Rasputins Erbe
unterhalten. Nach dem Gespräch war Julia wieder unsicherer, was ihre Einstellung gegenüber ihrem Lover anging. Martina Steinkamp war eine geschiedene Frau, die es sich zum Ziel gemacht hatte, möglichst vielen jungen Frauen von einer verfrühten Heirat abzuraten.
Vor allem bei ihrer eigenen Tochter achtete sie darauf, dass diese sich nicht allzu spontan auf eine feste Beziehung einließ, die sie womöglich später bereuen würde.
Julia hatte ihrer Mutter stets zugestimmt und so war aus ihr ein Partygirl geworden, dass mit den Männern spielte und sich nicht auf feste Beziehungen einließ.
Sie hatte sich stets eingeredet, dass sie mit dieser Lebenseinstellung keinen Schaden anrichten würde, aber innerlich war die Leere immer größer, immer präsenter geworden.
Mit Alexej war es anders, dachte Julia, als sie es sich wieder auf der Couch vor dem Kamin des alten Fachwerkhauses gemütlich gemacht hatte. Sie legte das Buch zur Seite, das ihre Mutter ihr kurz nach ihrer Ankunft mit großer Begeisterung in die Hand gedrückt hatte.
Bei Alexej fühlte sie sich geborgen. Es klang sogar in ihrem eigenen Kopf absurd, denn letztlich kannten sie sich ja kaum. Jedenfalls war da mehr als nur Lust. Mehr als nur Begierden. Mehr als nur unverschämt hemmungsloser und unerreicht befriedigender Sex.
Julia starrte ins Feuer des Kamins und bemerkte aus dem Augenwinkel, wie Luke, der riesenhafte Hund, der von Tag zu Tag noch größer zu werden schien, im Schlaf zuckte. Er hatte ein sorgenfreies Leben, dachte sie. Ein Hund müsste man sein, war ihre naive Schlussfolgerung.
Später am Abend saß Julia mit ihrer Mutter zusammen auf der Couch. Sie hatten in der Fernsehzeitung einen der vielen Blockbuster gefunden, die zur Weihnachtszeit das Programm überfluteten. Noch bevor der Film begann, gegen zwanzig Uhr, klingelte plötzlich Julias Handy.
Sie erschreckte sich sogar ein wenig, denn sie hatte es in den letzten Tagen bewusst lautlos gestellt, um nicht gestört zu werden. Das Handy lärmte und vibrierte, aber Julia zögerte. Das Display zeigte den einzigen Anrufer, den sie nicht sprechen konnte – es war Alexej. Eigentlich wollte Julia rangehen, aber bevor sie den Mut dazu aufbringen konnte, schnappte ihre Mutter ihr das Handy weg und stellte es wieder lautlos.
Julia öffnete empört den Mund, sagte aber nichts, denn ihre Mutter hob drohend den Zeigefinger. Sie meinte: „Julia, wir haben doch gestern darüber gesprochen. Lass dich von dem reichen Schnösel nicht wieder um den Finger wickeln. Wer weiß, was er als Nächstes vorhat! Ich lasse nicht zu, dass du den gleichen Fehler machst wie ich damals mit deinem Vater.“
Schweigen. Julia wusste zwar, dass ihre Mutter leider goldrichtig lag, aber ihr Stolz und ihr Sturkopf drängten sie dazu, das Handy zurückzuerobern und Alexej doch noch zu sprechen. Sie widerstand dem Drang und lächelte matt.
Martina lächelte ebenfalls. Beide kuschelten sich unter die Decken und konzentrierten sich auf den Film.
Als Julia abends ins Bett ging, musste sie ununterbrochen an Alexej denken. Sie vermisste ihn. Trotz allem wollte sie in seiner Nähe sein. Julia wusste, wie gefährlich es wahr. Sie wusste auch, dass irgendetwas mit Alexej nicht ganz in Ordnung war. Da war dieser komische goldene Ring mit der mysteriösen Inschrift, den Alexej einfach nicht vom Finger nehmen wollte.
Seine Launenhaftigkeit, seine verletzenden Gesten, seine zweideutigen Worte. Und doch: Julia war verliebt und sie war bereit, über all seine Makel hinwegzusehen.
Während sie an den hünenhaften Russen dachte und sich an ihre obszönen Eskapaden in seinem Keller erinnerte, wanderte ihre rechte Hand weit unter die Decke. Julia strich sanft am Saum ihres Slips entlang und stellte sich vor, wie Alexej sie küsste.
Ihre reibenden Bewegungen näherten sich ihrem Schritt und sie fühlte durch den Stoff ihres Höschens, dass sie längst feucht war. Mit einem überlegenen Lächeln griff sie mit der anderen Hand blind in Richtung ihrer Kommode neben dem Bett. Da ihre Mutter in ihrem alten Schlafzimmer nichts umgestellt hatte, war alles noch an seinem rechtmäßigen Platz.
Ihr Lieblingsspielzeug, das ihrer Meinung nach einen schrecklichen Markennamen hatte und sie in keinster Weise an einen Hasen erinnerte, hatte sie bereits bei ihrer Ankunft in dem Nachttisch deponiert.
An diesem Abend konnte sie dem Drang nicht widerstehen. Sie machte sich nicht die Mühe, den Slip abzustreifen, sondern schob ihn lediglich beiseite, um
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