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Raststätte Mile 81

Raststätte Mile 81

Titel: Raststätte Mile 81 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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verriegelte ihn, weil sie nicht wollte, dass DeeDee hineintrat und sich vielleicht verletzte. Dann schloss sie die Türflügel wieder. DeeDee steckte wieder den Kopf heraus. Obwohl Julie eigentlich nicht glaubte, ein Pferd könnte besorgt aussehen, tat DeeDee irgendwie genau das.
    »Dauert nicht lange«, sagte sie. Dann stellte sie die Warnkegel hinter den Anhänger und machte sich auf den Weg zu den beiden Wagen.
    Der Prius war leer, aber nicht abgesperrt. Was Julie nicht besonders gefiel, weil auf dem Rücksitz ein Koffer und eine ziemlich teuer aussehende Aktentasche lagen. Die Fahrertür des alten Kombis stand offen. Julie wollte gerade darauf zugehen, blieb dann aber stirnrunzelnd stehen. Auf dem Asphalt unter der offenen Tür lagen ein Handy und etwas, was fast nichts anderes als ein Ehering sein konnte. Über das Handygehäuse zog sich ein großer gezackter Sprung, als wäre das Gerät zu Boden gefallen. Und auf dem kleinen Display, auf dem sonst immer die Rufnummern erschienen … War das ein Tropfen Blut?
    Vermutlich nicht, vermutlich war es nur Schlamm – der Kombi war über und über damit bedeckt –, aber Julie gefiel das alles immer weniger. Vor dem Einladen war sie mit DeeDee einen leichten, kurzen Galopp geritten und sie hatte ihren zweckmäßigen geteilten Reitrock gleich für die Heimfahrt anbehalten. Jetzt holte sie ihr eigenes Handy aus der rechten Rocktasche und überlegte, ob sie die Notrufnummer eintippen sollte.
    Nein, entschied sie, noch nicht. Aber wenn der über und über mit Schlamm bedeckte Kombi so leer war wie der kleine grüne Wagen oder dieser daumennagelgroße Fleck auf dem fallen gelassenen Handy sich wirklich als Blut erwies, würde sie es tun. Und genau hier warten, bis ein Streifenwagen der State Police kam, statt zu dem leer stehenden Gebäude weiterzugehen. Sie war mutig, und sie war gutherzig, aber sie war nicht blöd.
    Sie bückte sich, um den Ring und das verwaiste Handy genauer zu betrachten. Ihr leicht ausgestellter Reitrock streifte die schlammige Flanke des Kombis und schien damit zu verschmelzen. Julie wurde gewaltsam nach rechts gerissen. Eine massige Gesäßbacke knallte an die Seite des Kombis. Die Oberfläche gab nach, dann verschlang sie zwei Lagen Stoff und das Fleisch darunter. Der Schmerz kam sofort und war gewaltig. Julie kreischte, ließ ihr Handy fallen und versuchte sich wegzustemmen, fast als wäre der Wagen eine ihrer alten Gegnerinnen bei einem Schlammringkampf. Ihre rechte Hand und der Unterarm verschwanden durch die nachgiebige Membran, die wie eine Fensterscheibe aussah. Was auf der anderen Seite erschien, durch den Schlammschleier nur undeutlich sichtbar, war nicht etwa der muskulöse Arm einer großen und gesunden Reiterin, sondern ein dürrer Knochen, von dem das Fleisch in Fetzen herabhing.
    Der Kombi kräuselte sich nach innen.
    In Richtung Süden fuhr ein Wagen vorbei, dann noch einer. Wegen des Pferdeanhängers sah keiner der Fahrer die Frau, die jetzt zur Hälfte in dem deformierten Kombi steckte wie Pu der Bär im Hasenloch. Auch hörten sie ihre Schreie nicht. Der eine Fahrer hörte Toby Keith, der andere Led Zeppelin. Beide hatten ihre jeweilige Lieblingsmusik laut aufgedreht. Pete Simmons im Restaurant hörte sie, aber nur aus weiter Ferne, wie ein verhallendes Echo. Seine Lider flatterten. Dann endeten die Schreie.
    Pete wälzte sich auf der schmutzigen Matratze auf die andere Seite und schlief weiter.
    Das Ding, das wie ein Auto aussah, fraß Julianne Vernon samt Kleidung und Stiefeln. Als Einziges verschmähte es ihr Mobiltelefon, das jetzt neben dem von Doug Clayton lag. Dann sprang es mit einem Tock!, als träfe ein Schläger einen Tennisball, in seine Kombigestalt zurück.
    In dem Pferdeanhänger wieherte DeeDee und stampfte ungeduldig mit einem Huf auf. Sie war hungrig.

4. Die Familie Lussier (Expedition, Bj. 2011)
    4. DIE FAMILIE LUSSIER
    (Expedition, B j . 2011)
    »Guck mal, Mami!«, rief die sechs Jahre alte Rachel Lussier. »Guck mal, Daddy! Da ist die Pferdelady! Da, schaut, ihr Anhänger!«
    Carla war nicht überrascht, dass Rache, obwohl sie hinten saß, den Anhänger als Erste entdeckte. Rache hatte die besten Augen der Familie; kein anderer kam auch nur annähernd an sie heran. Röntgenblick, sagte ihr Mann manchmal. Das war einer dieser Scherze, die nicht so richtig witzig waren.
    Johnny, Carla und der vierjährige Blake trugen alle eine Brille; auf beiden Seiten ihrer Familie hatte jeder eine Brille; selbst Bingo, der

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