Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rasputins Erbe

Rasputins Erbe

Titel: Rasputins Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah Wilde
Vom Netzwerk:
genügend Platz für mein Fahrrad. Damit mich mein Alter nicht einholt, mache ich manchmal Yoga, aber das habe ich auch schleifen lassen. Ansonsten bin ich gedanklich auch die meiste Zeit in meine Arbeit vertieft. Was uns beide unterscheidet sind eigentlich nur ein paar Millionen auf dem Konto, oder?“ Julia hoffte, dass sie seinen Sinn für Humor mittlerweile gut genug kannte.
    Alexej lachte und stimmte ihr zu: „Ja, irgendwie schon. Die meisten Menschen sind sich sehr ähnlich, wenn man von der Oberfläche mal absieht. Ohne das Geld und den Jaguar und ohne diesen Palast, wie du es nennst, wäre ich auch nur ein normaler Mann, der anstatt mit einer schönen Frau mit seinem Job verheiratet ist.“
    Seine Ehrlichkeit war immer wieder entwaffnend und Julia überlegte, wie sie an ihre vorigen Gespräche in der Cocktailbar, im weichen Hotelbett und auf seiner Geburtstagsparty anknüpfen konnte. Ihr fiel nichts ein. Sie realisierte, dass ihre Beziehung sich bisher eher auf der körperlichen Ebene abgespielt hatte. Bisher hatte ihr das auch gereicht, aber nun spürte Julia ein Verlangen nach mehr als nur Sex. Sie konnte es nicht in Worte fassen.
    „Denkst du dir gerade einen Fluchtplan aus, oder warum starrst du seit zwanzig Sekunden auf die Tür?“ Julia erschrak, als Alexej sie aus ihren Gedanken riss. Sie dachte, dass sie unbedingt mit der ständigen Tagträumerei aufhören müsse.
    Julia schüttelte den Kopf und konzentrierte sich wieder auf das Essen. Alexej war es bloß recht, dass nicht allzu viel geredet wurde. Er genoss das Schweigen und nutzte die Redepausen, um Julia zu betrachten. Er verschlang sie mit seinen Augen, aber das bemerkte sie nicht. Sie war ihrerseits zu sehr damit beschäftigt, sich spannende Gesprächsthemen auszudenken. Sie dachte nämlich immer wieder aufs Neue, dass sie dem erfolgsverwöhnten Russen zu langweilig sein könnte.
    Also aßen sie und tranken süßen Wein. Julias eigene Laune verschlechterte sich mit jedem einzelnen Bissen und mit jedem weiteren Schluck. Sie hatte sich den Abend wieder einmal anders vorgestellt. Vor allem hatte sie sich in einer interessanteren Rolle gesehen. „Ich bin tatsächlich eine graue Maus“, dachte sie verärgert. In der Gegenwart dieses Mannes konnte sie kaum einen klaren Gedanken fassen.
    „Warum bist du so nervös?“, fragte Alexej plötzlich.
    Julia schaute von ihrem Teller auf und sah, dass Alexej sie aufmunternd anschaute. Sie beschloss, die Wahrheit zu sagen, um der Farce ein Ende zu bereiten: „Es tut mir leid, dass ich dich mit meiner Anwesenheit langweile. Ich weiß einfach nicht, was ich sagen soll.“
    „Wie kommst du bloß darauf, dass ich mich langweile? Ich bin froh, dass wir uns auch ohne viel Gequatsche gut verstehen. Von mir aus müssen wir nicht reden, wenn dir nicht danach ist“, antwortete Alexej gelassen und schob den Teller von sich weg.
    Julia war dankbar für seine Ehrlichkeit. Außerdem war sie sich nun sicher, dass Alexej ebenfalls mehr für sie empfand. Auch er wollte nicht bloß Sex.
    Julia durchfuhr ein wunderbares Kribbeln. Sie wusste es nun. Sie war verliebt. Obwohl sie sich mit Händen und Füßen vor dieser Art von Gefühlsduselei gewehrt hatte, war es doch um sie geschehen. Jetzt, da sie es vor sich selbst zugeben konnte, fiel ihr ein Stein vom Herzen.
    „Nachtisch?“, fragte Alexej und Julia erlangte endlich ihre Fähigkeit zu sprechen zurück: „Ja, gern!“
    Alexej stand auf und ging zu dem kleinen Beistelltisch, auf dem diverse Desserts standen. Da gab es Mousse au Chocolat, eine orangefarbene Joghurtspeise, gedeckten Apfelkuchen und auch Eis, das mittlerweile zu schmelzen begonnen hatte. Dazu gab es frisches Obst.
    Alexej wählte unwissentlich Julias liebste Nachspeise und servierte ihr zwei Kugeln Vanilleeis. Er stellte den Becher an die Stelle, an der zuvor Julias Teller gestanden hatte und wandte sich wieder ab, um sich selbst ein Dessert auszusuchen. Zumindest dachte Julia das, aber er drehte sich rasch wieder zu ihr um und hielt diesmal in einer Hand einige frische Erdbeeren.
    Er beugte sich ein wenig vor und obwohl der Duft seines herben Aftershaves sich unglaublich stark mit dem Essensgeruch biss, der ebenfalls in der Luft lag, fühlte sich Julia pudelwohl.
    Alexej führte seine andere Hand langsam in die Nähe ihrer Lippen und Julia ergriff die Gelegenheit, um zuzubeißen. Sie schnappte sich die Erdbeere, die er nun zwischen seinen Fingern hielt, und sie lachten als wären sie Teenager.
    Alexej

Weitere Kostenlose Bücher