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Rasputins Tochter

Rasputins Tochter

Titel: Rasputins Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Alexander
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„Ich werde sie immer mit knusprigen Zwiebeln und Pilzen servieren, genau wie du sie magst, Papa.“
    „Ja, gut! Sehr gut!“ Papa erblickte Dunja, die zwei große breite Suppenschüsseln trug. „Und vergesst nicht, dass jede Mahlzeit Suppe haben muss! Ohne Suppe werden sowohl eure Familie als auch eure Gäste sowohl arm im Geist als auch an Gesundheit sein!“
    „Ja, Vater Grigori, Suppe ernährt die Seele, nicht wahr?“, sagte Dunja und stellte stolz eine dampfende Schüssel vor ihn hin.
    „Absolut. Und es gibt nichts Besseres für die Seele als Fischsuppe! Fischsuppe die ganze Zeit!“
    „Fischsuppe!“, jubelte Warja.
    Was sie genau war: Dorschsuppe. Papa liebte Dorsch über alle anderen Fische, und wir aßen ihn einmal, wenn nicht zweimal jeden einzelnen Tag, entweder in Aspik als eine zakuska , gekocht als eine Suppe oder gebraten als ein Hauptgericht. Manchmal machte Dunja Dorschsuppe bloß aus den Säften, die von den Fischköpfen in Aspik übrig waren, wobei sie Sahne und ein bisschen gehackte Ingwerwurzel hinzugab - Papa behauptete, dies sei seine magische Suppe, die eine, die ein starkes, langes Leben garantieren würde - aber heute Nacht trieben ganze Dorschstücke in der dicken cremigen Mischung.
    Als Dunja die anderen Schüsseln hinausbrachte, Papa war in seiner Schüssel und schlürfte und schluckte ganze Fischstücke hinunter. Er packte den großen Löffel wie der Bauer, der er war, in seine Faust. Ich erinnerte mich an das erste Mal, als Papa mich in den Palast mitgenommen hatte, wie der Zar und seine Familie gegenüber von Papa und mir gesessen hatten, wie die sich gut benehmenden kaiserlichen Kinder Papa angestarrt hatten, als er barbarisch eine Schüssel Dorfsuppe hinunterschlang, zum Bersten voll mit Weißfisch und Lachs, Krabben und Gewürzgurken. Ich bin sicher, ihre Mutter, die Kaiserin, hätte sie in einen fernen Flügel des Palastes verbannt, so zu essen, aber die vier Mädchen und der Erbe beobachteten Papa nicht angewidert. Nein, er war für sie Vater Grigori, der Mystische des Volkes, ein Mann aus Sibirien und natürlich ein Mann Gottes, und sie waren so fasziniert und gebannt von ihm, wie ich es von ihrem Vater, Gottes eigenem Gesalbten, dem Zaren Nikolai II. war. Noch wichtiger, die königlichen Kinder sahen niemals, geschweige denn redeten mit jemandem, außer den Höflingen, daher war mein Vater mit seinem lauten Lachen, herzlichen Küssen und endlosen Geschichten von sibirischen Tigern und Bären etwas Unglaubliches für sie. Er war sowohl unwirklich als auch wirklicher als sonst jemand, den sie zuvor gesehen oder in ihrem behüteten Leben erfahren hatten.
    Als ich mich meine Schwester anblickte, bemerkte ich, dass sie den Löffel genauso hielt, wie uns beigebracht worden war, und ihre Suppe höflich aß - nicht mit großem Schlürfen und in großen Schlucken, sondern langsam, ruhig, ordentlich. Ja, wir waren gut in unserer Schule für Töchter aus guten Familien unterrichtet worden. Wie eigenartig, dachte ich zum ersten Mal. Während Papa immer wild an seinen sibirischen Manieren und Traditionen festgehalten hatte, hatte er organisiert, dass sie von uns beiden, seinen zärtlich geliebten Töchtern, langsam abgewaschen wurden.
    Papa goss den letzten Rest vom Madeira in sein Glas, machte einen großen Schluck und sagte: „Ich esse Fisch nicht als Teil einer Diät, um meinen Glauben zu beweisen. Nein, meine süßen Kinder, meine Gedanken sind aufrichtiger als das. Fisch ist Teil eines Weges, ein Weg von den Aposteln erleuchtet, die uns zeigten, dass durch das Essen von Fisch ihre Körper nie getrübt wurden. Leute, die Fleisch essen, haben dunkle Körper, versteht ihr, aber die Apostel nicht, überhaupt nicht. Stattdessen fanden sie Licht, sie fanden den göttlichen Weg.
    „Wie fanden sie den?“, fragte Warja.
    „Wie? Ich werde dir erzählen, wie! Die Apostel aßen so viel Fisch, morgens, mittags und abends, dass Licht begann, aus ihren Körpern zu kommen. Lichtstrahlen. Zuerst konnte sie niemand sehen, aber dann begann es zu wachsen, bis das süße Licht um ihre Köpfe glühte. Ja, sie hatten Heiligenscheine direkt über ihren eigenen Häuptern. Und dieses Licht, das vom Fisch kam, zeigte ihnen den Weg, den göttlichen Weg.“
    Niemals vor heute Abend hatte ich meinen Vater infrage gestellt. Niemals vor diesem Abend hatte ich ihn angezweifelt. Aber als ich diesen Mann mit dem scheußlichen Haar auf seinem Kopf und dem Dickicht auf seinen Wangen, diesen groben Mann mit

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