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Rasputins Tochter

Rasputins Tochter

Titel: Rasputins Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Alexander
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dass es nicht mit Freude war. Natürlich verstand Dunja, dass Papas körperlicher Schmerz so groß wie seine geistige Qual war, aber ich wusste, dass es sie fürchterlich schmerzte, Papa bis zu zwölf Flaschen Madeira in einer Nacht trinken zu sehen, wie er es oft allein im letzten Monat getan hatte. Wie, dachte ich zum ersten Mal, konnte mein Vater so viel konsumieren und doch stehen? In der Tat, wie konnte er behaupten, so gesegnet zu sein und so viele Gaben zu haben und doch seinen derben Fehlern gegenüber blind zu sein, die sogar ich jetzt so deutlich sehen konnte?
    Papa griff nach einem weiteren Stück Brot und tat Salzhering, ein ganzes gefülltes Ei und einen Zwiebelring darauf, was er alles wie ein wildes Tier verschlang. Als nächstes, noch mit seiner bloßen Hand, griff er in die Schüssel mit den Fischköpfen in Aspik, zog einen ganzen Dorschkopf heraus und verschluckte ihn.
    „Unlängst beleidigte ich eine Frau sehr, weil ich mit meinen Händen aß und keine Serviette benutzte. Sie keuchte sogar laut auf, als ich mir den Mund mit meinem Brot so abwischte.“ Papa kicherte, als er die borstigen Enden seines Brotes hochzog und seinem Mund säuberte. „Sagt mir, Mädchen, stört es eine von euch?“
    Warja, die eine Salzgurke in saure Sahne getunkt aß, grinste und schüttelte den Kopf.
    Ich andererseits platzte heraus: „Natürlich tut es das. Es ist fürchterlich und … und peinlich. Warum hast du nicht jemals gelernt, wie man wie eine normale zivilisierte Person isst?“
    „Maria!“, keuchte Dunja entsetzt. „Du darfst mit deinem Vater nicht so sprechen!“
    Papa lachte nur. Nach höfischen Maßstäben, ganz zu schweigen der Etikette der guten Gesellschaft, waren seine Manieren abscheulich, nicht besser als die eines Hundes. Er wusste es, frohlockte darin und stellte es zur Schau, besonders in der Gegenwart des adeligen Volkes von Petrograd. Unzählige Male hatte ich ihm zugesehen, wie er seine dreckigen Hände auf den seinen Seidenkleidern, Pelzmänteln oder Krawatten seiner Gäste abgewischt hatte. Unzählige Male hatte ich zugesehen, wie er einer Fürstin befahl, seine dreckigen Finger sauber zu lecken. Nach einer Weile verstanden seine Anhänger und baten sogar um solche Behandlung. Ja, sie flehten Papa an, mit ihnen so grobe Dinge zu tun. Wie die Fußwaschung Christi war alles über Demut, Unterwerfung und Kasteiung des Fleisches.
    „Nein, nein, es ist ganz in Ordnung“, beharrte Papa. „Meine kleine Marotschka spricht die Wahrheit ihres Herzens, wie sie muss. Wie jeder Rasputin es muss. Und wie es tatsächlich jede Person muss. Und es ist wahr: Ich lernte nie, wie man mit den Waffen des Hofes isst, diesen Gabeln und Messern!“
    Dies war tatsächlich, warum Papa immer vom Palast des Zaren ausgehungert zurückkam. Nach zakuski konnte er nie etwas außer Suppe schaffen. Den ganzen Rest konnte er kaum wortwörtlich aufspießen.
    „Aber weißt du, warum ich es nie gelernt habe, Marotschka, meine Süße? Weißt du, warum es wichtig ist, mit den Händen zu essen?“
    Natürlich wusste ich es. Er hatte es uns nicht ein- oder zweimal gesagt, sondern Millionen Male. Und doch sagte ich nichts.
    Schließlich platzte meine kleine Schwester heraus. „Ich weiß es! Weil Christos und die Apostel es taten.“
    „Absolut korrekt, Waritschka. Es ist eine Vorschrift der Apostel, die Hände zu benutzen, und darum schneide ich nie Brot, sondern breche es, genau wie sie es taten. Und darum esse ich auch Fisch und niemals Fleisch.“
    „Ich habe dich nie ein einziges Stück Fleisch essen sehen, Papa. Niemals“, sagte Warja.
    „Das ist richtig - niemals! Fleisch schwärzt die Seele, wohingegen Fisch Klarheit und Licht bringt. Ich lernte dies, als ich ein Junge war - sogar vor meiner Vision der Jungfrau von Kazan. Es begann in einer Sommernacht, als sich eines der besten Pferde meines Großvaters verletzte und nichts als humpeln konnte, daher ergriff ich das schlimme Bein. Ich klammerte mich an das Bein, aber mein Großvater sagte mir ständig, dass es hoffnungslos sei, es gebe nichts zu tun, und er ging, um ein Gewehr zu holen und das arme Ding zu erschießen.“
    „Nein!“, keuchte Warja.
    „O ja. Aber ich ergriff das schlimme Bein und hielt es in meinen starken jungen Händen. Und wisst ihr, was ich tat, Mädchen? Ich warf meinen Kopf zurück und schloss meine Augen und ich betete mit all meinem Sein! Ich betete zu Christos um Heilung, um Mitgefühl, um Segen. Und ich nahm den Schmerz von dem

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