Ratgeber & Regenten 01 - Die Bluthündin
hat, oder?« konterte Tzigone.
Diese Logik brachte den Schreiber einige Augenblicke lang zum. Schweigen. »Ihr seht nicht vertraut aus«, sagte er und betrachtete sie eindringlich. »Ich führe die Haushaltsbücher. Ihr seid nicht aus diesem Haus.«
»Nein«, gab Tzigone zu. »Ich bin ein Freund Matteos, er hat mich sozusagen hierher eingeladen.«
»Wie unerfreulich für ihn«, kam eine volltönende Altstimme aus Richtung Tür.
Der Schreiber wirbelte herum und sah die Ratgeberin des Königs. »Herrin Cassia! Es ist eine höchst unerwartete Ehre, Euch hier zu sehen!«
Etwas im Tonfall des Schreibers ließ Tzigone erahnen, daß die Jordain nicht nur unerwartet, sondern auch unerwünscht war. Offenbar war Tzigone nicht die einzige, die sich Beatrix’ Abwesenheit zu Nutze machte.
Aber Cassia ließ sich nichts anmerken. »Es wurde ein Eindringling in den Fluren gemeldet. Ich bin selbst gekommen, um zu sehen, wie nachlässig die Diener der Königin die Angelegenheiten ihrer Herrin behandeln.« Cassia sah Tzigone an. »Um ehrlich zu sein, ich bin nicht beeindruckt.«
Der Schreiber wurde blaß. »Ich war soeben im Begriff, die Wache zu rufen und den Jungen fortbringen zu lassen.«
»Gute Idee«, sagte Cassia. »Laß dich nicht aufhalten. Wenn es dich nicht stört, werde ich warten, bis die Wache eintrifft.«
Er eilte in den Nebenraum, und im nächsten Augenblick ertönte ein helles Glockenspiel. Tzigone hörte das Getrappel näherkommender Schritte und zwang sich, nicht in Panik zu geraten. Ihr Instinkt riet ihr loszurennen, doch sie konnte nirgendwo hin. Der Raum hatte keine Fenster, es gab nur eine Tür, und die wurde von der erdrückenden Gestalt der Ratgeberin des Königs ausgefüllt.
Tzigone wagte nicht, sich mit ihr anzulegen. Sie war schnell und konnte einen guten Haken landen, wenn es darauf ankam, aber Cassia war eine geübte, bewaffnete Kämpferin.
Die Frau sah sich um, als die ersten zwei Wachen herbeieilten. »Bringt diesen Jungen in den Turm und holt dann Matteo.«
Die beiden Wachen tauschten unbehagliche Blicke aus. »Aber Matteo kümmert sich um die Königin. Wir können ihn nicht von ihr fortholen, Herrin, nicht einmal auf Euer Geheiß.«
»Ihr könnt, wenn ihre Sicherheit durch seine Anwesenheit in Gefahr gebracht wird«, gab Cassia kühl zurück. »Ich habe Grund, an Matteos Aufrichtigkeit und seiner Treue zu seinem Orden zu zweifeln. Diese Diebin trägt die Kleidung eines Jordain und Matteos Anhänger. Sich als Jordain auszugeben ist ein schweres Vergehen – ein tödliches, wenn sich herausstellt, daß sie magisch veranlagt ist. Jeder Mann, der sich mit solchem Straßengesindel abgibt, ist verdächtig, aber wie es aussieht, hat Matteo die Diebin sogar in den Palast gebracht. Vielleicht irre ich mich, ich hoffe es sogar. Doch eine Bluthündin wird beide untersuchen und in der Sache entscheiden. Veranlaßt das!«
Die Wachen nahmen Tzigone in die Mitte und zerrten sie vom Stuhl. Ihr erster Gedanke war, sie mit einem Feuerball zu blenden und dann wie eine Ratte wegzulaufen. Doch der Einsatz von Magie würde ihren Tod bedeuten, wenn man sie faßte. Sie ließ sich widerstandslos abführen, während sich ihre Gedanken überschlugen, da sie versuchte, einen Ausweg aus dieser Bescherung zu finden.
Zwei Stunden waren vergangen, als die Zellentür geöffnet wurde und Matteo eintrat. Sein Blick erfaßte ihre Aufmachung und nahm dann einen resignierten Ausdruck an.
»Mein Medaillon, nehme ich an?«
Sie zog es über den Kopf und gab es ihm. »Du kannst es haben. Es hat mir nur Schwierigkeiten gemacht.«
Matteo seufzte und legte es um. »Was hast du angestellt, Tzigone?«
»Oh, das gefällt mir ja«, gab sie zurück. »Was habe ich nicht alles für dich getan! Und das ist der Dank?«
»Die Geschichte«, sagte er nur. »Und ohne Ausschmückungen.«
Sie holte tief Luft. »Ich bin heimlich Mitglied des Jordaini-Rats. In der Verkleidung einer gerissenen Stadtstreicherin beschütze ich die Rechte eines jeden Jordain, der das Ziel von Verrat oder Eifersucht geworden ist. Derzeit folge ich dir, um sicherzustellen, daß Frando nicht versucht, dich in Unannehmlichkeiten zu stürzen.«
Matteo verschränkte die Arme. »So, so.«
»Und das ist gut so! Ist dir klar, daß genau in diesem Augenblick ein Paar heiratsfähiger amnischer Zwillinge in dein Schlafzimmer geschmuggelt wird und daß die beiden die Kleidung der Königin tragen, dazu Perücke und Schminke, damit beide aussehen wie Beatrix? Frando will dir
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