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Rasputins Tochter

Rasputins Tochter

Titel: Rasputins Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Alexander
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sofort anrufen, dachte ich.
    Dann hörte ich Sascha stöhnen. Nein, dachte ich, das Erste zu tun, war, mich um ihn zu kümmern. Als ich zur Küche zurückkehrte, fand ich ihn noch immer auf dem Schemel sitzen, aber gegen die Spüle zusammengesackt. Nur wie schlecht ging es ihm?
    „Sascha, ziehen wir deinen Mantel aus.“
    Er nickte ganz leicht, aber bewegte sich nicht, daher fasste ich herum und öffnete die schweren Knöpfe seines Wollmantels. Als ich ihn berührte, fühlte ich die harte Stärke in seinem Rücken, in seinen Armen und in seinem Brustkorb. Sein dunkelbraunes Haar, lang und lockig, war zerzaust, und dieses Gesicht, dass ich einst so süß und einladend gefunden hatte, schien in Falten und unter einem groben Bart verhärtet zu sein. Es traf mich, dass in zwei Jahren, seit ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, er leicht fünf gealtert war. Ich konnte nicht umhin, mich zu fragen, ob er sich bei den Kriegsanstrengungen freiwillig gemeldet hatte, und falls ja, ob er in den Schützengräben an der Front gedient hatte.
    Sobald ich seinen Mantel aufgemacht hatte, schob ich seinen rechten Arm frei ohne Problem. Als ich zu seinem linken kam, zuckte er jedoch vor Schmerzen zusammen.
    „Was ist passiert?“, fragte ich.
    „Jemand … jemand hat mich niedergestochen.“
    „ Bozhe moi !“ Mein Gott! „Sascha, ich werde den Doktor rufen müssen.“
    „ Njet !“
    „Du verstehst nicht! Ich kann keinen Doktor aufsuchen, ich kann nicht!“ Er versuchte aufzustehen. „Es ist für mich zu gefährlich.“
    „Hör auf! Sitz einfach still. Lass mich dir zumindest deinen Mantel ausziehen und dich saubermachen. Dann werden wir wissen, wie schlimm es ist.“
    Indem er über seine Schulter mit seiner guten Hand griff, umfasste er meine rechte und sagte: „Es tut mir leid, Maria. So sehr leid.“
    Für heute Nacht herzukommen? Tat es ihm deswegen leid … oder dass er mich benutzte und mich anlog, als wir den Fluss Tura an jenem schönen Sommertag hinauffuhren und er dann die Möchtegern-Attentäterin meines Vaters direkt zu ihm führte?
    Alles, was ich schaffen konnte war ein pathetisches „Wofür?“
    „Da ist so viel, was ich erklären muss. Es ist einfach so … so kompliziert. Ich wollte an dem Tag, nachdem dein Vater angegriffen wurde, zu eurem Haus kommen … aber ich konnte nicht. Ich wagte es nicht.“
    „Warum?“, schnauzte ich. „Weil du Angst hattest, dass du verhaftet werden würdest?“
    „Was meinst du?“
    „Es ist offensichtlich, dass du ein Teil der Verschwörung warst, ihn zu töten.“
    „Was? Du denkst nicht, dass ich etwas damit zu tun hatte, nicht wahr?“
    „Natürlich denke ich es. Ich sagte dir, wann und wo mein Vater sein würde, und dann führtest du diese Verrückte direkt zu ihm. Ich fragte später herum und jemand sagte, dass ihr beide sogar in derselben Pension wohntet. Und -“
    „Nein, Maria, du verstehst nicht!“
    „Nein, tue ich nicht.“ Ich zuckte zusammen, als ob ich selbst niedergestochen worden wäre. „Aber du kannst anfangen, indem du mir erzählst, warum du heute Nacht hierhergekommen bist. Wie hast du mich gefunden?“
    „Jeder in Petrograd weiß, wo die Rasputins wohnen. Es ist kein Geheimnis.“
    „Sage mir ehrlich - hast du vor, uns zu schaden?“
    „Lieber Gott, nein!“ Er zögerte, dann fügte er hinzu: „Maria, vertraue mir, bitte vertraue mir, wenn ich sage, ich habe nie aufgehört, an dich zu denken.“
    Nichts hätte mich mehr überraschen können. Ich weigerte mich jedoch, meine eigene Wunde und den Schmerz, der sogar jetzt brannte, zu zeigen. Stattdessen drehte ich mich weg.
    „Wir werden später reden, Sascha“, sagte ich streng. „Zuerst müssen wir uns um deinen Arm kümmern.“
    Ich zog seinen Mantel von seiner linken Schulter, schob ihn seinen Arm hinunter und zog ihn brüsk an der Wunde vorbei und über seine Hand. Es tat ihm weh, ich weiß - er zuckte schrecklich zusammen - aber es kümmerte mich nicht. Was wusste er über Verwirrung und Schmerz? Was kümmerte er sich um das Leiden der anderen?
    Obwohl ich über die Blutmenge erstaunt war, war die Wunde selbst nicht so schrecklich, eine tiefer Einschnitt durch sein Hemd und seinen Unterarm hinauf. Bei dem noch bereitwillig fließenden Blut war es jedoch kein Wunder, dass Sascha schwach war. Was war passiert und wer hatte das getan? War er ein Deserteur; hatte ihn die Militärpolizei gejagt? Mir war geronnenes Blut nicht fremd, da ich Mama geholfen hatte, zahllose Fohlen und Kälber zur

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