julia dachte, dass sie ihm eigentlich ein Trinkgeld geben müsste. Dann wiederum war sie sich nicht sicher, ob das so üblich war. Sie hoffte, dass ihr jemand zu Weihnachten den Knigge schenkte, damit sie in Zukunft in solchen Angelegenheiten nicht immer wieder auf dem Schlauch stand.
Nach der Fahrt in dem gemütlichen Schlitten stand Julia wieder vor der großen Tür, die mit Eisen beschlagen war und im Halbdunkel bei näherem Hinsehen nicht sonderlich einladend aussah.
Sie erkannte nun auch, dass es sich bei den zwei Statuen doch nicht um Engel handelte, sondern um ganz normale Frauen. Die Flügelansätze hatte sie sich am letzten Wochenende eindeutig eingebildet, dachte Julia und betätigte die Klingel.
Diesmal öffnete Alexej selbst und wieder wusste Julia nicht so recht, wie sie ihn begrüßen sollte. Sie entschied sich dafür, ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange zu geben. Falls sie zufällig jemand beobachtete – wer konnte in dem riesigen Haus schon wissen, was da sonst noch vor sich ging – würde ein Kuss auf die Wange wenigstens harmlos aussehen.
Alexej wusste, was sie dachte und meinte: „Keine Angst, wir sind allein. Ich habe das Hausmädchen ins Bett geschickt. In ihr eigenes natürlich.“ Er lachte. Julia tat so, als wäre sie empört und schlug ihm spielerisch auf die Brust. Sie hoffte, dass Alexej seine gute Laune für die nächsten Stunden behalten würde.
Alexej ging voran und lenkte seine Schritte diesmal in den Flur, der links von der großen Treppe in der Eingangshalle lag. Da Julia sich mit Alexej zum Dinner verabredet hatte, vermutete sie, dass dort das Esszimmer auf sie wartete. Sie hatte richtig geraten und malte sich aus, wie groß das Haus sein musste und wie viele Zimmer es wohl hatte.
„WOW. Hast du das etwa alles gekocht?“, fragte Julia mit aufgerissenen Augen, als sie sah, was dort alles auf dem Esstisch angerichtet war.
„Nein, da muss ich dich enttäuschen. Ich kann nicht
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