Ratgeber Parkinson
mehrmals täglich in Phasen nahezu absoluter Bewegungsunfähigkeit („off“), gefolgt von einigen Stunden guter Beweglichkeit („on“). Die Symptomfluktuationen sind darauf zurückzuführen, dass die regelmäßig über den Tag eingenommenen (Dopamin-)Präparate nicht mehr eine gleichmäßige Verfügbarkeit dieser Substanz leisten können.
Der allgemeine Schweregrad der Symptome wird in der Neurologie zumeist in fünf Schweregradstadien eingeteilt:
Einseitige Symptomatik, kaum Alltagsbeeinträchtigungen.
Beidseitige Betroffenheit, jedoch keine Haltungsinstabilität.
Starke Beeinträchtigung, mit Unsicherheiten aber noch steh- oder gehfähig.
Voll entwickelte Symptomatik, mit großen Schwierigkeiten geh- und stehfähig.
Sehr starke Beeinträchtigung: Rollstuhlnutzung oder Bettlägerigkeit.
Vom psychologischen Gesichtspunkt aus verläuft die Parkinson-Erkrankung in fünf zeitlichen Phasen :
Fünf Phasen der Krankheitsentwicklung
Vorphase und Ungewissheit. Viele Patienten nehmen zunächst eine Reihe unspezifischer Krankheitszeichen wahr und es vergehen bis zur Stellung der korrekten Diagnose durchschnittlich zwei Jahre.
Schockreaktion. Danach kommt es nicht selten zu einer psychischen Abwehrhaltung im Sinne des „Nicht-Wahrhaben-Wollens“, mit der intuitiv versucht wird, die emotionale Belastung der Diagnosemitteilung zu begrenzen. Nicht selten treten auch Wut- und Verzweiflungsreaktionen auf.
„Drug honeymoon“. Mit diesem medizinischem Jargon-Ausdruck (etwa: „Medikamenten-Flitterwochen“) wird der Umstand der initial meistens sehr guten Medikamentenwirksamkeit und das daraus resultierende körperliche und psychische Wohlbefinden bezeichnet.
Enttäuschungsphase. Da die gute Medikamentenwirksamkeit nach einigen Jahren (ca. 8 bis 12 Jahren) allmählich zurückgeht, stellen sich in der einen oder anderen Art und Weise die oben genannten Spätsymptome ein. Auch treten jetzt vermehrt vegetative Symptome auf.
Späte Progredienzphase. In dieser späten Phase der Erkrankung werden die Betroffenen mit den unausweichlichen Spätfolgen konfrontiert.
Ganz entscheidend ist bei dieser, viele Betroffene vermutlich eher ängstigenden Aufzählung von Symptomen und Verlaufsdaten jedoch, dass der internationalen Forschungsliteratur übereinstimmend zu entnehmen ist:
Es gibt keinen klaren Zusammenhang zwischen der motorischen Beeinträchtigung und dem psychischen Wohlbefinden!
Dieses bedeutet, dass körperlich sehr stark beeinträchtigte Patienten ein für Außenstehende manchmal erstaunliches Maß an Zufriedenheit und sozialer Aktivität aufweisen, während andere, ungleich weniger Beeinträchtigte, in Rückzug und Depressivität verharren!
In der Wissenschaft unterscheidet man nach der Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation deshalb den „ Krankheitsprozess “ („pathology), von der daraus resultierenden „ Schädigung “ („impairment“) sowie der „ Behinderung “ („disability“) und dem „ psychosozialen Funktionsverlust “ („handicap“, vgl. Abbildung 1 ). Dabei steht die „pathology“ für den Prozess der Parkinson-Krankheit, also die Mechanismen, die zu dem allmählich fortschreitenden Verlust unter anderem der dopaminergen Nervenbahnen führen. Als „impairment“ wird der daraus resultierende Zustand bezeichnet, also die Schädigung einiger Gehirnregionen. Diese wiederum führt zu einer Reihe von körperlichen oder psychischen Behinderungen („disability“), welche zwar einige Alltagsfunktionen beeinträchtigen, aber nicht zwangsläufig zum Verlust der sozialen Rollen, also zum „psychosozialen Funktionsverlust“ („handicap“) führen müssen.
An der Grenze von „disability“ und „handicap“ zeigt sich, wie gut ein Betroffener mit der Erkrankung umgehen kann: Ist es ihm gelungen, trotz deutlicher motorischer Funktionsbeeinträchtigungen noch zahlreiche soziale Rollen aufrechtzuerhalten, oder konnte er sogar neue, an die Erkrankung angepasste und befriedigende Aufgaben übernehmen? Zu diesem Aspekt werden in den späteren Abschnitten dieses Ratgebers wichtige Hinweise gegeben werden.
Abbildung 1: Die Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
1.4 Wie häufig ist die Parkinson-Krankheit?
Die Parkinson-Krankheit ist vergleichsweise häufig (vgl. Kasten). Auch wenn die Erkrankung in selteneren Fällen schon in den Zwanzigern, bei ganz wenigen Menschen sogar schon vor dem 21. Lebensjahr, auftreten kann, manifestiert sie sich meistens im mittleren und
Weitere Kostenlose Bücher