Rasputins Erbe
sie nahm sich vor, Alexej selbst anzurufen, damit sie sich am Wochenende endlich wieder sehen konnten.
Sie beschloss, erst einmal den angefallenen Papierkram zu erledigen und dann den wohl wichtigsten Anruf der gesamten Woche zu machen.
Wenige Minuten später klingelte ihr Handy. Alexej kam ihr zuvor und Julia fiel aus allen Wolken, als sie seine Stimme erkannte.
„Hallo Julia“, begann er freundlich, „vielen Dank für dein Geschenk. Ich hätte mich schon früher gemeldet, aber ich habe die winzige Schachtel erst bemerkt, als ich das Jackett in die Reinigung geben wollte. Und deine private Nummer hatte ich ja vorher nicht.“
Julia strahlte und es war ihr egal, dass er ihr kleines Präsent offenbar vergessen hatte und es beinahe hatte mitwaschen lassen. Immerhin war es eine Riesenparty, da erinnert man sich nicht unbedingt an jedes kleine Geschenk, redete sie sich tapfer ein.
Alexej fuhr fort: „Wie wäre es, wenn wir uns am Wochenende bei mir treffen. Wir könnten zusammen essen und, naja, dann machen wir, was du willst.“ Julia hoffte zu wissen, worauf er hinauswollte und sie stimmte zu: „Ja, gerne.“ Schweigen, dann ein ruppiges „Okay! Mein Fahrer holt dich dann um sechs Uhr ab.“ Alexej räusperte sich und seine Stimme klang wieder freundlicher.
Julia war nicht dumm; sie bemerkte, dass Alexej mit sich kämpfte. Julia erinnerte sich nur zu gut an das Gespräch, das sie mit Alexejs ziemlich betrunkener Ex-Frau geführt hatte.
Sie hoffte, dass alles, was mit dem komischen Ring zu tun hatte, nichts als Einbildung war.
Julia nickte und bemerkte nach zwei, drei Sekunden, dass Alexej ihr Nicken durch das Telefon nicht sehen konnte. Sie sagte: „Gut. Ich werde dann bereit sein.“
Julia hatte sich das Gespräch ein wenig romantischer vorgestellt, aber sie war es mittlerweile gewohnt, dass Alexej sehr launisch war.
„Gut. Ich freue mich auf dich.“ Es klang gezwungen, aber Julia wusste, dass Alexej es ernst meinte.
Sie wollte sich gerade verabschieden, als ihr einfiel, dass er ihr noch gar nicht den Tag mitgeteilt hatte, an dem sie abgeholt werden sollte.
„Äh, wann kommst du denn, äh, ich meine, dein Fahrer? Das Wochenende hat so weit ich weiß zwei Tage“, meinte Julia und versuchte es mit einem möglichst ungezwungenen Lachen.
Alexej stimmt mit ein und entschuldigte sich für seinen Fehler: „Ich dachte an Samstag. Und am Sonntag wirst du wieder zu Hause abgesetzt. Ich hoffe, du verzeihst mir meine egoistische Planung?“
Nun lachten beide und Julia war erleichtert, dass sich der freundlichere der beiden Alexejs in ihm durchgesetzt hatte. „Ja, das ist in Ordnung. Ich muss zugeben, dass ich ein wenig beleidigt gewesen wäre, wenn du mich ausschließlich zum Essen eingeladen hättest“, sagte Julia und biss sich auf die Unterlippe.
Das Flirten am Telefon machte ihr Spaß, aber sie wollte ihr Glück nicht herausfordern, da Peer immer noch nicht allzu gut auf sie zu sprechen war. Sie musste bald auflegen, so viel war klar.
Alexej schien ihre Gedanken zu lesen, denn er meinte verständnisvoll, dass Julia besser nicht zu viele Privatgespräche während ihrer Arbeitszeit führen sollte. Offenbar war er über Peer und seine Laune von Katarina informiert worden.
Sie verabschiedeten sich und als Julia ihr Handy auf ihren Schreibtisch legte, fühlte sie sich großartig. Sie hatte ein Date mit dem Mann, vor dem sie sich selbst noch vor wenigen Jahren gewarnt hätte.
Seit die öde Beziehung mit Thomas hinter ihr lag, war ihr Leben erfüllt von Abenteuern und das gefiel ihr.
Julia dachte an das simple Geschenk, mit dem sie Alexej scheinbar wirklich eine Freude gemacht hatte. Sie war zwei Tage vor seiner Geburtstagsparty nochmal in das Hotel gegangen, in dem er sie so gekonnt ans Bett gefesselt hatte.
Sie musste eines der Zimmermädchen bestechen, um sich in eines der unbewohnten Zimmer schleichen zu können. Dort klaute sie eines der Seideneinstecktücher, die vergesslichen Businessleuten und sonstigen Anzugträgern zur Verfügung standen, wenn sie eines benötigten.
Auf das Tuch hatte sie ihre private Handynummer geschrieben und anhand des Monogramms des Hotels konnte Alexej Eins und Eins zusammenzählen.
Insgesamt war es doch eine fabelhafte Idee gewesen, fand Julia und lächelte zufrieden. Sie freute sich zu sehr auf das kommende Wochenende, um jetzt noch großartig in Arbeitslaune zu kommen. Sie ging also wieder einmal viel zu früh in die Mittagspause.
Während sie durch die
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